Curevac hofft auf Zulassung seines Impfstoffs im Sommer
Das Vakzin des Tübinger Unternehmens befindet sich in der klinischen Testphase. Jetzt hat die Firma einen Kooperationsvertrag mit Bayer abgeschlossen. Der Pharma-Riese hat zugesagt, auch die Herstellung des Mittels zu prüfen
Augsburg Das Prinzip ist nicht neu: Mittelständische Biotech-Firmen suchen sich starke Partner, um die Zulassung, aber auch die Herstellung ihres Impfstoffes zu beschleunigen und effektiver zu gestalten. „Unsere Idee – eure Erfahrung und Marktmacht“, so das Konzept. Eine Strategie, die in Zeiten der CoronaPandemie auf der Hand liegt. Schließlich sprengt die weltweite, fast verzweifelte Nachfrage nach Corona-Impfstoffen jede bekannte Dimension. Auch Curevac verfolgt diesen Weg. Das Tübinger Unternehmen arbeitet bereits mit Wacker Chemie in München und Fareva mit Sitz in Luxemburg zusammen. Nun kommt ein zusätzlicher Partner hinzu, der ganz neue Perspektiven eröffnen könnte: Curevac und der Pharma-Riese Bayer haben einen Kooperations- und Servicevertrag geschlossen.
Eine Meldung, die in ganz Europa auf Interesse gestoßen sein dürfte. Schließlich hatte die EU 225 Millionen Impfdosen bei Curevac bestellt, mit einer Option auf 180 Millionen weitere Einheiten – mit insgesamt 405 Millionen Dosen das größte Auftragspaket, das Brüssel mit einer
Biotech-Firma ausgehandelt hat. Große Erwartungen setzt auch die Bundesregierung in das Projekt – zumal die bundeseigene Förderbank KfW im Sommer mit 300 Millionen Euro bei Curevac eingestiegen ist.
Bei dem Präparat von Curevac handelt es sich – wie bei den Produkten von Biontech und der USFirma Moderna – um einen hochmodernen, aber relativ teuren mRNA-Impfstoff, der genetische Informationen des Erregers enthält, aus denen Körperzellen ein Virusprotein herstellen.
Allerdings hat das Curevac-Vakzin CVnCoV noch nicht alle Hürden genommen. Derzeit läuft die dritte Phase mit klinischen Tests. „Wir hoffen, dass wir Ende des ersten Quartals wissen, wie hoch der Wirksamkeitsgrad unseres Impfstoffes ist. Danach könnte die zuständige europäische Behörde EMA den Zulassungsprozess starten“, sagte Sarah Fakih von Curevac Anfang der Woche. Am Donnerstag gab es aus Tübingen eine erste Prognose, was die Marktreife des Vakzins betrifft: „Wir hoffen, dass unser Impfstoff Mitte des laufenden Jahres oder im dritten Quartal zugelassen wird und eingesetzt werden kann. Um dieses Ziel zu erreichen, ist Bayer mit seiner riesigen Erfahrung in den Bereichen Chemie und Pharma der perfekte Partner für uns“, sagte Curevac-Pressesprecher Thorsten Schüller unserer Redaktion. In der Tat hat Bayer mit seinen mehr als 100000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 43,5 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2019 ein beeindruckendes Potenzial – auch was die
Produktionskapazitäten betrifft. Natürlich ist Curevac – wie zuvor der Mainzer Konkurrent Biontech – bestrebt, auf eine rasche Produktionssteigerung nach einer Zulassung vorbereitet zu sein. Dieses Ziel soll durch Anlagen im eigenen Haus sowie durch externe Partner erreicht werden. Ob Bayer sich an der Herstellung beteiligt, ist noch nicht geklärt: „Eine Produktion unseres Impfstoffs ist nicht Teil des aktuellen Kooperationsvertrags. Aber das Unternehmen hat zugesagt zu prüfen, ob es möglich wäre, das Vakzin in seinen Produktionsanlagen herzustellen“, erklärte Schüller.
Unabhängig davon umfasst die jetzt festgeschriebene Zusammenarbeit den Zulassungsprozess, die Erstellung einer effektiven Lieferkette für die Produktion, aber auch die langfristige Beobachtung der Effektivität und Qualität des Impfstoffes nach der Zulassung. Ein weiterer Punkt ist Schüller wichtig: „Bayer hilft uns auch beim Transfer von Technologie. Das ist wichtig, wenn wir die Herstellung, die ja bereits in unserem Haus läuft, auf externe Standorte übertragen – ein äußerst komplexer Prozess.“
Ebenfalls geregelt ist in dem Vertrag, dass Curevac Inhaber der Marktzulassung für das Präparat bleibt. Das betrifft die Aktivitäten in den EU-Ländern und weiteren „ausgewählten“ausländischen Staaten, wie es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der neuen Partner heißt. Im Gegenzug erhält der weltweit aktive Konzern Bayer die Option, Inhaber von Marktzulassungen außerhalb Europas zu werden.