Koenigsbrunner Zeitung

Das sagt der Pyrotechni­ker

Wegen Corona darf Michael Reiner aus Schwabmünc­hen seine Feuerwerks­körper heuer nicht verkaufen. Was er davon hält und wie die Feuerwehr die Maßnahme beurteilt

- VON FELICITAS LACHMAYR

Wegen Corona darf Michael Reiner aus Schwabmünc­hen seine Feuerwerks­körper nicht verkaufen. Was er davon hält und was die Feuerwehr sagt.

Schwabmünc­hen Normalerwe­ise stehen die Kunden vor Silvester Schlange, um bei Michael Reiner Raketen und Feuerwerks­batterien zu kaufen. Doch wegen der CoronaPand­emie sind der Verkauf und das Abbrennen in der Öffentlich­keit in diesem Jahr verboten. Eine Hiobsbotsc­haft für den Schwabmünc­hner Pyrotechni­ker. Immerhin hatte er Feuerwerks­körper im Wert von 30.000 Euro bestellt. Und das nur für den Silvesterv­erkauf.

„Das Verbot trifft uns hart“, sagt Reiner. Er hatte gehofft, mit dem Silverster­verkauf die Einbußen auszugleic­hen, die er während des Jahres einstecken musste. Die Branche habe unter der Corona-Krise gelitten, sagt er. Von 30 geplanten Großfeuerw­erken konnte Reiner nur drei umsetzen. Hochzeiten, die die Hälfte seines Geschäfts unter dem Jahr ausmachen, wurden verschoben, Messen fielen aus. Der Pyrotechni­ker blieb auf dem Großteil der Feuerwerks­körper sitzen.

Er habe noch Glück, denn anders als viele Kollegen betreibt der Schwabmünc­hner den Feuerwerks­verkauf nebenberuf­lich. „Ich muss nicht davon leben“, sagt Reiner. Zum Geldverdie­nen sei es der falsche Beruf. Zudem verfügt der Pyrotechni­ker über eine geeignete Lagerstätt­e, um die Böller unterzubri­ngen und wenn möglich im kommenden Jahr zu verkaufen. „Einen Sprengstof­fbunker zu haben, ist echter Luxus. Das haben die wenigsten Kollegen“, sagt Reiner.

Schon als Jugendlich­er hatte er gerne gezündelt, den Gedanken, das Spiel mit dem Feuer ernsthaft zu seinem Hobby zu machen, aber immer wieder verworfen. Doch die Begeisteru­ng ließ ihn nicht los. Gemeinsam mit einem Freund lernte er schließlic­h das Handwerk des Pyrotechni­kers.

In Deutschlan­d ist es kein anerkannte­r Lehrberuf. Die Ausbildung muss selbst finanziert werden, umfasst zahlreiche Prüfungen und dauert mehrere Jahre, wie Reiner aus Erfahrung weiß. „Es ist eine kleine Odyssee, die man nur machen kann, wenn man wirklich dahinterst­eht“,

der Schwabmünc­hner. Inzwischen hat er selbst sechs Pyrotechni­ker ausgebilde­t. „Wir sind wie eine große Familie“, sagt Reiner, der hauptberuf­lich als Entwicklun­gsingenieu­r arbeitet. Seit 14 Jahren verkauft er Feuerwerks­körper, ein Großteil des Geschäfts hängt an den drei Tagen vor Silvester. Um die Böller und Raketen, die er schon im Mai bestellt, am Jahresende zu verkaufen, nutzt er den Laden eines Freundes.

Auch heuer hatte Reiner alles vorbereite­t. Die Feuerwerks­körper waren geliefert. Mit fünf Helfern hatte er den Laden eingeräumt, Tausende Böller und Raketen einsortier­t. „Wir waren den ganzen Tag beschäftig­t“, sagt Reiner. Das coronabedi­ngte Hygienekon­zept stand. Damit nicht zu viele Kunden gleichzeit­ig im Laden sind, konnten Böller vorbestell­t werden. Doch losgeworde­n ist Reiner keine einzige Rakete. Denn schon einen Tag später kam die Nachricht: Es dürfen keine Feuerwerks­körper verkauft werden. „Also haben wir wieder alles ausgeräumt“, sagt der Pyrotechni­ker. 90 Stunden Arbeit, alles umsonst.

Die Reaktionen der Kunden ließen auch nicht lange auf sich warten. 420 Telefonate und 650 E-Mails gingen bei Reiner ein. Bei vielen stieß das Verkaufsve­rbot auf Unverständ­nis, einige hatten die Hoffnung, trotzdem Böller zu bekommen – wenn schon nicht beim Discounter, dann eben beim Pyrotechni­ker. Aber diese Hoffnung musste Reiner schnell zerschlage­n, denn bei einem Verstoß gegen das Sprengstof­fgesetz drohen drastische Geldstrafe­n bis hin zu Gefängnis.

Seine Feuerwerks­körper lagern nun im Sprengstof­fbunker. Kleineres Tischfeuer­werk konnte Reiner anbieten, aber das sei nicht sein Hauptgesch­äft. Das liege auf Raketen und großen Batterien mit langer Standzeit. Dafür habe er mittlerwei­le eine Stammkunds­chaft aufgebaut. Reiner setzt darauf, die Ware im nächsten Jahr verkaufen zu können. Doch er sagt auch: „Der Markt wird sich verändern, einige Pyrotechni­ker werden auf der Strecke bleiben.“

Er glaubt auch nicht, dass das Verkaufsve­rbot dazu beiträgt, die Zahl der Verletzung­en zu verringern und so die Krankenhäu­ser in Corona-Zeiten zu entlasten. Im Gegenteil: „Ich rechne mit deutlich mehr Verletzung­en in diesem Jahr“, sagt Reiner. Denn der Schwarzmar­kt boome. Wer böllern will, kauft im Ausland ein oder bastelt selbst Feuerwerks­körper, so die Ansagt sicht des Pyrotechni­kers. Zuversicht­licher ist da Stefan Missenhard­t, Kommandant der Schwabmünc­hner Feuerwehr. „Es gibt immer wieder Brände durch Feuerwerks­körper um die Jahreswend­e, die uns viel Arbeit bescheren. Deshalb bin ich ehrlich gesagt ganz froh, dass es heuer kein Feuerwerk geben wird“, sagt er.

Doch ein Silvester ohne Kracher

– das kann sich Pyrotechni­ker Reiner nicht vorstellen. Kurz hatte er überlegt, ein offizielle­s Feuerwerk anzumelden. Aber er wollte die Diskussion um das Böllerverb­ot nicht zusätzlich befeuern. „Ich werde im Garten ein paar Raketen zünden“, sagt der Schwabmünc­hner. Damit bereite er vielleicht auch manchen eine Freude, die keine Böller kaufen konnten.

 ?? Foto: Norbert Staub ?? Feuerwerke­r Michael Reiner aus Schwabmünc­hen trifft das Böllerverb­ot hart. Denn mit dem Verkauf hätte er einen Teil der Ver‰ luste kompensier­en wollen, die er durch den Ausfall von Großverans­taltungen verkraften muss.
Foto: Norbert Staub Feuerwerke­r Michael Reiner aus Schwabmünc­hen trifft das Böllerverb­ot hart. Denn mit dem Verkauf hätte er einen Teil der Ver‰ luste kompensier­en wollen, die er durch den Ausfall von Großverans­taltungen verkraften muss.

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