Ein musikalischer Vorgeschmack auf 2021
Das Festival der Kulturen fand in diesem Jahr nur eingeschränkt statt. Dafür gab es aber eine digitale Offensive
In einer lauen Sommernacht lässt Tim Allhoff seinen Oberkörper über der Klaviatur kreisen, die volle Stimme der jungen alevitischen Sängerin Aylin Yildirim hallt vom alten Gemäuer der ausverkauften Freilichtbühne wider. Im Frühjahr war für Girisha Fernando, künstlerischer Leiter des Festivals der Kulturen, die Vorstellung eine in weite Ferne gerückt, als alle Großveranstaltungen abgesagt waren.
Daher galt es, alle Weichen für das Festival 2021 zu stellen, damit es bei der Stadtbevölkerung nicht in Vergessenheit gerät. Musiker aus Augsburg sandten sich zum gemeinsamen virtuellen Proben mit Künstlern, die nicht anreisen konnten, aber nächstes Jahr ihr Kommen zugesichert haben, Video- und Audiodateien hin und her; dokumentiert in kleinen Filmen, die schon international auf Resonanz stießen. So zeigte das spanische Fernsehen die Aufnahmen zu Mercedes Peons „Isue“mit den Streichern der Augsburger Philharmoniker unter der Leitung von Tom Jahn. Die galicische Multiinstrumentalistin demonstriert beeindruckend die Gemeinsamkeiten der nordafrikanischen und keltischen Musik aus einer Zeit, als es die unsichtbare Mauer quer durch das Mittelmeer noch nicht gab.
Viele Jahrhunderte später sorgten die Beatles für eine transkontinentale, bis heute anhaltende Begeisterung. So lag es für Fernando auf der Hand, mit der südkoreanischen Minyoband ADG7, der Brassband Haidouti Orkestar aus Frankreich, der polnischen Sängerin Karolina Chicha und Augsburger Künstlern wie Malaika oder Mesk John Lennons „Instant Karma“zu arrangieren – das Kleid aus koreanischer Tradition mit zarten Balkanbläsern und umarmenden Stimmen lässt dessen verhallte „Reiß-dich-zusammen“-Hymne in neuem Licht erscheinen.
Auf dem Youtube-Kanal des Festivals der Kulturen sowie auf Instagram und Facebook kann man es den tausenden Spaniern und Südkoreanern gleichtun und sich die Videos ansehen, darunter ein Stück des chinesischen Mystikers Wang Li auf einer Hulusi genannten Kürbisflöte. Der bereits erwähnte Konzertabend auf der Freilichtbühne Anfang August wurde ebenfalls auf Film gebannt. Eine schöne Erinnerung und zugleich Vorfreude aufs Festival der Kulturen 2021.