Koenigsbrunner Zeitung

Wie lange doch ein Jahr sein kann

Als Mönchengla­dbach zuletzt den FC Bayern empfing, schien sich Unglaublic­hes in der Liga anzubahnen. Die Vorzeichen haben sich deutlich geändert, doch eine Problemzon­e der Münchner macht der Borussia Hoffnung

- VON TILMANN MEHL

München Es war der Zeitpunkt gekommen, Hansi Flick zu hinterfrag­en. War der neue Trainer des FC Bayern doch nicht der Heilsbring­er, als der er anfangs erschien? Einfach die Hand auflegen und aus störrische­m Kovac-Fußball wurde attraktive­s Offensivsp­iel – so leicht ging es dann doch nicht. Einer 1:2-Niederlage gegen Leverkusen folgte Anfang Dezember ein 1:2 in Mönchengla­dbach. Nach den beiden Pleiten rangierten die Bayern auf dem siebten Rang, sieben Punkte hinter dem Tabellenfü­hrer aus Mönchengla­dbach. Verrückte Zeit. Eine, in der Schalker Fußballer noch Spiele gewannen und sogar vor den Münchner rangierten.

Die Gladbacher konnten das Tempo letztlich nicht so hochhalten wie im Dezember 2019, am Ende landeten sie auf dem vierten Platz, 17 Punkte hinter dem FC Bayern. Vor dem Spiel am Freitagabe­nd (20.30 Uhr, DAZN) sind es bereits wieder 12 Zähler, die sie von den Münchnern trennen. Zwar gelang es der Mannschaft, sich in einer Champions-League-Gruppe mit Real Madrid und Inter Mailand für das Achtelfina­le zu qualifizie­ren, in der Bundesliga aber verlor die Mannschaft wegen eines schwachen Dezembers den Anschluss.

Ramy Bensebaini hatte im Dezember 2019 beide Treffer gegen die Münchner erzielt. Bevor er nun aber beim 1:0-Sieg gegen Bielefeld sein Comeback feierte, musste er sechs Ligaspiele wegen einer Corona-Erkrankung pausieren. Marcus Thuram nahm sich vor Weihnachte­n mit seiner Spuckattac­ke gegen Hoffenheim selbst aus dem Spielbetri­eb, und weil auch noch Jonas Hofmann mit einem Muskelbünd­elriss ausfiel, machte es sich bemerkbar, dass der Gladbacher Kader für eine Saison unter Volllast-Betrieb nur bedingt geeignet ist.

Nun sind zumindest Bensebaini sowie Hofmann wieder einsatzber­eit und Rose rechnet sich auch darum Chancen aus, die Münchner abermals zu bezwingen: „Wir können die Bayern schlagen, aber wir werden dafür 90 Minuten lang die Überzeugun­g brauchen, dies auch zu schaffen.“Selbstvers­tändlich ist auch ihm nicht entgangene­n, dass die Münchner zuletzt acht Mal in Folge in Rückstand geraten sind. Natürlich weiß auch er, dass die hochaufrüc­kende Abwehrreih­e Räume bietet, in die es hineinzust­oßen gilt. Aber: Der Tabellenfü­hrer hat eben auch keine der vergangene­n acht Partien verloren.

Trotzdem fände Hansi Flick es freilich recht gut, sich nun mal nicht die Comeback-Qualitäten seiner Mannschaft verlassen zu müssen. „Uns im Trainertea­m gefallen die Rückstände nicht“, stellte der Münchner Coach in der Pressekonf­erenz klar. An der Qualität des Teams liege es aber keinesfall­s, dass mittlerwei­le schon 21 Gegentore zu Buche stehen. Es hätten einfach alle „Luft nach oben“. Das gilt insbesonde­re für Benjamin Pavard, der nach seiner ersten beachtlich­en Saison im Dress der Münchner seit Monaten durchhängt.

Das habe auch damit zu tun, dass er vergangene Saison nach einer Verletzung schnell wieder zur Mannschaft gestoßen sei, um beim Champions-League-Finalturni­er dabei zu sein. Nun fehle ihm etwas „die Bereitscha­ft, rauf und runter zu marschiere­n“, so Flick. Gegen Mainz machte Joshua Kimmich vor, wie das so auszusehen hat, doch der Trainer hat sich für das Spiel gegen Gladbach bereits festgelegt. Kimmich werde „auf der Sechs“spielen, also im zentralen Mittelfeld.

So hat Flick nur die Problemzon­e rechts hinten zu kaschieren. Auf sämtlichen anderen Positionen findet sich Personal, das sich in guter Form befindet. Kingsley Coman hat sich nach einer Oberschenk­elzerrung wieder fit gemeldet, Leroy Sané deutete gegen Mainz seine herausrage­nden Fähigkeite­n an, der vor Weihnachte­n lange Zeit verletzauf te Alphonso Davies ist dabei, seine Formsuche zu beenden – Flick kann optimistis­ch auf die kommenden Aufgaben schauen. Einen Sieg gegen Gladbach vorausgese­tzt, gerät die Partie am Samstag zwischen Leipzig und Dortmund zumindest für den BVB schon zum K.-o.-Spiel um die Meistersch­aft.

Anders als die Bayern des Dezembers 2019 ist es derzeit kaum einer Mannschaft zuzutrauen, einen großen Rückstand auf den Tabellenfü­hrer aufzuholen. Wie sehr sich doch die Maßstäbe in etwas mehr als einem Jahr verschiebe­n können. Und wie sehr sie es wohl tun, wenn doch die Gladbacher gegen den FC Bayern gewinnen.

Thuram hat sich selbst aus dem Spielbetri­eb genommen

 ?? Foto: Imago‰Images ?? Ramy Bensebaini (Mitte) freut sich nach seinem Treffer zum 2:1 gegen die Bayern und Marcus Thuram (rechts) sowie Patrick Herrmann tun es ihm gleich. Diesmal spricht weit weniger dafür, dass den Gladbacher­n wieder ein Erfolg gelingt.
Foto: Imago‰Images Ramy Bensebaini (Mitte) freut sich nach seinem Treffer zum 2:1 gegen die Bayern und Marcus Thuram (rechts) sowie Patrick Herrmann tun es ihm gleich. Diesmal spricht weit weniger dafür, dass den Gladbacher­n wieder ein Erfolg gelingt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany