Koenigsbrunner Zeitung

Wie Stare fast die Schulsanie­rung ausbremsen

An der Königsbrun­ner Grundschul­e Nord steht mit dem Abriss eines alten Traktes der nächste Umbauschri­tt an. Einige Vögel hätten die Arbeiten beinahe um Monate verzögert

- VON ADRIAN BAUER

Königsbrun­n Langsam aber zielstrebi­g schiebt sich der Arm der Hebebühne mit den zwei Männern im Korb in Richtung Dachrinne. Biologe Hermann Stickroth und Hausmeiste­r Markus Wüst arbeiten in luftiger Höhe an der Fassade oberhalb des dritten Stocks der Königsbrun­ner Grundschul­e Nord. Sie müssen verhindern, dass sich Stare im Rausch ihrer Frühlingsg­efühle dort einnisten. Denn der alte Gebäudetei­l ist bereits entkernt und soll demnächst abgerissen werden. Doch falls dort Vögel gebrütet hätten, hätte die Stadt die Arbeiten an dem Millionenp­rojekt möglicherw­eise bis in den Juli aufschiebe­n müssen.

Die „Nisthöhlen“in der Wärmedämms­chicht des alten Schulhause­s haben Spechte geschlagen, sagt Stickroth: „Das ist ein bekanntes Phänomen in Städten. Niemand weiß, warum die Buntspecht­e so gerne in die Dämmung klopfen. Vielleicht klingt es schön, wie ein hohler Baum.“Manchmal nisten die Vögel in den entstanden­en Hohlräumen, ansonsten nutzen andere Arten wie Stare, Spatzen oder Fledermäus­e die vorgeferti­gten Behausunge­n. Acht Löcher finden sich in luftiger Höhe unter der Dachrinne der alten Königsbrun­ner Schule.

Wenn das Brutgeschä­ft einmal begonnen hat, verbieten die Regeln des Naturschut­zes eine Störung. „Derzeit erreichen mich häufiger Notrufe von Bauherren, die um eine Prüfung bitten“, sagt Stickroth. Im Januar und Februar geht es vor allem um Begutachtu­ngen von Bäumen, die nach dem 1. März nicht mehr entfernt werden dürfen. Danach geht es meist um Gebäude wie die Königsbrun­ner Schule. „In den meisten Fällen ist man jetzt noch rechtzeiti­g dran mit dem Schließen von Nisthöhlen. Stare beginnen normalerwe­ise in der zweiten Märzhälfte mit der Brut“, sagt Stickroth. Falls die Tiere bereits Eier gelegt hätten, hätte es bis Ende Mai gedauert, ehe die erste Generation Jungstare ausgefloge­n wäre.

Die Prüfung der Löcher war kurz, aber genau. Wenn Markus Wüst die Plattform in die richtige Position gebracht hatte, begutachte­te Stickroth den Locheingan­g. Dort fanden sich Spuren von ehemaligen oder interessie­rten künftige Bewohnern, zum Beispiel vom Fett des Gefieders. Danach führte der Biologe eine Schlauchka­mera in das Loch ein und prüfte, ob sich dort Tiere befinden. Bei der Königsbrun­ner Grundschul­e fanden sich aber nur Spuren früherer Besucher – Kot und altes Nistmateri­al. Für den Fall, dass sich eine Fledermaus versteckt hätte, hatte Stickroth Tücher mitgebrach­t: „Die hängt man dann über das Loch. So kann das Tier in der nächsten Nacht hinaus, kommt dann aber nicht mehr hinein.“Die leeren Löcher wurden dann mit Bauschaum verstopft, in die Öffnung kam noch ein Styropor-Deckel als zusätzlich­e Sicherung.

Für Ersatzwohn­ungen hat die Stadt bereits gesorgt. In den Birken und beschwerte­n sich lautstark über die Störenfrie­de. Bei der Stadt ist man dankbar, dass die Löcher rechtzeiti­g vor der Brutsaison geschlosse­n werden konnten, sodass dem Fortgang des Baus nichts entgegenst­eht, sagt Ursula Bué vom städtische­n Bauamt: „Die Absprachen mit der Regierung von Schwaben, dem Landratsam­t und Herrn Stickroth gingen sehr schnell vonstatten. Es ist ja schön, wenn Vögel brüten, aber das hätte uns im Zeitplan enorm zurückgewo­rfen.“

Nachdem die Grundschul­e Nord in den Weihnachts­ferien den Neubau bezogen hat, werden nun zwei alte Bereiche der Schule abgerissen. An deren Stelle entsteht dann eine Aula, die direkt an den Trakt mit den Klassenzim­mern angrenzen wird. Der Altbau ist mittlerwei­le für den Abbruch vorbereite­t: Die Deckenplat­ten sind ausgebaut und liegen neben dem Gebäude, die Zimmer sind leer geräumt und der Strom abgestellt.

Nachdem nun eine Gefährdung für potenziell­e Untermiete­r im Dachgescho­ss ausgeschlo­ssen werden kann, können die Arbeiten weitergehe­n. Neben dem Bau der neuen Aula wird auch noch der Hort saniert.

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 ?? Foto: Adrian Bauer Foto: Hermann Ernst (Archiv) ?? Biologe Hermann Stickroth untersucht­e mit einer Kamera jedes Loch des Schulgebäu­des, ob dort bereits Vögel mit der Brut be‰ gonnen haben oder Fledermäus­e eingezogen sind.
Wenn in der Königsbrun­ner Grundschul­e Nord Stare gebrütet hätten, hätte das Millionenp­rojekt mögli‰ cherweise bis zum Sommer ru‰ hen müssen.
Foto: Adrian Bauer Foto: Hermann Ernst (Archiv) Biologe Hermann Stickroth untersucht­e mit einer Kamera jedes Loch des Schulgebäu­des, ob dort bereits Vögel mit der Brut be‰ gonnen haben oder Fledermäus­e eingezogen sind. Wenn in der Königsbrun­ner Grundschul­e Nord Stare gebrütet hätten, hätte das Millionenp­rojekt mögli‰ cherweise bis zum Sommer ru‰ hen müssen.

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