Hasch im Briefkasten
Ein Drogendealer aus Oberhausen wurde zu über drei Jahren Haft verurteilt. Seine Verteidiger hatten Freispruch gefordert
Die Drogenfahnder hatten einen Durchsuchungsbeschluss in der Tasche, als sie am 21. Januar 2020 die Wohnung eines 27-Jährigen in Oberhausen betraten. Die Erlaubnis zur Durchsuchung bezog sich, wie üblich, auf „Wohnung und Nebenräume“des Verdächtigen. Die Ermittler wurden fündig – wenn zunächst auch mit minimalem Erfolg.
Sie entdeckten eine abgebrochene Haschisch-Platte im Gewicht von 9,55 Gramm und zwei Gramm Marihuana. Nachdem die Mietwohnung des 27-Jährigen in dem SechsParteien-Haus sowie der Keller durchsucht waren, öffneten die Beamten den an einer Außenmauer im Innenhof liegenden Briefkasten des Verdächtigen. Darin lag ein mit zwei Plastiktüten umwickeltes Päckchen. Inhalt: 1162 Gramm Haschisch im Wert von etlichen tausend Euro.
Wenig später konnten die Rauschgiftermittler auch den 27-Jährigen festnehmen. Er trug den Schlüssel für den Briefkasten in seiner Hosentasche. Für die Kripo war klar: Das Haschisch gehörte dem Verdächtigen, zumal die in der Wohnung entdeckte Platte mit einer Bruchkante zu einem Reststück in dem Päckchen im Briefkasten passte, der 27-Jährige das Rauschgift also versteckt habe. Ein Vorwurf, mit dem sich ein Schöffengericht unter Vorsitz von Susanne Scheiwiller jetzt über mehrere Prozesstage hinweg beschäftigen musste.
Der Angeklagte, von Wilhelm Seitz und Felix Dimpfl verteidigt, behauptete, die Drogen gehörten ihm nicht. Er habe die Wohnung im November 2019 an einen Bekannten untervermietet. Die Vermieterin der Wohnung, 36, allerdings sagte als Zeugin, sie habe in der fraglichen Zeit keinen Untermieter gesehen. „Das hätte ich mitbekommen.“Gegen eine Untervermietung sprach auch die Tatsache, dass in der Wohnung noch diverse Dokumente und die „Klamotten“des Angeklagten herumgelegen hatten.
Als wichtigstes Beweismittel betrachtete Staatsanwältin Saskia Eberle die Tatsache, dass auf den beiden Plastiktüten, in denen das Haschisch eingewickelt war, Fingerspuren des Angeklagten gefunden worden waren. Sie forderte am
Ende eine Haftstrafe von drei Jahren und zehn Monaten wegen Drogenhandels. Die beiden Verteidiger Wilhelm Seitz und Felix Dimpfl, die auf Freispruch plädierten, versuchten die Beweise der Anklage auf der rechtlichen Schiene auszuhebeln. Der Haschisch-Fund sei gerichtlich nicht verwertbar, da der Briefkasten im Durchsuchungsbeschluss nicht explizit erwähnt sei. Bei einer Durchsuchung des Briefkastens sei außerdem das Brief- und Postgeheimnis tangiert.
Das Schöffengericht sah die Rechtslage freilich anders. Ein Briefkasten gehöre zur Wohnung, deshalb sei auch die Durchsuchung rechtmäßig gewesen und der über ein Kilo schwere Drogenfund vor Gericht verwertbar. Das Briefgeheimnis, so die Vorsitzende Richterin Susanne Scheiwiller in der Urteilsbegründung, sei überhaupt nicht tangiert worden, da keine Postsendung geöffnet worden sei. Der Angeklagte, bereits wegen Drogenhandels vorbestraft, muss drei Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Knapp 13 Monate davon hat er schon in Untersuchungshaft abgesessen.