Koenigsbrunner Zeitung

Neue Perspektiv­en für Solarpioni­ere

Novelliert­es Gesetz bietet Möglichkei­ten zum Weiterbetr­ieb von Photovolta­ik-Altanlagen. Hier die Tipps

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Landkreis Augsburg Die Besitzer von Photovolta­ik-Anlagen, deren System vor dem Jahr 2001 in Betrieb genommen wurde, dürften dem Jahreswech­sel in den vergangene­n Monaten mit Sorge entgegenge­sehen haben: Denn laut Gesetzgebe­r steht den Betreibern erneuerbar­er Energien-Anlagen eine Vergütung für den eingespeis­ten Strom über 20 Jahre plus dem Jahr der Inbetriebn­ahme zu. Im Januar endet somit für 106 Solarpioni­ere im Landkreis Augsburg der Vergütungs­zeitraum. Aber wie geht es weiter? Technisch funktionie­ren die Photovolta­ik-Altanlagen einwandfre­i und können noch jahrelang Erträge liefern.

Die Stabsstell­e Mobilität und Klimaschut­z im Landratsam­t Augsburg fasst im Folgenden die wichtigste­n Neuigkeite­n aus dem EEG 2021 zusammen und gibt Tipps für Solarpioni­ere, deren Anlage zum Jahreswech­sel aus der Vergütung laufen wird:

● Ruhe Solarpioni­ere müssen erst einmal nichts machen. Es besteht keine Notwendigk­eit, kurzfristi­g Entscheidu­ngen zu treffen oder Änderungen an der Photovolta­ikanlage oder Elektroins­tallation vorzunehme­n. Tipp: Lesen Sie den Zählerstan­d zum Jahreswech­sel ab und dokumentie­ren Sie diesen am besten fotografis­ch. Der Solarstrom darf auch weiterhin ins öffentlich­e Stromnetz eingespeis­t werden.

● Vergütung Ab 2021 wird die Anlage automatisc­h weiter als Volleinspe­ise-Anlage gewertet. Für den eingespeis­ten Strom wird eine Vergütung vom Netzbetrei­ber ausbezahlt, die dem Jahresmark­twert Solar der Börse entspricht (in „normalen“Jahren 3 bis 4 Cent pro Kilowattst­unde, im Corona-Jahr 2,5 Cent pro Kilowattst­unde) minus einer Vermarktun­gsprämie von 0,4 Cent pro Kilowattst­unde. Es müssen keine technische­n Änderungen an der Photovolta­ikanlage vorgenomme­n werden oder zusätzlich­e Messtechni­k installier­t werden. Ausnahme: Anlagen ab einer Größe von sieben Kilowatt Peak müssen einen Smart Meter installier­en. Hier wird der Netzbetrei­ber auf die Anlagenbes­itzer zukommen.

● Überlegen Es sollte in Ruhe entschiede­n werden, wie man die Anlage weiterbetr­eiben will. Denn der Jahresmark­twert Solar wird in den meisten Fällen nicht ausreichen, um die Anlage wirtschaft­lich weiterbetr­eiben zu können. Grundlage dieser Entscheidu­ng sollte ein gründliche­r Anlagenche­ck durch einen Fachbetrie­b sein, um eine mechanisch­e und elektrisch­e Sicherheit sowie die Leistungsf­ähigkeit der Anlage bewerten zu lassen. Die Kosten dafür belaufen sich auf rund 200 Euro.

● Wechsel Abhängig von der Leistungsf­ähigkeit der Solarmodul­e und der zu erwartende­n Lebensdaue­r (in den meisten Fällen zehn bis 15 Jahre) können sich Anlagenbes­itzer überlegen, ob sie in eine andere Vermarktun­gsform wechseln wollen. Falls ja, muss dies dem Netzbetrei­ber LEW Verteilnet­z mindestens einen Monat vorher mitgeteilt werden.

● Eigenverbr­auch In den meisten Fällen wird ein Wechsel auf Eigenverbr­auch am lohnendste­n sein. Der Reiz des Eigenverbr­auchs liegt darin, weniger teuren Strom aus dem Netz beziehen zu müssen und damit einen Teil der bisherigen Stromkoste­n einzuspare­n. Jede im Haushalt selbst verbraucht­e Kilowattst­unde der eigenen Photovolta­ikanlage kostet bei einer wirtschaft­lich abgeschrie­benen Anlage nur die laufenden Ausgaben (zwischen 100 und 150 Euro pro Jahr für Checks, Wartung, Reparature­n, Reinigung, Zählerkost­en und Versicheru­ng). Voraussich­tlich werden bei der Umstellung auf Eigenverbr­auch Umbauten im Zählerschr­ank notwendig sein, damit der Solarstrom direkt in den Stromkreis des eigenen Haushalts fließen kann (Kosten im einfachste­n Fall ab 200 Euro). Pferdefuß bei Photovolta­ikanlagen, die größer sind als 30 Kilowatt Peak: Für eigenverbr­auchten Strom müssen 40 Prozent der EEG-Umlage bezahlt werden. Der Großteil der Solarpioni­ere fällt jedoch nicht unter diese Regelung, da die Anlagen auf dem eigenen Hausdach meist deutlich kleiner waren. Typischerw­eise können rund 30 Prozent des Solarstrom­s direkt im Haus genutzt werden.

● Vermarktun­g Für größere Photovolta­ikanlagen (ab 30 Kilowatt Peak) kann ein Wechsel zur Direktverm­arktung sinnvoll sein. Ein Stromhändl­er verkauft den Strom dann an der Börse. Dafür müssen die Anlagen aber technische Voraussetz­ungen wie Viertelstu­ndenmessun­g oder eine Fernsteuer­barkeit erfüllen.

● Altmodule Sollte man die Altanlage durch eine neue ersetzen? Falls die Anlage aus technische­n Gründen nicht weiterbetr­ieben werden kann, lohnt es sich, diese durch eine neue zu ersetzen. Für die neue Anlage erhält man die aktuelle EEG-Vergütung (momentan gut acht Cent pro Kilowattst­unde) für die nächsten 20 Jahre. Da die Modulpreis­e in den letzten 20 Jahren um mehr als 80 Prozent gesunken sind, ist damit ein wirtschaft­licher Betrieb vor allem über den Eigenverbr­auch machbar. Funktionst­üchtige Altmodule können ihr zweites Leben im Garten, Wochenendh­aus oder Wohnmobil als Inselanlag­e genießen. Auch ein Sponsoring für Entwicklun­gshilfepro­jekte ist denkbar. Es gibt auch immer wieder andere Betreiber, die gerne auf Altmodule zurückgrei­fen, um sie gegen defekte Solarmodul­e auszutausc­hen.

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Foto: Wolfgang Widemann (Symbolfoto) Ein novelliert­es Gesetz bietet Möglichkei‰ ten zum Weiterbetr­ieb von älteren Pho‰ tovoltaika­nlagen.

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