Ansturm auf FFP2Masken im Landkreis
Auf dem Gelände der Firma Siegmund in Oberottmarshausen stehen Autofahrer Schlange, um Schutzmasken zu ergattern. Ein Online-Händler kommt mit Bestellungen nicht mehr hinterher
Landkreis Augsburg Auf dem Gelände der Firma Siegmund in Oberottmarshausen stehen Dutzende Autos Schlange. Ein Kunde nach dem anderen fährt zum Werksverkauf – in der Hoffnung, noch eine Packung der begehrten FFP2-Masken zu ergattern. „Wir haben von zwei auf fünf Verkaufsstellen aufgerüstet, um der Nachfrage gerecht zu werden“, teilt Firmenchef Bernd Siegmund auf Nachfrage schriftlich mit. Bislang sei noch niemand ohne Maske weggeschickt worden.
Von Montag an sind FFP2-Masken beim Einkaufen sowie im öffentlichen Nahverkehr in Bayern Pflicht. Das hat die Staatsregierung am Dienstag beschlossen. In vielen Geschäften im Landkreis Augsburg waren die Schutzmasken schlagartig ausverkauft, im Internet werden inzwischen teils horrende Preise verlangt.
Auch die Firma Siegmund in Oberottmarshausen kann sich vor Anfragen kaum retten. Tatsächlich werden wir seit Bekanntwerden mit Aufträgen überhäuft“, erklärt Siegmund. „Über unseren Online-Shop sind wir nicht mehr in der Lage, alle Kundenanfragen gleichzeitig zu verarbeiten. Auch unsere Telefonleitungen laufen heiß.“
Bis zu 100 Millionen Schutzmasken lässt Siegmund jeden Monat in China produzieren. Damit hat sich der Weltmarktführer im Bereich industrieller Schweiß- und Spanntische zu Beginn der Corona-Krise ein zweites Standbein aufgebaut.
Neben medizinischen Einwegmasken vertreibt das Oberottmarshauser Unternehmen vor allem zertifizierte FFP2- und FFP3-Atemschutzmasken. Zu den größten Abnehmern zählen Krankenhäuser, Altenheime und Apotheken in ganz Deutschland. Aber auch Privatleute können seit dem Frühjahr über den Werksverkauf auf dem Firmengelände an der B17 Schutzmasken beziehen.
Wie lange das noch möglich ist, bleibt abzuwarten. „Wie lange die Bestände reichen, wissen wir nicht“, erklärt Firmenchef Bernd Siegmund. „Aktuell haben wir noch ausreichend Masken auf Lager.“Es seien auch genügend Masken im Vorlauf. Aufgrund der erhöhten Nachfrage könnte sich die Auslieferung jedoch etwas verzögern. Hergestellt in China werden die Schutzmasken per Flugzeug oder Frachtschiff nach Deutschland transportiert. Für die Zertifizierung arbeitet Siegmund mit Prüfstellen in China, Deutschland und der Schweiz zusammen. „Wir hoffen, dass sich die Lage in den nächsten Tagen entspannt“, erklärt Siegmund.
Die hohe Nachfrage bekommt auch Jürgen Paeschke zu spüren. Über seinen Onlineshop verkauft der Untermeitinger die FFP2-Masken von Siegmund auf eBay und Amazon. „Normalerweise gehen bei uns täglich 50 bis 60 Aufträge ein. Am Dienstag waren es über tausend“, sagt Paeschke. Er könne die Bestellungen nur decken, wenn Siegmund die entsprechenden Mengen auf Lager hat.
Mit der Oberottmarshausener Firma hat Paeschke die Vereinbarung, dass er jeden Tag so viele Masken abholen kann, wie er am Vortag verkauft hat. „Viele Händler heben jetzt die Preise an wie damals mit den Desinfektionsmitteln, aber das machen wir nicht“, betont der Untermeitinger. Wegen des enormen Ansturms auf FFP2-Masken weiß er allerdings nicht, ob er die bestellten Mengen bis Montag liefern kann. Er sei kurz davor, den Verkauf vorerst zu stoppen. „Über Amazon gehen die Aufträge gerade im Sekundentakt ein“, sagt Paeschke. Ihn ärgert die Kurzfristigkeit, mit der die FFP2-Maskenpflicht beschlossen wurde. „Es wird am Dienstag ein Gesetz beschlossen, das ab kommenden Montag gilt und es gibt einen Bedarf von 70 Millionen Masken. Wie soll das gehen?“, fragt sich Paeschke. Bei dieser neuen Regel hätten die Politiker nicht nachgedacht. Drei bis vier Wochen Vorlaufzeit wären aus Sicht des Händlers angebracht gewesen. Den jetzigen Ansturm könne man nicht bewältigen. Die Ware werde zu 90 Prozent aus Fernost bezogen und habe eine lange Lieferzeit. Wenn sie mit dem Flugzeug kommt, koste sie das Doppelte. Die Ankündigung der Staatsregierung bringe die Händler in eine schwierige Situation.
Auch beim weltweit größten Onlineversandhändler Amazon ist die Nachfrage nach FFP2-Masken seit Dienstag gestiegen. Händler, die ihre Waren über die Plattform vertreiben, haben die Preise teils deutlich angehoben. Ob und wie viele Schutzmasken im Amazon-Verteilzentrum in Graben lagern, dazu macht der Versandriese auf Nachfrage allerdings keine Angaben.
Auch in der Paracelsus-Apotheke in Schwabmünchen war die Anfrage nach FFP2-Masken am Mittwoch hoch. Auf Nachfrage heißt es, man habe noch ausreichend Masken auf Vorrat. Nach dem Ansturm auf FFP2-Masken im Dezember – Menschen über 60 Jahre konnten drei Masken kostenlos beziehen – habe man sich auf einen erhöhten Bedarf vorbereitet. Sollte der Bestand knapp werden, werde man zeitnah reagieren und zusätzliche Schutzmasken bestellen.
Ähnlich sieht es in der St. Wendelin-Apotheke in Bobingen aus. „Wir haben uns gut eingedeckt mit FFP2-Masken“, sagt Leiter Thomas Stehle. Trotz der knappen Vorlaufzeit und der damit verbundenen hohen Nachfrage hält der Apotheker die FFP2-Maskenpflicht für sinnvoll. „Die Maske filtert 94 Prozent der Viren und bietet gerade beim Einkaufen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln einen höheren Schutz für sich und andere“, sagt der Experte. Voraussetzung sei allerdings, dass die Maske gut am Gesicht anliegt. Für Männer mit Bart sei das etwas problematisch. Zudem gelte: Je feuchter die FFP2-Maske desto schlechter die Filterleistung. Deshalb sei es wichtig, sie nach Gebrauch trocknen zu lassen.