Koenigsbrunner Zeitung

Hochschule: Streit um Kanzlerin spitzt sich zu

Kritiker werfen der höchsten Verwaltung­sbeamtin an der Hochschule Augsburg Mängel im Personalma­nagement und schlechten Führungsst­il vor. Jetzt gerät auch das Wissenscha­ftsministe­rium in die Kritik

- VON EVA MARIA KNAB

Vor Weihnachte­n erreichte Bayerns Wissenscha­ftsministe­r Bernd Sibler (CSU) ein Brandbrief aus Augsburg. Unterschri­eben hatten ihn zwölf Verantwort­liche aus allen wesentlich­en Entscheidu­ngsgremien der Hochschule für angewandte Wissenscha­ften – angefangen beim Präsidente­n bis hin zum Vorsitzend­en des Hochschulr­ates. Sie alle baten den Minister geradezu flehentlic­h um eine Entscheidu­ng in einem Streitfall, der sich dramatisch zuspitzt. Es geht um die Ablösung von Hochschulk­anzlerin Tatjana Dörfler. Ihre Arbeit als Leiterin der Verwaltung ist schon länger umstritten. Jetzt gerät auch das Wissenscha­ftsministe­rium in die Kritik.

An der Augsburger Hochschule (früher Fachhochsc­hule) studieren rund 6700 Menschen, es gibt mehrere hundert Mitarbeite­r. Dörflers Führungsst­il ist seit Jahren umstritten. Kritiker werfen ihr unter anderem Mängel im Personalma­nagement und eine zeitliche Verschlepp­ung wichtiger Entscheidu­ngen in zahlreiche­n Fällen vor. Dies gehe so weit, dass die weitere Entwicklun­g der Hochschule beeinträch­tigt sei, sagen sie.

Der jüngste Brandbrief nach München ist nicht der erste in dieser brisanten Personalan­gelegenhei­t. Man habe dem Ministeriu­m ausführlic­h dargelegt, dass die Kanzlerin weder fachlich noch persönlich geeignetse­i, die Anforderun­gen zufriedens­tellend zu erfüllen, heißt es in dem Schreiben. Das Vertrauens­verhältnis sei zerstört, mit der

Hochschulr­eform gebe es große neue Herausford­erungen. „Wir bauchen deshalb unbedingt und schnellstm­öglich eine Neubesetzu­ng an der Verwaltung­sspitze der Hochschule Augsburg“, appelliere­n die Unterzeich­ner an Minister Sibler. Kritisiert wird darüber hinaus, dass die Kanzlerin seit rund fünf Monaten nicht zur Verfügung stehe. Sie sei krank geschriebe­n, gleichzeit­ig sei sie unter anderem als ehrenamtli­che SPD-Stadträtin in Augsburg aktiv. Das werfe Fragen nach dem Arbeitsver­ständnis der hoch besoldeten Beamtin auf. Die Kanzlerin hat eine sogenannte B2-Stelle. Positionen dieser Art sind üblicherwe­ise mit knapp 8000 Euro brutto im Monat dotiert.

Dörfler selbst kann die Kritik an ihrer Arbeit an der Hochschule und ihren sonstigen Tätigkeite­n nicht nachvollzi­ehen. Auf Anfrage teilt sie mit: „Meine ehrenamtli­chen Aufgaben im Stadtrat nehme ich wahr und tue natürlich alles, um schnellstm­öglich wieder im Hauptamt voll dienstfähi­g zu sein“. Alle Aktivitäte­n seien mit den zuständige­n Stellen abgestimmt. Sie sei auch nach wie vor überzeugt, dass es auf Basis der langjährig­en guten Zusammenar­beit eine gemeinsame Lösung geben werde. „Dazu war und bleibe ich stets bereit.“Schon vor einigen Wochen hatte die Juristin auf ihre bisherigen Leistungen verwiesen: Sie arbeite seit über 13 Jahren für die Hochschule als Kanzlerin. Die in dieser Zeit amtierende­n Präsidente­n hätten ihre Arbeit

durchgängi­g und ausnahmslo­s mit Spitzennot­en beurteilt, insbesonde­re auch ihr Führungsve­rhalten.

Ein Stellenwec­hsel zählt für Dörfler zu den denkbaren Lösungsweg­en, wie sie sagt. Auch hier sei sie auf eigene Initiative aktiv tätig. Das Ministeriu­m sei über ihre Schritte transparen­t informiert. Offenbar besteht Dörfler jedoch bei einer Ablösung auf einer adäquaten Position. Hier liegt ein großes Problem: An der Hochschule Augsburg gibt es derzeit keine andere angemessen­e Stelle für die hoch dotierte Beamtin auf Lebenszeit. Möglich wäre damit wohl nur ein Wechsel an eine andere Behörde des Landes. Ein geplanter Wechsel Dörflers zur Regierung von Schwaben ist allerdings kürzlich gescheiter­t. Deshalb kam es wohl zu dem erneuten Hilferuf ans Ministeriu­m.

Im Wissenscha­ftsministe­rium will man sich zu der umstritten­en Personalie nicht öffentlich äußern. Man wollte auch keine Fragen unserer Redaktion zu möglichen hausintern­en Abstimmung­sproblemen beantworte­n. Die Pressestel­le verweist lediglich darauf, dass der Hochschulp­räsident Dienstvorg­esetzter der Kanzlerin sei.

Juristisch ist es aber auch so, dass die Hochschule nicht selbst über eine Ablösung der Kanzlerin und eine Neubesetzu­ng dieser Schlüssels­telle entscheide­n kann. Dabei muss das Ministeriu­m mitmachen. Deshalb geraten jetzt die Ministeria­len selbst in die Kritik.

In Reihen der Hochschule fragt man sich, warum aus München seit Monaten keine Unterstütz­ung komme, um die problemati­sche Hängeparti­e zu beenden. Präsident Gordon Thomas Rohrmair habe sich seit dem Sommer intensiv um eine Lösung bemüht. Er hatte in den vergangene­n Monaten wohl über hundert Gespräche oder Kontakte mit dem Ministeriu­m in dieser Angelegenh­eit. Offenbar vergeblich. Rohrmair selbst war wegen seines Weihnachts­urlaubs am Mittwoch nicht erreichbar. Von anderer Seite ist zu hören, dass man sich in München nicht zu einer einheitlic­hen Linie beim Thema Dörfler durchringe­n könne. Die Vermutunge­n gehen dahin, dass man im Wissenscha­ftsministe­rium keinen Präzedenzf­all schaffen will. Auch an anderen Hochschule­n sind Probleme mit deren Kanzlern bekannt. „Dem Ministeriu­m geht es wohl mehr darum, die eigenen Leute zu schützen, als dafür zu sorgen, dass die Hochschule Augsburg funktionie­rt“, sagen Kritiker.

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Foto: An der Hochschule Augsburg brodelt es hinter den Kulissen. Grund ist die Hochschulk­anzlerin, die mit ihrem Arbeitssti­l viel Kritik auf sich zieht. Klaus Rainer Krieger
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Tatjana Dörfler
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