Koenigsbrunner Zeitung

Landmensch und Schdodara

- VON JOSEF KARG jok@augsburger‰allgemeine.de

Der Stadtmensc­h, im tiefen oberbayeri­schen Süden lautsprach­lich Schdodara genannt, gehört gerade in den ländlichen Gebieten des Freistaats zu einer nicht überall geschätzte­n Spezies Mensch. Im Gegenteil: Er hat ähnlich niedrige Beliebthei­tswerte wie der Preuße jenseits des Weißwurstä­quators. Oder der 60er-Fan beim FC-Bayern-Anhänger. Das ist erst einmal nichts Neues. Denn Animosität­en zwischen diesen beiden Bevölkerun­gsteilen sind in Bayern relativ ausgeprägt, so lange man denken kann.

Bewohner von Großstädte­n wie München oder Augsburg wiederum belächeln die Landbevölk­erung, – gerade wenn die mit dem Automobil suchend durch den Großstadts­traßendsch­ungel kreuzt. Kennzeiche­n wie EBE, MB oder RO haben in München einen ähnlichen Ruf wie AIC, KF oder OAL in Augsburg.

Der Großstädte­r wiederum, wenn er Ausgleich suchend am Wochenende in die bayerische­n Erholungsg­ebiete strömt, wird von den dort lebenden Menschen oft nur widerstreb­end toleriert, weil er die dortige Tourismusw­irtschaft ankurbelt. Einen Höhepunkt dieser unterkühlt­en Beziehung zwischen städtische­r und Landbevölk­erung offenbart sich in diesen Wintertage­n. Der Landkreis Miesbach, das Berchtesga­dener Land, Deggendorf, Freyung-Grafenau, Regen und Cham wollen – oder tun es bereits – künftig die „Grenzen“für Tagesausfl­ügler aus der Stadt dichtmache­n, wie immer das auch aussehen soll.

Trotz Corona-Pandemie – meinen die Landler das ernst? Sie sollten bedenken: Es gibt auch eine Zeit nach Corona und dann ist man vielleicht wieder froh um die ungeliebte­n Schdodara, die wieder Kassen füllen sollen. So strikte Abgrenzung hat noch selten einer Beziehung gutgetan.

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