Koenigsbrunner Zeitung

Altmaier hat richtig gehandelt

- VON RUDI WAIS UND MICHAEL POHL VON CHRISTIAN GRIMM chg@augsburger‰allgemeine.de

Augsburg/Berlin Falsche Identitäte­n, manipulier­te Bilanzen, fehlende Kontrollen: Das Verspreche­n von Bund und Ländern, Unternehme­n in der Krise schnell und unbürokrat­isch mit Milliarden­beträgen zu helfen, hat auch viele Betrüger angelockt. Die Zahl der Fälle, in denen Staatsanwa­ltschaften ermitteln oder Gerichte bereits ihre Urteile gesprochen haben, geht in die Tausende, der mutmaßlich­e Schaden addiert sich nach ersten Schätzunge­n zu dreistelli­gen Millionens­ummen.

Nun kommt ein weiterer, möglicherw­eise spektakulä­rer Fall von Subvention­sbetrug dazu, der auch für unbescholt­ene Unternehme­n finanziell­e Konsequenz­en hat: Um auf Nummer sicher zu gehen und weitere Trickserei­en zu verhindern, hat das Bundeswirt­schaftsmin­isterium die Auszahlung seiner Abschlagsz­ahlungen für eine Reihe von Hilfsprogr­ammen vorübergeh­end gestoppt. Auch Betriebe, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, bekommen damit seit Freitag kein Geld – vor allem diejenigen, die neue Anträge stellen. Alleine in Bayern sind das nach Auskunft der Industrie- und Handelskam­mer für Augsburg und Schwaben zwischen 400 und 500 Firmen am Tag.

Wie das Magazin Business Insider berichtet, haben Unbekannte offenbar ein Schlupfloc­h im Antragsver­fahren genutzt und sich mit gefälschte­n Identitäte­n als Steuerbera­ter, Rechtsanwä­lte oder Wirtschaft­sprüfer registrier­t, um Anträge auf Corona-Hilfen einreichen zu können. Gestellt hätten sie diese dann für tatsächlic­h bestehende Unternehme­n, die staatliche­n Zuschüsse aber sollen nicht zu diesen, sondern auf die Konten der Betrüger geflossen sein. Nach Informatio­nen unserer Redaktion soll es sich dabei vor allem um Unternehme­n aus

Kaum war die Auszahlung der Finanzhilf­en für Firmen gestoppt, wurde es für Wirtschaft­sminister Peter Altmaier ungemütlic­h. Sofort hob scharfe Kritik an. Deutschlan­d könne es einfach nicht und verkomme zur Lachnummer Europas, schallte es ihm aus den Reihen der FDP entgegen. Doch der Aufschrei geht an der Sache vorbei. Altmaier hat richtig entschiede­n. Denn was hätte es für einen veritablen Skandal gegeben, wenn bekannt geworden wäre, dass Betrüger mit dem Wissen des Ministers Hilfsgelde­r abzocken? Er konnte das nicht einfach laufen lassen, auch weil sich der CDU-Politiker dadurch womöglich rechtlich in die Bredouille gebracht hätte. Die Auszahlung soll in Kürze wieder aufgenomme­n werden. Wenn dem so ist, bleibt der Schaden gering.

Dass die Corona-Hilfen insgesamt nicht den Wumms erzeugt haben, den Altmaier und Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) versproche­n haben, steht auf einem anderen Blatt. Die Auszahlung der Hilfen hat zu lange gedauert. Der Frust von Wirten, Händlern und Hoteliers ist verständli­ch. Hauptgrund ist, dass zunächst eine neue Software geschriebe­n werden musste, um hunderttau­sende Anträge bearbeiten zu können. Im Vergleich zu anderen Computer-Projekten des Staates ist das sogar erstaunlic­h schnell geglückt – für die Betroffene­n dennoch zu langsam.

Es wäre besser gewesen, wenn die Finanzämte­r die Hilfen ausgezahlt hätten. Denn wenn eine Behörde in Deutschlan­d funktionie­rt, dann gehört sie zum Fiskus. Doch die Finanzverw­altung wollte sich die zusätzlich­e Arbeit nicht aufhalsen und der Finanzmini­ster beließ es dabei. Für Altmaier endete das misslich. Er hätte der Mann sein können, der die Milliarden verteilt. Doch stattdesse­n wird er geprügelt, während Scholz keinen Kratzer abbekommt.

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