Koenigsbrunner Zeitung

Airbnb für Lastwagen

Fernfahrer haben es am Ende ihrer Tour immer schwerer, einen Parkplatz zu finden. Die Rasthöfe sind überfüllt. Es gibt zwar Alternativ­en, die die Lage verbessern. Eine Lösung verspricht letztlich aber nur ein veränderte­s Konsumverh­alten

- Marco Krefting, dpa

Stuttgart/Wiesbaden Das Grauen jedes Fernfahrer­s ist, wenn er weiß, er kriegt keinen Parkplatz. Die Folgen sind nicht nur für die Betroffene­n relevant, die Lenkzeiten einhalten müssen: Gestresste oder übermüdete Trucker verursache­n leichter Unfälle. Und wild abgestellt­e Lkw sind ebenfalls ein Risiko.

Parkplatzn­ot ist für die Branche seit Jahren ein großes Problem. In Zahlen ausgedrück­t: Im vergangene­n Jahr gab es nach Daten des Kraftfahrt­bundesamts fast 3,3 Millionen Lastwagen in Deutschlan­d (Stand 1. Januar) – im Vergleich zum Vorjahr vier Prozent mehr. Laut Kravag Truck Parking fehlen pro Nacht mehr als 20 000 Parkplätze an den deutschen Autobahnen. Dirk Engelhardt, Vorstandss­precher des Bundesverb­ands Güterkraft­verkehr Logistik und Entsorgung (BGL), geht sogar von 30000 bis 35000 aus. Die vorhandene­n Parkplätze seien mit in der Spitze bis zu 290 Prozent deutlich überlastet. „Die Fahrzeuge stehen dann kreuz und quer.“

Ein Ansatz zur Lösung ist, dass Firmen ihre Gelände als Stellfläch­e anbieten. Das Verkehrsmi­nisterium Baden-Württember­g zum Beispiel hat bei einer Umfrage unter Unternehme­n und Privatleut­en acht mögliche Flächen im Land ausgemacht, die zu Stellplätz­en werden könnten. Bei einem Gespräch mit dem Bundesverk­ehrsminist­erium solle die neue Autobahn GmbH noch im Januar mögliche Pilotproje­kte übernehmen. Das Bundesmini­sterium hatte jüngst Pläne veröffentl­icht, wonach der Bau neuer Lkw-Parkplätze an Autobahnen vor allem durch private Investoren über vier Jahre mit insgesamt 90 Millionen Euro gefördert werden soll. Ziel ist ein Förderstar­t noch im ersten Halbjahr 2021.

Das Modell gibt es auch schon: Betriebe bieten ihr Areal anderen Unternehme­n an, die ihre Lkw dort nachts abstellen können. Ein junger Anbieter für die Vermittlun­g ist Kravag Truck Parking, ein Projekt der Wiesbadene­r R+V Versicheru­ng. Seit Juni können Fahrer oder ihre Arbeitgebe­r per App Parkplätze reserviere­n, wie Co-Projektlei­ter Tim Baumeister erklärt. Sieben Euro koste ein Platz – davon gingen fünf an das Unternehme­n, das den Parkplatz anbietet, und zwei an Kravag fürs Vermitteln. Knapp 30 Standorte gibt es schon, über 200 sollen es werden.

Noch gebe es zwar nicht jede Nacht etliche Buchungen, sagte Baumeister. „Aber es ist im Werden. Der Markt entwickelt sich.“Ein anderer Anbieter ist Bosch Secure Truck Parking mit einem Netzwerk aus rund 50 Lkw-Plätzen in Deutschlan­d, Österreich, Belgien, Frankreich, Luxemburg und den Niederland­en.

Neue Stellplätz­e zu errichten kostet laut BGL-Experte Engelhardt im Schnitt 50000 bis 60000 Euro. Ein vorhandene­s Betriebsge­lände aufzurüste­n sei mit rund 21000 Euro deutlich günstiger. Das Ganze sei auch vor dem Hintergrun­d wichtig, dass die Bahn derzeit gar nicht in der Lage sei, alle Güter zu transporti­eren – was sich angesichts des Kaufverhal­tens der Menschen auch nicht ändern werde. „Wollen wir uns dieses Konsumverh­alten weiter leisten, müssen wir uns als Bundesrepu­blik zum Lastwagen bekennen.“Jedoch scheiterte­n die Parkplatz-Vorhaben weniger an Investitio­nen, so Engelhardt. Vielmehr wehrten sich immer wieder Bürgerinit­iativen gegen solche Projekte.

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Foto: dpa Wo parken? Die Frage ist für Trucker im‰ mer schwerer zu beantworte­n.

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