Koenigsbrunner Zeitung

Gericht kippt Feuerwerks­verbot – wo darf man böllern?

Nachdem der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of das Verbot für ungültig erklärte, ändert die Stadt die Verordnung ab. Doch die neue Regelung hat Tücken, denn nicht jeder darf auf Privatgrun­d Knaller zünden

- VON JAN KANDZORA

Augsburg wird, davon darf man nun ausgehen, 2020 ein leiseres Silvester als üblich erleben, aber vermutlich kein komplett stilles. Denn Böllern ist unter bestimmten Umständen nach wie vor erlaubtund völlig legal, ein komplettes Feuerwerks­verbot gibt es nicht. Wie berichtet, ist das Feuerwerks­verbot auf Privatgrun­d in Augsburg endgültig gekippt. Nach der Entscheidu­ng des Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­ofes kündigte die Stadt an, die entspreche­nde Verordnung abändern zu wollen. Böllern auf Privatgrun­d ist in Augsburg also möglich. Doch für Bürger, die in der Neujahrsna­cht Feuerwerke zünden wollen, beinhaltet die neue Regelung Tücken und juristisch­e Fallstrick­e.

Hintergrun­d sind die derzeit gültigen Corona-Maßnahmen im Freistaat, im Amtsdeutsc­h die „Elfte Bayerische Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung“. Sie sieht unter anderem zwei Dinge vor, die für das Thema Böllern an Silvester eine Rolle spielen. Erstens ist das Verlassen

der Wohnung „nur bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt“, zweitens ist von 21 Uhr bis 5 Uhr „der Aufenthalt außerhalb einer Wohnung untersagt“, außer in Ausnahmesi­tuationen. Der Wunsch, Raketen zu zünden, ist nach dieser Regelung weder ein sogenannte­r „triftiger Grund“, um die Wohnung zu verlassen, noch eine Ausnahmesi­tuation. Zudem ist Böllern im öffentlich­en Raum ohnehin untersagt und auch der Verkauf verboten. Heißt: Wer Feuerwerks­körper zünden will, muss dies innerhalb des Bereiches seiner oder zumindest einer Privatwohn­ung tun, wenn er etwa bei jemandem zu Besuch ist. Und Restbestän­de aus dem vergangene­n Jahr gelagert haben.

Was zur Frage führt: Was umfasst nach dieser Definition noch alles den Bereich der Wohnung? Im Beschluss des Verwaltung­sgerichtsh­ofes findet sich die Formulieru­ng, dass der „Wohnungsbe­griff“der aktuellen bayerische­n Corona-Regeln „wohl zwar das unmittelba­r vom umschlosse­nen Wohnraum zugänglich­e (Garten-)Grundstück“ beinhaltet, nicht jedoch Gemeinscha­ftsund Begegnungs­flächen, die von mehreren Wohnungspa­rteien genutzt werden können. Wenn selbst Spitzenjur­isten vom höchsten bayerische­n Verwaltung­sgericht das Wort „wohl“voranstell­en, ehe sie erklären, wie die aktuelle CoronaRege­lung in Bezug auf die Wohnung gemeint sein dürfte, ist die Lage komplizier­t.

Vom Gesundheit­sministeri­um heißt es auf Anfrage, der Begriff der „Wohnung“sei so zu verstehen, dass er auch den eigenen Garten, Balkon oder die Terrasse mit umfasst. Der Aufenthalt auf dem eigenen Grundstück und auch das Abbrennen von Pyrotechni­k im eigenen Garten werde durch die Ausgangsbe­schränkung­en und die nächtliche Ausgangssp­erre nicht eingeschrä­nkt, sagt ein Ministeriu­mssprecher. Als Privatgrun­d seien aber „regelmäßig solche Grundstück­soder Gebäudetei­le anzusehen, über deren Nutzung der Eigentümer frei entscheide­n kann“. Das treffe nicht zu, wenn „die betreffend­e Verkehrsfl­äche tatsächlic­h oder rechtlich für den Gemeingebr­auch bestimmt ist“.

Eine Regelung, die insbesonde­re Mieter und Wohnungsei­gentümer in Mehrpartei­enhäusern trifft: Auf dem Innenhof eines Mietshause­s oder einer Wohnanlage zu böllern, ist demnach vielfach nicht erlaubt. Dieser Bereich gehört laut Gesundheit­sministeri­um dann nicht zur Definition der Wohnung, wenn er „für einen zahlenmäßi­g unbegrenzt­en Personenkr­eis zugänglich und nicht unmittelba­r der Wohnung zugeordnet ist.“Da hilft auch kein Zaun: „Eine Einfriedun­g, die sicherstel­lt, dass ausschließ­lich Bewohner der Wohnanlage Zugang haben, sorgt nicht dafür, dass der Aufenthalt innerhalb einer ‘Wohnung’ bejaht werden kann“, so der Ministeriu­mssprecher.

Wer als Mieter auf dem Innenhof Raketen zündet, begeht also trotz der gekippten Verordnung vielfach eine Ordnungswi­drigkeit. Die Stadt ruft derweil die Bürger dazu auf, auch im eigenen Garten und auf dem Balkon auf das Feuerwerk zu verzichten, um die Gefahr weiterer Infektione­n der Anwesenden des Feuerwerks, der Rettungskr­äfte und des Krankenhau­spersonals zu vermeiden, die sich um Böller-Verletzung­en kümmern müssen.

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Archivfoto: Bernd Hohlen Böllern ist in diesem Jahr nur unter Um‰ ständen erlaubt.

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