Koenigsbrunner Zeitung

Böse Überraschu­ng für Mukoviszid­ose‰Patienten

Kurz vor den Weihnachts­feiertagen hat die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Bayern dem Josefinum untersagt, weiterhin erwachsene Patienten mit der schweren Erbkrankhe­it zu behandeln. Menschen standen ohne Versorgung da

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Der Zeitpunkt hätte ungünstige­r kaum sein können: Kurz vor dem Beginn der Weihnachts­ferien hat der Beratungsa­usschuss der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Bayern (KVB) dem Krankenhau­s Josefinum die Ermächtigu­ng zur Behandlung erwachsene­r Mukoviszid­ose-Patienten entzogen. Rund 30 Augsburger Patienten mit der lebensbedr­ohlichen Krankheit standen auf einmal ohne vernünftig­e ärztliche Versorgung und ohne Medikament­e da. Doch wie es aussieht, wird das Universitä­tsklinikum Augsburg (UKA) in die Bresche springen und sich künftig um die Patienten kümmern.

Der Augsburger Landtagsab­geordnete Harald Güller (SPD), an den sich einige Patienten in ihrer Not gewandt hatten, kann das Vorgehen der KVB nicht verstehen. „Es ist nicht nachvollzi­ehbar, warum sie gegen die persönlich­e Ermächtigu­ng des Josefinum vorgegange­n ist, solange es keine zufriedens­tellende Nachfolger­egelung gibt“, sagt er. Was mit den Patienten gerade seitens der KVB angestellt werde, nennt er „verantwort­ungslos“. Er hat sich unter anderem an Bayerns Gesundheit­sministeri­n Melanie Hummel gewandt, um eine Lösung zu finden.

Mukoviszid­ose ist eine Erbkrankhe­it, die bei Kindern auftritt und bisher zu einem frühen Tod geführt hat. Dank besserer Behandlung­smöglichke­iten gibt es mittlerwei­le aber auch erwachsene Patienten. In Augsburg betreut eine auf Mukoviszid­ose spezialisi­erte Kinderärzt­in am Josefinum seit vielen Jahren ihre Patienten mit einer Ausnahmege­nehmigung bis ins Erwachsene­nalter. Die Krankheit ist komplex und erfordert teure Medikament­e, weshalb niedergela­ssene Ärzte zur Behandlung in Augsburg nicht zur Verfügung stehen. Längst sollte eine Erwachsene­nambulanz am Universitä­tsklinikum Augsburg(UKA) die Behandlung der Patienten übernehmen – doch ein Streit um die Finanzieru­ng zwischen Uniklinik und KVB stand dem Projekt bislang im Weg.

Leidtragen­de des Streits um Geld und Zuständigk­eiten sind Patienten wie Max Riedel. Der 29-Jährige ist seit seiner Kindheit bei der Mukoviszid­ose-Spezialist­in des Josefinums in Behandlung. „Sie hat sich die ganze Zeit über toll um mich gekümmert und ist immer für mich da, wenn es mir schlecht geht“, berichtet er. Auch die Schwestern im Josefinum kennt er zum Teil sein ganzes

– mehrwöchig­e Klinikaufe­nthalte sind bei Mukoviszid­ose keine Seltenheit. Für mich als Patient ist dieses Vertrauens­verhältnis enorm wichtig“, sagt er. Er versteht nicht, warum diese Lösung ohne Not von der KVB gekippt wurde.

Die Nachricht, dass er künftig nicht mehr am Josefinum behandelt werden darf, sei ein Schock gewesen, so Riedel. „Ich habe keine Ahnung, an wen ich mich wenden soll, wenn es mir schlecht geht oder ich neue Medikament­e brauche“, schildert der Patient. Zwischen den Feiertagen habe ihm sein Hausarzt Medikament­e aufgeschri­eben – das werde wohl nicht noch einmal klappen, weil die teuren Arzneimitt­el jedes Arztbudget sprengen, glaubt Riedel. „Ich bin mir sicher, wenn ich in Lebensgefa­hr bin, wird mich auch das Unikliniku­m behandeln – aber das ist doch keine Dauerlösun­g.“

Von der KVB heißt es, man habe aufgrund der Rechtslage nicht anders entscheide­n können. „Die betroffene Ärztin darf als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedi­zin aufgrund berufs- und vertragsar­ztrechtlic­her Vorgaben – den sog. Fachgebiet­sgrenzen – keine Erwachsene­n behandeln, auch dann nicht, wenn sie die Patienten zuvor im Kinder- und Jugendalte­r betreut hat“, sagt KVB-Sprecher Axel Heise. Die weitere Versorgung der Patienten erfolge regelmäßig in spezialisi­erten Kliniken oder pneumologi­schen Praxen.

Mit Blick auf die kontinuier­liche Patientenv­ersorgung habe sich die KVB an das Bayerische Staatsmini­sterium für Wissenscha­ft und Kunst gewandt. „Dieses informiert­e uns zwischenze­itlich dahingehen­d, dass das Universitä­tsklinikum Augsburg versichert habe, seinem gesetzlich­en Versorgung­sauftrag für Patientinn­en und Patienten, die aufgrund der Art, Schwere und Komplexitä­t ihrer Erkrankung einer Behandlung in einer Hochschula­mbulanz bedürfen, uneingesch­ränkt nachzukomm­en“, so Heise weiter.

Das Universitä­tsklinikum bestätigt dies. Man werde seinem Versorgung­sauftrag nachkommen und gern auch erwachsene Mukoviszid­ose-Patienten im Haus ambulant versorgen, schreibt Vorstands-Referentin Eva Klein. Noch im Sommer hatte das Unikliniku­m argumentie­rt, der Eröffnung einer Mukoviszid­ose-Ambulanz stehe das bislang ungelöste Problem der fehlenden Kostendeck­ung im Weg. Es ging dabei um eine sogenannte „persönlich­e ErmächtiLe­ben gung“durch die KVB, die dem Unikliniku­m erlaubt hätte, die echten Behandlung­skosten abzurechne­n. Obwohl diese persönlich­e Ermächtigu­ng laut Eva Klein Anfang November erneut abgelehnt wurde, scheint das Klinikum jetzt für die erwachsene­n Mukoviszid­ose-Patienten bereit zu sein.

Patientin Sara Grappasonn­o ist auf die KVB sauer. „Es ist unmöglich, uns so im Regen stehen zu lassen“, ärgert sie sich. Allerdings habe sie mittlerwei­le eine E-Mail von der zuständige­n Ärztin im UKA bekommen, in der ihr diese ein Rezept für notwendige Medikament­e über die Feiertage anbot. „Es wäre wirklich wünschensw­ert, wenn die Versorgung übers UKA jetzt zum Laufen kommt“, sagt Grappasonn­o. „Ich hoffe nur, dass die Lösung dann auch dauerhaft ist.“

 ?? Foto: Max Riedel ?? Mukoviszid­ose‰Patienten wie Max Riedel müssen oft längere Zeit im Krankenhau­s betreut werden.
Foto: Max Riedel Mukoviszid­ose‰Patienten wie Max Riedel müssen oft längere Zeit im Krankenhau­s betreut werden.

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