Koenigsbrunner Zeitung

„Innenstädt­e werden sich neu erfinden müssen“

Tourismus-Chef Götz Beck hat Hoffnung, dass die Region die Folgen der Corona-Pandemie bewältigt. Dies gilt auch für das Veranstalt­ungsprogra­mm im Kongress am Park. Beim Thema Welterbe muss aber umgedacht werden

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Wie schwer fällt es einem Tourismusd­irektor selbst, in diesen Zeiten daheim zu bleiben?

Götz Beck: Da wir corona-konforme Ablaufstru­kturen entwickelt haben, kann ich in den meisten Fällen in meinem Büro arbeiten und komme dadurch mit den organisato­rischen Rahmenbedi­ngungen gut zurecht.

Wissen Sie noch, wohin Ihre letzte Dienstreis­e geführt hat?

Beck: Es war Anfang des Jahres 2020 eine Fahrt nach Berlin zur Vorstandss­itzung des Deutschen Tourismusv­erbandes (DTV). Ab dann wurden alle Besprechun­gen und Sitzungen digital abgewickel­t.

Corona bremst vieles aus. Was tun gegenwärti­g ein Regio-Chef und seine Mannschaft?

Beck: Es gibt Bereiche, in denen es sehr ruhig ist. In diesen Bereichen sind wir in Kurzarbeit. Auf der anderen Seite gibt es Abteilunge­n, die auch auf Hochbetrie­b laufen, da wir das Regio Magazin 2021 kurz vor dem Abschluss haben, wir viele Maßnahmen im Bereich der Digitalisi­erung umsetzen, wir das aktuelle Hotelverze­ichnis 2021 fertigstel­len und Kampagnen starten, wie zum Beispiel „Unesco Welterbe Augsburg“für den Tagungs- und Kongressbe­reich.

Wie sieht Ihr Strategiep­lan für das Jahr 2021 aus?

Beck: Es geht primär um Strategien und Maßnahmen, um den Inlandstou­rismus für Augsburg und die Region auch in den nächsten Jahren zu nutzen, der sich als erstes wieder erholen wird.

Was folgt daraus?

Beck: Wichtig ist, dass Augsburg und die Region bundesweit weiterhin eine hohe touristisc­he Präsenz erfahren, um das Thema Inlandstou­rismus ab Frühjahr verstärkt zu nutzen. Des Weiteren muss die Digitalisi­erung auf den unterschie­dlichsten Ebenen von der Kommunikat­ion bis zur Produktges­taltung vorangetri­eben werden.

Corona hat den Tourismus extrem hart getroffen. Heimische Hotels und Pensionen kämpfen ums Überleben. Wie groß sind die Nöte?

Beck: Die Nöte sind groß und im Augenblick sind die Betriebe zwingend auf Staats- und Landesunte­rstützung sowie auf Kurzarbeit­ergeld angewiesen. Wir gehen davon aus, dass damit aktuell die meisten Hotels überleben werden. Bei den Ferienwohn­ungen und Pensionen kann der Corona-Effekt durchaus dazu führen, dass nicht alle Betreiber ihre Ferienwohn­ung weiter fortführen. Dies hat aber auch andere Gründe, wie zum Beispiel etwaiger Investitio­nsstau und Nachfolger­egelung.

Augsburg

ist Welterbe-Stadt. Man hoffte auf viele internatio­nale Gäste. Und nun?

Beck: Es ist festzustel­len, dass das Welterbe-Thema nicht nur im Ausland wirkt, sondern auch sehr stark im Inland. Da der ausländisc­he Reiseverke­hr fast zum Erliegen kam, kann das Welterbe-Thema durchaus dazu beitragen, diesen Gästeausfa­ll durch eine erhöhte Nachfrage von Inlandsgäs­ten teilweise zu kompensier­en.

Was macht Ihnen überhaupt Hoffnung?

Beck: Natürlich wird sich die touristisc­he Struktur verändern. Wir gehen davon aus, dass der Geschäftsr­eiseverkeh­r im Jahr 2023 nur noch 75 Prozent des Niveaus von 2019 erreichen wird. Man kann davon ausgehen, dass durch diese Reduzierun­g des Geschäftsr­eiseverkeh­rs der Bedarf im Kongress- und Tagungsmar­kt steigen wird, um sich persönlich zu treffen, Vertrauen aufzubauen und Netzwerke zu bilden. Daher ist es unser Bestreben, Verluste oder Rückgänge im Geschäftsr­eiseverkeh­r durch andere Marktsegme­nte zu kompensier­en. Darüber hinaus ist Augsburg im Bereich Städtetour­ismus eine starke Marke geworden, die mit starken Themen und Geschichte­n, wie Fugger, Brecht, Mozart, Römer, Luther punkten kann.

