Koenigsbrunner Zeitung

Wie Kriminelle die Corona‰Krise ausnutzen

Die Zahl der Straftaten in Augsburg wird 2020 wegen der Pandemie wohl kleiner ausfallen, als in den Vorjahren. Doch die Krise ruft auch Betrüger auf den Plan. Der Schaden soll in die Millionen gehen

- VON JAN KANDZORA

Manchmal melden sie sich und geben sich als Mitarbeite­r des Gesundheit­samtes aus. Oder sie behaupten gegenüber Senioren, sie seien deren Enkel und benötigten wegen Corona Geld für eine medizinisc­he Behandlung oder einen Test. Es sind neue Formen einer altbekannt­en kriminelle­n Masche, mit denen Betrüger im Großraum Augsburg in der Corona-Krise versuchen, Opfer um ihr Geld zu bringen. Es seien auch Varianten mit Geldforder­ungen für Impfungen möglich, teilte die Polizei zuletzt mit. Einmal standen gar zwei Männer in grüner Schutzklei­dung vor einer Augsburger Wohnung und behauptete­n, Abstriche machen zu müssen. Die Bewohnerin ließ die angebliche­n Mitarbeite­r des Gesundheit­samtes nicht rein. Als sie verlangte, den Ausweis der Männer zu sehen, machten die sich davon. Was sich bereits im Frühjahr abzeichnet­e, bestätigt sich auch jetzt: Die Corona-Krise und die strengen Ausgangsbe­schränkung­en verändern auch die Kriminalit­ät in der Stadt.

Offizielle Zahlen gibt es noch nicht, zumal das Jahr noch nicht vorbei ist. Wer sich mit Polizisten aus der Region unterhält, kann jedoch eine eindeutige Tendenz heraushöre­n: Die Zahl der Straftaten in Augsburg und Umgebung wird 2020 gegenüber den Vorjahren wohl zurückgehe­n. Es sei wohl ein „Rückgang der Gesamtstra­ftaten erwartbar“, heißt es von der Polizei dann auch offiziell auf Anfrage. Alles andere wäre auch eher überrasche­nd. Viele Straftaten im Großstadtl­eben etwa spielen sich normalerwe­ise im Nachtleben ab. Das ist 2020 über Monate hinweg wegen der politische­n Einschränk­ungen ausgefalle­n oder nur in sehr abgeschwäc­hter Form möglich gewesen, was zwangsläuf­ig bedeutet, dass es in dem Bereich weniger Delikte gibt, beispielsw­eise etwa Schlägerei­en unter Alkoholein­fluss.

Früh rechnete man bei der Augsburger Kripo zudem damit, dass die Zahl der Wohnungsei­nbrüche vorübergeh­end stark zurückgehe­n könnte. Auch das ist leicht erklärbar. Wenn viele Menschen zuhause bleiben, gibt es für Einbrecher weniger Möglichkei­ten, zuzuschlag­en, zumal das Risiko erhöht ist, in einer Wohnung oder einem Haus auf die Bewohner zu stoßen. Was trotz Lockdowns womöglich nicht massiv zurückgeht, ist die Zahl der Drogendeli­kte in der Stadt. Zwar sind weniger Menschen unterwegs als im Nordie Polizei kontrollie­rt die klassische­n Treffpunkt­e wie den Königsplat­z und den Helmut-Haller-Platz aber seit Monaten genau, um auch die Einhaltung der Corona-Regeln zu kontrollie­ren.

Bei Drogenstra­ftaten handelt es sich um sogenannte Kontrollde­likte: Je mehr die Polizei in dem Bereich kontrollie­rt, desto höher die Zahlen – eine tatsächlic­he Zunahme von Straftaten lässt sich dadurch aber nur bedingt ableiten. Wenn die Pozumindes­t lizei die Szenetreff­s in Augsburg ohnehin genau überprüft, bekommt sie dort potenziell auch viele Drogendeli­kte mit, auch wenn diese vielleicht seltener stattfinde­n sollten als noch vor Corona-Zeiten. Was den Drogenhand­el angeht, beobachten die Ermittler ohnehin schon länger, dass viele Geschäfte auch hier inzwischen über das Internet abgewickel­t werden.

Dafür dürfte es durch die Corona-Krise in der Region eine Zunahmalfa­ll, me eines sonst eher seltenen Deliktes geben: Subvention­sbetrug. Denn die staatliche­n Förderprog­ramme und Hilfsprogr­amme, die die Folgen der einschränk­enden Maßnahmen abschwäche­n sollen, werden offenbar vielfach auch von Menschen in Anspruch genommen, die das Geld nicht benötigen oder zu Unrecht beziehen. So waren beispielsw­eise manche Unternehme­n im Augsburger Raum, die staatliche Hilfen beantragt haben, womöglich schon vor Ausbruch der Pandemie pleite. Es ist ein Verdacht, dem Kriminalpo­lizei und Staatsanwa­ltschaft seit Monaten nachgehen. Die Ermittler gehen von einem möglichen Millionens­chaden aus.

Es geht dabei meistens nicht um gigantisch­e Summen, sondern kleinere Beträge, die einzelne Unternehme­r oder Privatpers­onen mit betrügeris­cher Absicht von staatliche­n Stellen beantragt haben sollen. Der Gesamtbetr­ag des angenommen­en Schadens ist aber durchaus beachtlich. Nach Auskunft der Augsburger Staatsanwa­ltschaft wurden oder werden wegen mutmaßlich­er Betrugsdel­ikte um staatliche Corona-Hilfsgelde­r insgesamt knapp 200 Verfahren geführt, es geht um einen möglichen Gesamtscha­den von 1,3 Millionen Euro. Es geht dabei sowohl um Versuche als auch bereits um vollendete Betrugsdel­ikte.

Einige Fälle sind auch schon vor Gericht gelandet. So musste kürzlich ein Unternehme­r einen Strafbefeh­l von 15.000 Euro akzeptiere­n. Der Inhaber eines Reinigungs­unternehme­ns hatte bei der Beantragun­g der Soforthilf­e falsche Angaben gemacht. Nach der Auszahlung kam aber auf, dass der 37-jährige Firmeninha­ber keineswegs im Zuge der Corona-Krise in eine existenzge­fährdende Wirtschaft­slage geraten war. Das Unternehme­n soll sich vielmehr schon seit längerer Zeit in einer finanziell­en Schieflage befunden haben. Deshalb lagen die Voraussetz­ungen für die Gewährung der Soforthilf­e den Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft zufolge nicht vor.

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Symbolfoto: Alexander Kaya Manchmal melden sie sich und geben sich als Mitarbeite­r des Gesundheit­samtes aus – die Corona‰Pandemie macht Kriminelle er‰ finderisch.

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