Wie Stare fast die Schulsanierung ausbremsen
An der Königsbrunner Grundschule Nord steht mit dem Abriss eines alten Traktes der nächste Umbauschritt an. Einige Vögel hätten die Arbeiten beinahe um Monate verzögert
Königsbrunn Langsam aber zielstrebig schiebt sich der Arm der Hebebühne mit den zwei Männern im Korb in Richtung Dachrinne. Biologe Hermann Stickroth und Hausmeister Markus Wüst arbeiten in luftiger Höhe an der Fassade oberhalb des dritten Stocks der Königsbrunner Grundschule Nord. Sie müssen verhindern, dass sich Stare im Rausch ihrer Frühlingsgefühle dort einnisten. Denn der alte Gebäudeteil ist bereits entkernt und soll demnächst abgerissen werden. Doch falls dort Vögel gebrütet hätten, hätte die Stadt die Arbeiten an dem Millionenprojekt möglicherweise bis in den Juli aufschieben müssen.
Die „Nisthöhlen“in der Wärmedämmschicht des alten Schulhauses haben Spechte geschlagen, sagt Stickroth: „Das ist ein bekanntes Phänomen in Städten. Niemand weiß, warum die Buntspechte so gerne in die Dämmung klopfen. Vielleicht klingt es schön, wie ein hohler Baum.“Manchmal nisten die Vögel in den entstandenen Hohlräumen, ansonsten nutzen andere Arten wie Stare, Spatzen oder Fledermäuse die vorgefertigten Behausungen. Acht Löcher finden sich in luftiger Höhe unter der Dachrinne der alten Königsbrunner Schule.
Wenn das Brutgeschäft einmal begonnen hat, verbieten die Regeln des Naturschutzes eine Störung. „Derzeit erreichen mich häufiger Notrufe von Bauherren, die um eine Prüfung bitten“, sagt Stickroth. Im Januar und Februar geht es vor allem um Begutachtungen von Bäumen, die nach dem 1. März nicht mehr entfernt werden dürfen. Danach geht es meist um Gebäude wie die Königsbrunner Schule. „In den meisten Fällen ist man jetzt noch rechtzeitig dran mit dem Schließen von Nisthöhlen. Stare beginnen normalerweise in der zweiten Märzhälfte mit der Brut“, sagt Stickroth. Falls die Tiere bereits Eier gelegt hätten, hätte es bis Ende Mai gedauert, ehe die erste Generation Jungstare ausgeflogen wäre.
Die Prüfung der Löcher war kurz, aber genau. Wenn Markus Wüst die Plattform in die richtige Position gebracht hatte, begutachtete Stickroth den Locheingang. Dort fanden sich Spuren von ehemaligen oder interessierten künftige Bewohnern, zum Beispiel vom Fett des Gefieders. Danach führte der Biologe eine Schlauchkamera in das Loch ein und prüfte, ob sich dort Tiere befinden. Bei der Königsbrunner Grundschule fanden sich aber nur Spuren früherer Besucher – Kot und altes Nistmaterial. Für den Fall, dass sich eine Fledermaus versteckt hätte, hatte Stickroth Tücher mitgebracht: „Die hängt man dann über das Loch. So kann das Tier in der nächsten Nacht hinaus, kommt dann aber nicht mehr hinein.“Die leeren Löcher wurden dann mit Bauschaum verstopft, in die Öffnung kam noch ein Styropor-Deckel als zusätzliche Sicherung.
Für Ersatzwohnungen hat die Stadt bereits gesorgt. In den Birken und beschwerten sich lautstark über die Störenfriede. Bei der Stadt ist man dankbar, dass die Löcher rechtzeitig vor der Brutsaison geschlossen werden konnten, sodass dem Fortgang des Baus nichts entgegensteht, sagt Ursula Bué vom städtischen Bauamt: „Die Absprachen mit der Regierung von Schwaben, dem Landratsamt und Herrn Stickroth gingen sehr schnell vonstatten. Es ist ja schön, wenn Vögel brüten, aber das hätte uns im Zeitplan enorm zurückgeworfen.“
Nachdem die Grundschule Nord in den Weihnachtsferien den Neubau bezogen hat, werden nun zwei alte Bereiche der Schule abgerissen. An deren Stelle entsteht dann eine Aula, die direkt an den Trakt mit den Klassenzimmern angrenzen wird. Der Altbau ist mittlerweile für den Abbruch vorbereitet: Die Deckenplatten sind ausgebaut und liegen neben dem Gebäude, die Zimmer sind leer geräumt und der Strom abgestellt.
Nachdem nun eine Gefährdung für potenzielle Untermieter im Dachgeschoss ausgeschlossen werden kann, können die Arbeiten weitergehen. Neben dem Bau der neuen Aula wird auch noch der Hort saniert.