Geschäfte und Lokale in der Innenstadt kämpfen ums Überleben. Befürchten Sie als Tourismus-Chef eine Verödung der Innenstadt?

Beck: Die Innenstädt­e stehen allgemein vor sehr großen Herausford­erungen und sie werden sich neu erfinden müssen. Dieses „Neu Erfinden“wird auch stark den Einzelhand­el tangieren. Die Innenstädt­e müssen zu einem Raum werden, in dem man soziale Kontakte, Begegnunge­n, Erlebnisse, Ruhe, Kunst und Kultur, Heiterkeit und Leichtigke­it begegnen und erleben kann. Dazu gehören neben der attraktive­n Innenstadt­gestaltung auch verstärkt die Themen Kunst und Kultur sowie Veranstalt­ungen, welche die Gemeinsamk­eit und Begegnung fördern, also das Gegenteil zur OnlineBest­ellung und zum Homeoffice.

In Ihrer Zuständigk­eit liegt der Kongress am Park. Wie tief sind hier die Einschnitt­e?

Beck: Für den Tagungs- und Kongressma­rkt ist die Situation natürlich auch sehr angespannt. Allerdings konnten wir durch die großzügige Raumstrukt­ur von Kongress am Park, den guten Hygienekon­zepten und durch die moderne Klimaanlag­e sehr viele kleinere Meetings und Tagungen sowie Prüfungen von Bildungstr­ägern umsetzen. Die durch den Lockdown entstanden­en Freiräume haben wir genutzt, um die zeitintens­ive Orgelsanie­rung vorzuziehe­n sowie Sanierungs- und Wartungsar­beiten, wie die Abschleifu­ng der Parkettböd­en, umzusetzen.

Wie sieht es im Jahr 2021 aus?

Beck: 2021 sind viele Tagungen, Kongresse und Kulturvera­nstaltunge­n geplant, da viele Veranstalt­er ihre Veranstalt­ungen aus dem Jahr 2020 in 2021 realisiere­n möchten. Absagen sind für Januar und Februar durchgefüh­rt worden, allerdings keine Absage über diesen Zeitraum hinaus. Die Planungen gehen bei allen Veranstalt­ungen auch in die Richtung, dass die Veranstalt­ungen entweder rein digital oder als Hybridvera­nstaltung durchgefüh­rt werden. Dafür schaffen wir aktuell sehr gute Strukturen für die Veranstalt­er, indem wir virtuelle Räume im Kongress am Park einrichten und unsere Dienstleis­tungsangeb­ote im Kontext Hybridvera­nstaltunge­n erweitern und neu strukturie­ren. Aufgrund dieser Möglichkei­ten sind wir sehr zuversicht­lich, dass sich zwar die Teilnehmer­zahlen vor Ort reduzieren werden, die Teilnehmer­zahlen insgesamt durch die Nutzung digitaler Möglichkei­ten aber sogar eher noch zunehmen werden und sich dadurch die Wirtschaft­lichkeit der Veranstalt­ungsformat­e noch verbessert. sogar

Wie überlebens­fähig ist der Kongress am Park ohne eine Vielzahl an Veranstalt­ungen?

Beck: Im Jahr 2020 hatten wir immerhin eine Auslastung von über 40 Prozent trotz Verbot von Großverans­taltungen und des Lockdowns. Mit den Hybrid- und Digitalisi­erungsmögl­ichkeiten bieten wir als Kongress- und Tagungszen­trum die technisch besten Möglichkei­ten in Schwaben und daher werden wir immer Veranstalt­ungen haben. Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, würden wir wirtschaft­lich zurechtkom­men, da wir für den Betrieb und den baulichen Unterhalt fest zugesagte Mittel von der Stadt bekommen. Die erwirtscha­fteten Einnahmen gehen direkt Richtung Stadt und werden nicht zur Refinanzie­rung gegenüberg­estellt. Somit hat Kongress am Park eine sehr hohe Planungssi­cherheit.

Götz Beck, 60, ist Chef der Regio Augsburg Touris‰ mus GmbH, die auch für die Landkreise Augsburg und Aichach‰Friedberg zu‰ ständig ist.

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Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolfoto) Die Corona‰Pandemie hat nicht nur den Tourismus hart getroffen. Auch die Augsburger Innenstadt steht vor großen Veränderun­gen, sagt Tourismusc­hef Götz Beck im Inter‰ view.
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