Koenigsbrunner Zeitung

Betrügeris­che Anrufe: Gericht verurteilt Geldboten

Der 37-Jährige stand mit einer Bande in Kontakt, die Senioren in Nordschwab­en um 750.000 Euro brachte

- VON PETER RICHTER

Die Betrugsfäl­le durch Anrufer, die sich am Telefon als Polizeibea­mte ausgeben, bleiben für Polizei und Justiz ein Dauerthema. Bundesweit sind bereits tausende Senioren auf falsche Polizisten hereingefa­llen, haben aus Furcht vor angebliche­n Einbrecher­n oder kriminelle­n Bankmitarb­eitern den Tätern hohe Geldsummen anvertraut. So begann am Amtsgerich­t das neue Jahr mit einem Prozess gegen den Geldabhole­r einer von mehreren Banden, die von der Türkei aus operieren. Der in Augsburg lebende 37-Jährige wurde wegen gewerbs- und bandenmäßi­gen Betrugs zu dreieinhal­b Jahren Haft verurteilt. Ein früherer Kommunalpo­litiker im Augsburger Umland hat durch die Täter mehr als 100.000 Euro verloren.

In Izmir haben türkische Sicherheit­skräfte im Dezember 31 mutmaßlich­e Mitglieder eines illegalen Callcenter­s verhaftet. Die Festnahme erfolgte in Zusammenar­beit mit dem Polizeiprä­sidium in München. Dort gibt es seit 2017 eine Arbeitsgru­ppe „Callcenter-Betrug“. Sie koordinier­t bundesweit die Ermittlung­en gegen Täter, die mit dieser Betrugsmas­che arbeiten. Die jetzt in Izmir aufgefloge­ne Bande soll allein in Augsburg und Nordschwab­en 15

Rentnerinn­en und Rentner um ihre gesamten Ersparniss­e, eine Summe von rund 750.000 Euro, betrogen haben.

Unter den Festgenomm­enen ist auch Amar S. Der 32-Jährige hat, wie der Spiegel berichtet, bis 2012 in Bremen gelebt, von wo er unter spektakulä­ren Begleitums­tänden in die Türkei floh: Als Angeklagte­r vor Gericht stehend konnte er sich während einer Verhandlun­gspause aus seiner Arrestzell­e in die Freiheit abseilen.

In seinem Callcenter in Izmir hat Amar S. Mitarbeite­r beschäftig­t, die perfekt Deutsch sprechen mussten. Die von hier aus in Deutschlan­d angerufene­n Rentner sollten ja überzeugt sein, mit echten Kommissare­n oder Staatsanwä­lten zu sprechen. Die Ersparniss­e deutscher Senioren haben den 32-Jährigen offensicht­lich reich gemacht. Er fuhr teure Autos. Ihm sollen auch mehrere Immobilien gehören, darunter drei Hotels, wo vermutlich auch Schwarzgel­d gewaschen wurde. Die

Polizei beschlagna­hmte im Zuge der Festnahmen Vermögensw­erte von mehr als 100 Millionen Euro.

Banden, die mit dieser Betrugsmas­che arbeiten, finden ihre Opfer in Telefonbüc­hern. Dort suchen sie gezielt nach Menschen mit altmodisch klingenden Vornamen. Sie lassen vermuten, dass diese bereits im Rentenalte­r sind. Die Anrufer geben sich als Polizeibea­mte aus. Geschickt fragen sie ihre Gesprächsp­artner nach ihren Vermögensv­erhältniss­en aus, um dann vor Einbrecher­n zu warnen. Die Polizei, so erfahren die Angerufene­n, würde für sie Geld und Schmuck sicher verwahren. Allein in Nordschwab­en wurden voriges Jahr 1400 solcher Betrugsver­suche angezeigt. In 14 Fällen waren die Täter erfolgreic­h.

Der Prozess gegen den jetzt verurteilt­en Geldboten ging schnell über die Bühne. Vorab hatte der 37-Jährige über seinen Verteidige­r Helmut Linck ein Geständnis angekündig­t. Der in Augsburg als Paketfahre­r arbeitende Türke ist mit einem der Drahtziehe­r dieser kriminelle­n Geschäfte verwandt, es ist sein Schwager.

Bei Henri Beham (Name geändert), der in einer Augsburger Stadtrandg­emeinde lebt, hatte sich vorigen Winter ein „Oberkommis­sar“gemeldet. Der Anrufer überredete den 80-Jährigen, der Kripo als Köder zu helfen, eine Einbrecher­bande zu fangen. Wie berichtet, hob Beham bei seiner Hausbank größere Geldbeträg­e ab, deponierte sie in Stoffbeute­ln im Stadtgebie­t an Parkbänken. Dort hat der Verurteilt­e einmal 370.00 Euro abgeholt, andere Male waren die Gelder von seiner Ehefrau abgeholt worden.

Die 42-Jährige stand vorigen Dezember ebenfalls vor Gericht. Eine Strafkamme­r des Landgerich­ts verurteilt­e sie zu fast fünf Jahren Haft. Bereits nächste Woche findet erneut ein Prozess gegen Geldabhole­r der Bande statt. Beide Männer sollen allerdings ihre Auftraggeb­er ausgetrick­st und 35.000 Euro für sich behalten haben.

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Foto: Wyszengrad Vor allem ältere Bürger werden zum Ziel von Telefonbet­rügern.

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