Altmaier hat richtig gehandelt
Augsburg/Berlin Falsche Identitäten, manipulierte Bilanzen, fehlende Kontrollen: Das Versprechen von Bund und Ländern, Unternehmen in der Krise schnell und unbürokratisch mit Milliardenbeträgen zu helfen, hat auch viele Betrüger angelockt. Die Zahl der Fälle, in denen Staatsanwaltschaften ermitteln oder Gerichte bereits ihre Urteile gesprochen haben, geht in die Tausende, der mutmaßliche Schaden addiert sich nach ersten Schätzungen zu dreistelligen Millionensummen.
Nun kommt ein weiterer, möglicherweise spektakulärer Fall von Subventionsbetrug dazu, der auch für unbescholtene Unternehmen finanzielle Konsequenzen hat: Um auf Nummer sicher zu gehen und weitere Tricksereien zu verhindern, hat das Bundeswirtschaftsministerium die Auszahlung seiner Abschlagszahlungen für eine Reihe von Hilfsprogrammen vorübergehend gestoppt. Auch Betriebe, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, bekommen damit seit Freitag kein Geld – vor allem diejenigen, die neue Anträge stellen. Alleine in Bayern sind das nach Auskunft der Industrie- und Handelskammer für Augsburg und Schwaben zwischen 400 und 500 Firmen am Tag.
Wie das Magazin Business Insider berichtet, haben Unbekannte offenbar ein Schlupfloch im Antragsverfahren genutzt und sich mit gefälschten Identitäten als Steuerberater, Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer registriert, um Anträge auf Corona-Hilfen einreichen zu können. Gestellt hätten sie diese dann für tatsächlich bestehende Unternehmen, die staatlichen Zuschüsse aber sollen nicht zu diesen, sondern auf die Konten der Betrüger geflossen sein. Nach Informationen unserer Redaktion soll es sich dabei vor allem um Unternehmen aus
Kaum war die Auszahlung der Finanzhilfen für Firmen gestoppt, wurde es für Wirtschaftsminister Peter Altmaier ungemütlich. Sofort hob scharfe Kritik an. Deutschland könne es einfach nicht und verkomme zur Lachnummer Europas, schallte es ihm aus den Reihen der FDP entgegen. Doch der Aufschrei geht an der Sache vorbei. Altmaier hat richtig entschieden. Denn was hätte es für einen veritablen Skandal gegeben, wenn bekannt geworden wäre, dass Betrüger mit dem Wissen des Ministers Hilfsgelder abzocken? Er konnte das nicht einfach laufen lassen, auch weil sich der CDU-Politiker dadurch womöglich rechtlich in die Bredouille gebracht hätte. Die Auszahlung soll in Kürze wieder aufgenommen werden. Wenn dem so ist, bleibt der Schaden gering.
Dass die Corona-Hilfen insgesamt nicht den Wumms erzeugt haben, den Altmaier und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) versprochen haben, steht auf einem anderen Blatt. Die Auszahlung der Hilfen hat zu lange gedauert. Der Frust von Wirten, Händlern und Hoteliers ist verständlich. Hauptgrund ist, dass zunächst eine neue Software geschrieben werden musste, um hunderttausende Anträge bearbeiten zu können. Im Vergleich zu anderen Computer-Projekten des Staates ist das sogar erstaunlich schnell geglückt – für die Betroffenen dennoch zu langsam.
Es wäre besser gewesen, wenn die Finanzämter die Hilfen ausgezahlt hätten. Denn wenn eine Behörde in Deutschland funktioniert, dann gehört sie zum Fiskus. Doch die Finanzverwaltung wollte sich die zusätzliche Arbeit nicht aufhalsen und der Finanzminister beließ es dabei. Für Altmaier endete das misslich. Er hätte der Mann sein können, der die Milliarden verteilt. Doch stattdessen wird er geprügelt, während Scholz keinen Kratzer abbekommt.