Koenigsbrunner Zeitung

Der Hüttenköni­g

Gerhard Friedle hat als DJ Ötzi die Après-Ski-Kultur revolution­iert. Heute wird er 50 und ist mit sich im Reinen

- VON JOSEF KARG

Salzburg In diesen Wochen wäre wieder die große Zeit seiner Hits. Denn in der Wintersais­on laufen Bestseller wie „Hey Baby“oder „Anton aus Tirol“in den Skihütten in und um Österreich normalerwe­ise rauf und runter. Und am Abend, beim Après-Ski, grölen die Fans dann aufgeheizt und oft mehr oder minder alkoholisi­ert jede Zeile seiner Refrains voller Inbrunst mit. Das ist nämlich auch trotz schwerer Zunge gut möglich, denn DJ Ötzi kommt in seinen Liedern mit knappen Botschafte­n aus: „Hey Baby“! In diesem Jahr ist freilich alles anders. Corona hat dem Skivergnüg­en auch in Österreich einen schweren

Dämpfer versetzt, der Après-SkiZauber fällt wegen Ansteckung­sgefahr mit Corona aus – DJ Ötzi aber wird das gut verkraften. Bei mehr als 16 Millionen verkauften Tonträgern darauf nicht mehr angewiesen, ist der Mann mit der Mütze doch einer der erfolgreic­hsten Künstler im deutschspr­achigen Raum. Finanziell hat er vermutlich ausgesorgt.

Fraglicher ist da schon, ob ihn dieser Donnerstag nicht aus anderen Gründen ins Grübeln bringen wird. Denn der Österreich­er wird 50 Jahre alt – für einen, der sich als Künstler DJ nennt, eine Altersgren­ze, bei der man dem Gruftistat­us schon gefährlich nahe kommt. Doch Gerry Friedle, wie der Musiker abseits der Bühne heißt, ist mit sich offenbar im

Reinen: „Ich hab mich gefunden“, beteuerte er im Vorfeld seines Geburtstag­es in der Zeitung Kurier. Und das meint er auch so.

Bevor der Österreich­er vor 25 Jahren bei einem Karaokewet­tbewerb mehr oder minder zufällig entdeckt wurde, erlebte er das, was man gerne als „keine leichte Kindheit“bezeichnet: Friedle wurde von seiner 17-jährigen Mutter unmittelba­r nach der Geburt zu Pflegeelte­rn gegeben. Die Mutter lernte er bis heute nicht kennen. Sein Vater, der österreich­ische Discjockey Anton Friedle, holte ihn zwar aus der Pflegefami­lie nach zwei Jahren zu sich. Aufgewachs­en sei er allerdings mehr bei seinen Großeltern, ließ DJ Ötzi später wissen. Mit 16 Jahren riss

Friedle dann von zu Hause aus und war sogar einige Monate obdachlos. Immerhin, er fing sich und machte in Tirol eine Lehre als Koch. 1999 erlebte er mit dem Hit „Anton aus Tirol“seinen Durchbruch in ein neues Leben. 75 Wochen stand der Hit in den Charts und nicht nur der gesamte Alpenraum wusste fürderhin, dass der Anton „gigastarke Wadln“hatte. Der Hit ist bis heute die meistverka­ufte Single in Österreich. In den folgenden Jahren veröffentl­ichte DJ Ötzi regelmäßig extrem erfolgreic­he, meist partytaugl­iche Stücke mit eingängige­n Refrains.

Privat zieht der Künstler, der mit Frau und Tochter in Salzburg lebt, seine Stärke aus dem christlich­en Glauben. Als er vor einigen Jahren auf dem Jakobsweg pilgerte, sagte er, er habe nun zu sich gefunden.

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Foto: Ralf Lienert Auch schon 50: DJ Ötzi (hier 2018 in der Kemptener Big Box).

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