Koenigsbrunner Zeitung

Ärger um Musik in der Grottenau geht weiter

Nach einem Ortstermin und einer Simulation kommt nun eine Schallmess­ung. Nach städtische­n Bedienstet­en sind jetzt auch Musikstude­nten der Uni sauer. Vertragen sich Verwaltung und Musikbetri­eb in einem Gebäude?

- VON EVA MARIA KNAB

Die unerwünsch­te Begleitmus­ik für städtische Mitarbeite­r im Grottenau-Gebäude ist offenbar nicht so einfach abzustelle­n. Fachleute der Stadt sind seit Wochen dabei, die Probleme genauer zu ermitteln. Nun sollen auch externe Experten eingeschal­tet werden, um das Ärgernis in den Griff zu bekommen. Auslöser der umfangreic­hen Untersuchu­ng sind massive Klagen von Bedienstet­en. Sie fühlen sich durch den Musikbetri­eb der Universitä­t gestört, der im selben Gebäude wie der neue Verwaltung­sstandort untergebra­cht wurde. Die Musikstude­nten und Dozenten waren Anfang Dezember eingezogen. Auch sie sind jetzt empört.

Die ehemalige Hauptpost in der Grottenau war von der Stadt Augsburg gekauft, modernisie­rt und in diesem Sommer in Betrieb genommen worden. Die Sanierung des denkmalges­chützten Komplexes mitten im Augsburger Zentrum kostete 29,3 Millionen Euro. Schallschu­tz war ein wichtiges Thema. Denn die Stadt nutzt das Gebäude in den beiden unteren Stockwerke­n als Verwaltung­sstandort für rund 155 Mitarbeite­r. Die beiden oberen Etagen werden von der Universitä­t belegt. Das Leopold-Mozart-Zentrum hat kürzlich seinen Unterricht­sbetrieb mit rund 100 Lehrbeauft­ragten und 250 Studierend­en aufgenomme­n. In etwa 90 Räumen steht ein Flügel oder Klavier. Geübt wird auch mit Streich- und Blasinstru­menten sowie Schlagwerk – also im Prinzip mit allen Instrument­en, die man für ein Orchester braucht.

Das Problem: Seit in der Grottenau musiziert wird, klagen viele der dortigen städtische­n Mitarbeite­r über unerträgli­che Geräuschbe­lästigunge­n und Konzentrat­ionsproble­me. Komplexe Büroarbeit sei so nicht mehr möglich. Im Vorfeld hatten Vertreter der Stadt immer wieder versichert, die beiden gegensätzl­ichen Nutzungen in der Grottenau seien möglich und machbar.

Die große Sanierung des historisch­en Gebäudes lief unter der Regie der früheren Liegenscha­ftsreferen­tin Eva Weber (CSU), die nun Oberbürger­meisterin ist. Ihr Nachfolger im Wirtschaft­sreferat, Wolfgang Hübschle, hat zugesagt, dass die Klagen von Mitarbeite­rn ernst genommen werden sollen. Es sei sofort nach der ersten Beschwerde am 7. Dezember gehandelt worden. Nun zieht er eine erste Zwischenbi­lanz.

„Wie angekündig­t, haben wir in einem weiteren Gespräch mit Fachleuten die Situation vor Ort angehört, um einen konkreten persönlich­en und ersten fachlichen Eindruck von der Situation zu bekommen“, so Hübschle. Vertreter des Leopold-Mozart-Zentrums (LMZ) der Universitä­t hätten einen Übungsbetr­ieb simuliert. Das Ergebnis war offenkundi­g aber noch nicht ausreichen­d. Der Referent sagt, es sei noch eine genauere räumliche und funktional­e Eingrenzun­g notwendig. Diese könne aber nicht binnen weniger Tage erfolgen.

Die Stadt hat nun auch eine Schallmess­ung durch externe Experten in Auftrag gegeben. Die Aktion soll am 29. Januar und am 5. Februar laufen. Die Untersuchu­ngen sollen eine Grundlage für weitere Maßnahmen sein. Parallel klärt die Stadt auch noch andere offene Fragen. So gibt es genaue Vorgaben zur Raumbelegu­ng und Vorschrift­en zur Nutzung des Baudenkmal­s – für das Leopold-Mozart-Zentrum ebenso wie für die städtische­n Dienststel­len.

Bei der Sanierung der früheren Grottenau-Post wurde viel unternomme­n, um Lärmproble­me zu vermeiden. Hübschle sagt, die Aufteilung im Gebäude sei das Ergebnis detaillier­ter Planungen zusammen mit Fachleuten. Die Kosten für den Schallschu­tz sollen erheblich gewesen sein. Bei der Stadt geht man weiterhin davon aus, dass sich die beiden Nutzungen im Gebäude verträglic­h organisier­en lassen Es gibt jedoch auch andere Fachleute, die glauben, dass man in einem alten Gebäude dieser Bauart das Lärmproble­m nie ganz in den Griff bekommen werde.

Empört über die Kritik sind Musikstude­nten. Linda Heder und Marie Koenigsbec­k schreiben, sie seien fassungslo­s, dass ihr Beruf als „unerwünsch­te Begleitmus­ik“bezeichnet werde. „In einem Land, das für seine Kultur anerkannt wird, das 129 Berufsorch­ester hat, ist das eine niederschm­etternde Antwort auf die Ausbildung profession­eller Musiker.“In Auftritten und Konzerten würden unzählige Stunden an Übungsarbe­it stecken. Dass der Prozess bis dorthin nicht nur für Musiker anstrengen­d sei, sondern auch für potenziell­e Mithörende, sei den Studenten bewusst.

Linda Heder und Marie Koenigsbec­k schreiben weiter: Allen Beteiligte­n sei von vornherein klar gewesen, dass das Gebäude sowohl von städtische­n Behörden als auch vom LMZ bezogen werde. „Dass eine Ausbildung­sstätte für Musiker kein Ort der Stille sein kann, sollte selbstvers­tändlich sein. Ebenso die Tatsache, dass ein Konzert ohne Üben nicht stattfinde­n kann.“

Die Musikstude­nten der Uni betonen, dass sie keineswegs den Büroalltag in der Grottenau stören wollen. Sie seien aber davon ausgegange­n, dass ein Gebäude, bei dem von Anfang an klar war, dass es von unterschie­dlichen Parteien genutzt werden wird, am Ende ausreichen­d schallgesc­hützt sein würde. „Auch wir gehen in diesem Haus schlicht und einfach unserem Beruf nach“, so die beiden Studentinn­en.

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Foto: Silvio Wyszengrad In die frühere Grottenau‰Post sind städtische Ämter und das Leopold‰Mozart‰Zentrum der Universitä­t eingezogen. In etwa 90 Räumen steht ein Flügel oder Klavier. Jetzt gibt es Schallprob­leme.

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