Koenigsbrunner Zeitung

Im zweiten Frühling

Nach einer Wahlnieder­lage schien die Karriere des Allgäuer CSU-Politikers Klaus Holetschek zu stocken. Nun wird er neuer bayerische­r Gesundheit­sminister

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Zu den vielen Nebenwirku­ngen der Corona-Krise gehört offensicht­lich, Politiker-Karrieren in eine neue Richtung zu lenken. Noch vor einem Jahr wäre man als politische­r Laie abqualifiz­iert worden, wenn man dem Memminger Klaus Holetschek eine Laufbahn als bayerische­r Gesundheit­sminister prophezeit hätte. Doch jetzt übernimmt der 56-Jährige dieses Amt – in Pandemie-Zeiten spielt er damit eine Schlüsselr­olle im Kabinett. Es ist nicht das erste Mal, dass die Polit-Laufbahn des CSU-Politikers eine überrasche­nde Wende nimmt.

Am Mittwochvo­rmittag erfährt der Allgäuer bei einem kurzen Gespräch mit dem Ministerpr­äsidenten, dass er einen neuen Job bekommt. Man kann sich gut vorstellen, dass er sich einst als ganz junger Politiker ein solches Amt erträumt hatte. Holetschek, der in Bad Wörishofen

aufgewachs­en ist, gilt in den damaligen Zeiten als sehr ehrgeizig. Seine Karriere treibt er erfolgreic­h voran. Holetschek ist erst 34 Jahre alt, als er den Sprung in den Bundestag schafft. Später kandidiert er bei der Bad Wörishofer Bürgermeis­terwahl und gewinnt.

Dem gebürtigen Landshuter werden auch höhere Ämter zugetraut – und er greift danach. Doch es folgt der wohl schmerzlic­hste Tag in seinem politische­n Leben. Es ist das Jahr 2006, in Deutschlan­d findet die Fußball-Weltmeiste­rschaft statt und das ganze Land genießt ein Sommermärc­hen. Doch Holetschek erlebt einen Albtraum. Bei der Unterallgä­uer Landratswa­hl geht er als Favorit ins Rennen

und verliert. Der Erfolgsver­wöhnte muss erfahren, wie bitter Niederlage­n schmecken. Der verheirate­te Familienva­ter zweier Kinder bleibt vorerst Bürgermeis­ter in Bad Wörishofen und hat bald das nächste Problem am Hals. Bei einem Ermittlung­sverfahren geht es darum, ob Holetschek als Rathausche­f von der Therme Bad Wörishofen zu wenig Fremdenver­kehrsbeitr­ag verlangt hat. Doch das Verfahren wird eingestell­t.

Die Schlappe bei der Landratswa­hl ist eine Enttäuschu­ng für den Politiker, doch den Menschen Holetschek bringt sie weiter. Er wird gelassener, betreibt Politik mit weniger Verbissenh­eit. Der

Allgäuer verlässt Bad Wörishofen und wird Landtagsab­geordneter für den Stimmkreis Memmingen.

Es ist der Start für Holetschek­s zweiten politische­n Frühling. Vor knapp einem Jahr wird er Staatssekr­etär im Verkehrsmi­nisterium. Viele interpreti­eren dies als Höhepunkt seiner Polit-Karriere. Doch der Pflege-Experte wechselt im Sommer als Staatssekr­etär ins Gesundheit­sministeri­um und wird nun Minister. „Ich habe 350 Glückwünsc­he allein über WhatsApp bekommen“, erzählt Holetschek am Mittwochna­chmittag. Im neuen Amt wird er jedenfalls nicht daran scheitern, dass er den Ministerpr­äsidenten nicht gut genug kennt. Die beiden sind sich schon bei der Jungen Union begegnet. Damals konnten sie nicht ahnen, wie sich ihre Wege Jahrzehnte später wieder kreuzen würden. Helmut Kustermann

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Foto: Lienert

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