Ein neues Kapitel bei der Union
Merkel und die CSU setzen zum Abschluss auf Harmonie
Berlin Das Verhältnis zwischen CDU und CSU, vor allem das zwischen Kanzlerin Angela Merkel und den Spitzenkräften der kleinen Schwesterpartei, war nicht immer ungetrübt. Als Merkel etwa im Januar 2016 im schneebedeckten Wildbad Kreuth zur Klausur der CSU-Landesgruppe stieß, waren die Rotorblätter ihres Hubschraubers noch nicht zum Stillstand gekommen, da hagelte es schon scharfe Kritik an ihrer Flüchtlingspolitik. Kurz vorher hatte der damalige CSU-Vorsitzende Horst Seehofer die Kanzlerin auf dem CSU-Parteitag in München übel abgemeiert und wie ein Schulmädchen dastehen lassen. In diesem Jahr aber soll das alles vergessen sein. Auch, weil es ein besonderes Jahr ist. Merkel tritt nicht wieder an, und im September sind Bundestagswahlen.
So war es am Donnerstag aller Voraussicht nach die letzte CSULandesgruppenklausur, bei der Merkel zu Gast war. Die Veranstaltung fand pandemiebedingt in Berlin und nicht wie üblich in Bayern statt. Merkel wurde live dazugeschaltet und konnte sich zunächst viel Lob von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt anhören. Der hatte sich zusammen mit CSUChef Markus Söder schon zum Auftakt tags zuvor geradezu in eine Kuschelorgie hineingesteigert und das Binnenverhältnis zwischen CDU und CSU in den schillerndsten Farben gemalt. Söder wiederum hat mittlerweile aus der Klatsche für seine Christsozialen bei der Bundestagswahl 2017 die Lehren gezogen, als die Wähler den Dauerkrach mit der Schwesterpartei um die richtige Flüchtlingspolitik nicht goutierten.
Merkel ist ihrerseits offenbar auch gewillt, das Kriegsbeil zu begraben. Das zwischen ihr und der CSU sei „ein lebendiges Buch geworden über die vielen Jahre. Mit verschiedenen Kapiteln“, schmunzelte die Kanzlerin und verwies auf das Happy End: „Das Kapitel, das wir seit geraumer Zeit gestalten, ist das Kapitel der Gemeinsamkeit und – bei allen Unterschieden – auch der Versuch des gemeinsamen Verständnisses.“Es handele sich um ein Kapitel, „bei dem wir durchaus auch aus der Vergangenheit gelernt haben“, ergänzte die ehemalige CDU-Chefin. Dass es womöglich doch nicht so ganz rund läuft, zeigte hingegen Merkels nächste Bemerkung. Als sie ein Wort suchte, das ihre Zusammenarbeit mit der CSU in München und im Bundestag beschreiben sollte, hatte sie eine ungewöhnlich lange Wortfindungsstörung. Von einer „sehr erfolgsbringenden oder resultatsbringenden Zusammenarbeit, in der wir viel geschafft haben“, sprach sie dann.
Dobrindt konnte anschließend noch Bundesbank-Chef Jens Weidmann zur Klausur begrüßen, auf der auch diesmal zahlreiche Beschlüsse verabschiedet wurden: Die CSU im Bundestag setzt sich unter anderem für einen Elterngeld-Bonus, die Schaffung einer Universitätsklinik des Bundes und eine neue Truppengattung „Drohnen- und Flugabwehr“bei der Bundeswehr ein. Was davon den Wahlkampf überdauert und zum Regierungshandeln wird, bleibt freilich abzuwarten.