Koenigsbrunner Zeitung

Das geht nicht

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger‰allgemeine.de

Wie jedes Jahr war auch dieses Mal am Ende wieder so viel los, dass einiges liegen geblieben ist. Während andere fleißig aufgeräumt haben, sind wir mit den Erledigung­en nicht hinterherg­ekommen. Das Internatio­nale Olympische Komitee hatte sich noch im Dezember versammelt, um unter den Diszipline­n ein wenig auszusorti­eren. Ergebnis: Für die Olympische­n Spiele 2024 in Paris werden unter anderem vier Klassen im Gewichtheb­en, einige Wettbewerb­e im Boxen – und die 50 Kilometer Gehen der Männer gestrichen. Gewichtheb­en und Boxen – nun gut. Aber 50 Kilometer Gehen schmerzt uns gleich zweifach. Zum einen, weil wir bislang im Sportteil mit keiner Zeile darauf hingewiese­n haben, zum anderen, weil damit 2024 unsere größten olympische­n Helden fehlen werden.

Die 50 Kilometer Gehen sind die längste olympische Distanz, die Athleten zu bewältigen haben. Da mögen sich die Zehnkämpfe­r noch so in ihrem Dekathlon sonnen, mehr als 1500 Meter haben sie nicht zu absolviere­n. Dabei dürfen sie rennen so schnell sie können. Der Geher, dem Traber verwandt, muss auf Teufel-komm-raus gehen. Würde er rennen, ginge sich die Sache für ihn, um einen österreich­ischen Geher zu zitieren, nicht aus. Das macht den Geher zum Helden.

Geht 50 Kilometer Höchsttemp­o, ohne dem natürliche­n Drang nachzugebe­n, loszurenne­n. Zugegeben, nicht alle. Mancher möchte dann doch schneller vorwärtsko­mmen, als es die Regeln erlauben, die besagen, dass der Geher immer wenigstens mit einem Fuß auf dem Boden bleiben muss. Tut er das nicht, zieht er die Aufmerksam­keit der Gehrichter auf sich. Regelverst­öße führen im Wiederholu­ngsfall zur Disqualifi­kation.

Entgegen der Vorstellun­g, dass die besten Repräsenta­nten der Sportart aus Ländern kommen müssten, in denen man noch zu Fuß zum Zigaretten­automaten geht, dominieren Russen, Polen, Spanier und Italiener die Disziplin. Die Deutschen watscheln meist hinterher. Aber das wäre egal – solange das 50-km-Gehen seinen Platz in der Leichtathl­etik behielte. Dafür aber ist es nun offenbar zu spät.

Um das Völkchen der Langstreck­engeher nicht gegen sich anstürmen zu lassen, sind Funktionär­e auf den Gedanken verfallen, einen Mixed-Wettbewerb (Staffel) einzuführe­n, verkürzt auf 35 Kilometer.

Ein Skandal! Beim Zeus: Wer würde es wagen, die Marathondi­stanz (42,195 Kilometer) einfach auf 35 Kilometer zu amputieren und daraus einen Staffellau­f zu machen? Gehen ist der individuel­lste Individual­sport, der seine ganze Faszinatio­n erst über die lange Distanz entfaltet. Nirgendwo lässt es sich erträglich­er bügeln als vor dem Fernseher im Angesicht olympische­r Langstreck­en-Geher.

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Foto: Witters Männer‰Gehen.
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