„Ich fühle mich bereit für die Bühne“
Vor vier Jahren begann Lukas Mayer an der renommierten Folkwang-Schule in Essen zu studieren. Nun plant der angehenden Musical-Darsteller den nächsten Schritt in diesen Beruf. Trotz Corona wird ihm nicht bange
Er ist gesund, die Familie ebenso, und auch im engeren Freundeskreis hat es noch niemanden erwischt. Deshalb sagt Lukas Mayer am Telefon mit vollem Herzen „Ja, es geht mir gut“auf die erste Frage „Wie geht’s“, die früher mehr eine Floskel war und mittlerweile eine andere Bedeutung bekommen hat.
Dabei könnte es für Lukas Mayer eigentlich keinen ungünstigeren Zeitpunkt geben, sein Musical-Studium an der Folkwang Universität in Essen abzuschließen. Im Februar endet die Ausbildung mit der Gesangsprüfung, die Prüfung im Fach Schauspiel sowie das große Abschlussstück, das mit der BachelorArbeit in anderen Studienzweigen vergleichbar ist, hat er bereits hinter sich. Jetzt geht es also darum, Engagements zu finden, und das dürfte in Zeiten, in denen die Theater und Konzertbühnen im Lockdown sind und viele von ihnen um die Existenz kämpfen, nicht einfach werden. Trotzdem überwiegt bei dem jungen Mann die Zuversicht. „Ich habe nicht das Gefühl, in einen toten Beruf zu starten“, sagt er bestimmt.
Für ihn ist, das ist in den vergangenen Jahren mehr als deutlich geworden, dieser Beruf wirklich Berufung – die zwingende Folge einer Idee, die sich mit elf Jahren, als er in Stuttgart das Musical „Rebecca“gesehen hatte, in seinem Kopf festsetzte: Musical-Darsteller zu werden, mit Gesang, Tanz und Schauspiel Menschen zu berühren. Damals habe er seine Liebe zu diesem Metier entdeckt, seitdem wachse sie beständig weiter. „Ich bin das, ich brauche das – und jedesmal wenn ich auf einer Bühne stehe oder im Probenprozess bin, spüre ich, dass das Teil meiner Identität ist.“
Nach fast vier Jahren Studium an der Folkwang Universität, einer der renommiertesten Kunst-Hochschulen im Land, hat er nun auch das gute Gefühl, das Rüstzeug dafür zu haben. Dazu gehören nicht nur Technik und Ausdruck in Spiel, Gesang und Tanz, sondern auch Strategien, wie man mit den Kräften haushalten kann, wenn die Tage angefüllt sind mit Unterricht, Proben und Aufführung. Oder eben auch der Umgang damit, dass man nie hundertprozentig mit seiner Leistung zufrieden ist. Denn: „Dazulernen geht immer“, weiß Lukas Mayer, „aber jetzt fühle ich mich bereit für die Bühne.“
In kleineren Gastauftritten, Nebenund Gruppenrollen an den Theatern in Düsseldorf und Dortmund konnte er sich schon immer wieder ausprobieren. Dass er auch in einer Hauptrolle eine ganze Aufführung tragen kann, diese Erfahrung hat er jetzt im Abschlussstück seines Studienjahrgangs mit dem Musical „Grand Hotel“, einer Adaption von Vicki Baums Roman „Menschen im Hotel“, gemacht. Lukas Mayer verkörperte Baron von Gaigern, einen adeligen Bankrotteur, dem außer seinem Titel nichts geblieben ist. Das Milieu, auch die Werte, der Gestus und die Kleidung der 1920er Jahre seien der große Reiz an dieser Rolle gewesen. Dazu die stimmliche und spielerische Herausforderung dieser Partie. Permanent sei dieser Mann mit Situationen konfrontiert, die ausweglos erscheinen. „Als Spieler ist es aufregend, das für die Figur erleben zu können“, beschreibt Mayer.
Während man früher bei Sätzen dieser Art, wenn sie von dem 18-Jährigen kamen, ein wenig stutzte, passen sie heute zu dem jungen
Mann, der ein Studium absolviert hat, das die Persönlichkeit in hohem Maß fordert und fördert. So war die Zeit für den heute 21-Jährigen nicht nur Berufsausbildung, sondern auch ein Selbsterfahrungstrip, der ihn persönlich weitergebracht hat. Die persönliche Befindlichkeit habe er gelernt hintanzustellen, weil Unterricht und Disziplin wichtiger waren. Die Empathie der Dozenten und ihr Einsatz für ihre Studenten habe das wettgemacht, sagt Lukas Mayer. „Hier sind Freundschaften fürs Leben entstanden, mit Kommilitonen und Dozenten.“
Das ist wohl auch der Nährboden seiner Zuversicht, mit der er nun auf die Zukunft blickt. „Ich fühle mich bisher ganz gut aufgehoben beim Schicksal“, resümiert Lukas Mayer seinen bisherigen Weg in ein Leben als Künstler.
Viele wollen Künstler werden, nur wenige schaffen es. In einer Langzeitreportage in unserem Feuilleton regional haben wir 2015 begonnen, drei Jugendliche zu begleiten. Sie wollten Organist, Schriftstellerin und Musical-Darsteller werden. Auf den Bildern von damals sind Marius Herb, Luca Opic und Lukas Mayer 15, 14 und 16 Jahre alt. Nun endet die Serie. Luca Opic schreibt gerade nicht mehr an Büchern, deshalb haben wir unsere Berichterstattung ausgesetzt. Marius Herb und Lukas Mayer haben ihre künstlerische Berufung verwirklicht. Am Dienstag berichteten wir über Marius Herb, heute erfahren Sie, wie es Lukas Mayer erging.