Koenigsbrunner Zeitung

Alben des Jahres 2020

Die Endabrechn­ung der Kritiker

- VON WOLFGANG SCHÜTZ

Das neue Werk von AC/DC, das meistverka­ufte in Deutschlan­d; der Preis der deutschen Schallplat­tenkritik für die Neue von Bob Dylan; und der erfolgreic­hste Song hier und im Rest der Welt-Charts mit „Blinding Lights“von The Weekend, Synthie-Pop wie am Übergang der 80er zu den 90ern … Ja, es gibt prominente Gründe zu denken, das Corona-Jahr habe nicht unbedingt einen Schub an Innovation gebracht. Aber gleich mit Scooters „FCK 2020“grölen? Nö. Dass es tatsächlic­h reichlich zu entdecken gab, zeigen die weltweiten Endabrechn­ungen der Kritiker.

Nein, gemeint ist nicht, dass die gleich doppelt mit neuen Alben hervorgetr­etene Taylor Swift in Songwriter-Manier den Kampf um den Pop-Prinzessin­nen-Thron des Jahres gegen Miley Cyrus, Ariana Grande und Lady Gaga gewonnen hat. Gemeint ist wirklich Spannendes! Zum Beispiel, dass die spärlich veröffentl­ichende, aber dann immer herrliche Indie-Göttin Fiona Apple mit „Fetch The Bolt Cutters“die Gesamtwert­ung gewonnen hat. Bei albumofthe­year.org, wo alle Fachkritik­ernoten zusammenge­zählt werden. Das unangefoch­ten beste Rap-Album des Jahres ist auch dort übrigens das politisch bewegte und vor allem durch Oldschool-Qualitäten überzeugen­de vierte von Run The Jewels. Eine der Entdeckung­en und zugleich eines der Mysterien des Jahres 2020 aber heißt Sault. Das Kollektiv aus London, von dem es keine Fotos und keine Interviews gibt, das nicht live auftritt und auch sonst anonym geblieben ist, hat gleich zwei Alben raus- und damit viele umgehauen.

Neo-Soul könnte man das nennen. Da gibt es Hits wie „Free“(vergleichb­ar „Unifinishe­d Sympathy“von Massive Attack), schwarze Cover mit lediglich einem Silberscha­tten (auf dem einen eine Hand mit Faust zum Solidaritä­tskampf, auf dem anderen zwei Hände aneinander­gelegt, betend) und immensen politische­n Impetus. Bei den Magazinen Europas landeten sie damit ganz vorne, bei Kollegen des BR-Zündfunk erstmals in dessen Geschichte gleich mit beiden Alben auf den ersten beiden Plätzen und mit „Wildfires“auch mit dem Song des Jahres. Der neue meistgespi­elte Song auf Youtube ist aber freilich ganz was anderes: Mit über 7,6 Milliarden Klicks hat der Kindertanz­Spaß „Baby Shark“von PinkFong „Despacito“überholt, unfassbar!

Nein, so kann man nicht aufhören. Darum noch ein letzter deutscher Lichtblick aus 2020. Bei der hiesigen Jury der Schallplat­tenkritik einen Jahresprei­s abgeräumt haben nämlich die Düsseldorf Düsterboys mit ihrem tatsächlic­h sehr starken Debüt „Nenn mich Musik“. Das kann man hier dann eben auch.

(Smi, Sony)

(Forever Living Org.)

(BMG/Warner)

(Staatsakt)

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Düsseldorf Düster‰ boys: Nenn mich Musik
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Sault: Untitled (Black Is)
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Fiona Apple: Fetch The Bolt Cutters
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Run The Jewels: RTJ 4

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