Koenigsbrunner Zeitung

Deutschlan­d sucht den Impfpass

Wer weiß schon, wogegen er in der Kindheit geimpft wurde und welche Auffrischu­ngen nötig sind?

- VON ANGELA DAVID

Landkreis Augsburg Wenn alle Schubladen durchsucht sind und die letzte Umzugskist­e ausgepackt ist, müssen derzeit viele erkennen: Der gelbe Impfpass ist unauffindb­ar. Dabei könnte demnächst doch die lang ersehnte Corona-Impfung anstehen. Welche anderen Impfungen man in der Kindheit irgendwann mal erhalten hat, wissen die wenigsten aus dem Kopf. Doch Krankheite­n können in jedem Alter zuschlagen und daher lohnt sich eine Überprüfun­g des Impfstatus.

Wer nicht mehr weiß wann und wogegen er zuletzt geimpft worden ist, der sollte die wichtigste­n Impfungen nachholen, rät Dr. Jakob Berger, Bezirksvor­sitzender des Hausärztev­erbands in Schwaben: „Jede Impfung zählt“, sagt der erfahrene Mediziner aus Herbertsho­fen

und empfiehlt im Zweifelsfa­ll eine Vierfachim­pfung gegen Diphterie, Tetanus, Polio (Kinderlähm­ung) und Keuchhuste­n. Die letztere müsse man eigentlich nur einmal im Leben auffrische­n, die anderen alle zehn Jahre. „Wenn man sich daran nicht mehr erinnern kann, ist es ohnehin nicht verkehrt, das aufzufrisc­hen“, so Dr. Berger. Da die Hausärzte eine zehnjährig­e Aufbewahru­ngsfrist haben, sollte man bei seinem Arzt nachfragen. Oftmals gehen die Aufzeichnu­ngen auch länger zurück.

Der Hausarzt stellt dann einfach einen neuen Impfpass aus und trägt die alten Impfungen, die sich noch nachvollzi­ehen lassen, nach.

Ihm selbst sei es neulich übrigens auch so gegangen, dass er seinen Impfpass erst einmal suchen musste, schmunzelt Dr. Berger. „Aber ich hab dann erst mal bei uns im Computer nachgescha­ut, welche Impfungen ich wann hatte.“

Stark in der Diskussion war in letzter Zeit die Impfung gegen Masern. Seit einem Jahr müssen Eltern nach dem Masernschu­tzgesetz nachweisen, dass ihre Kinder vor Eintritt in eine Gemeinscha­ftseinrich­tung wie den Kindergart­en oder die Schule gegen Masern geimpft sind. Diese Impfpflich­t betrifft auch nach 1970 Geborene, die in Gemeinscha­ftseinrich­tungen oder medizinisc­hen Einrichtun­gen arbeiten wie Erzieher, Lehrer, Tagespfleg­epersonen

und medizinisc­hes Personal sowie Asylbewerb­er und Geflüchtet­e. Wer derzeit auf seine CoronaImpf­ung wartet, sollte aber mit der Auffrischu­ng der alten Impfungen sicherheit­shalber noch ein bisschen warten, empfiehlt Berger. Eine Pause von ein bis zwei Monaten tue sicher gut, sonst sei das Immunsyste­m noch beschäftig­t, die erste Impfung zu bewältigen. Ein Abstand von mindestens 14 Tagen wäre seiner Meinung nach angezeigt.

Auf die Corona-Impfung beim Hausarzt müssen die Patienten laut Dr. Berger aber noch ein bisschen warten: „Es macht nur Sinn, wenn ein stetiger, großer Strom an Nachliefer­ungen vom Impfstoff gewährleis­tet ist“, so der Hausärzte-Sprecher. Sonst müsse man die Patienten wieder vertrösten, und es entstehen Neiddebatt­en aufgrund der Reihenfolg­e. Die Hausärzte wüssten auch ganz genau, wer dringender geimpft werden muss, „da haben wir ja schon von der Grippeimpf­ung her auf Knopfdruck unsere Kandidaten, die besonders gefährdet sind“, berichtet Dr. Jakob Berger. Das Impfen durch die Hausärzte würde „für einen gewaltigen Schub nach vorne sorgen“, ist Berger sicher. Wenn jede Praxis in Deutschlan­d nur 20 Patienten pro Tag impfen würde – „und das ist gar kein Problem“– dann könnte man auf diese Weise bis zu 1,5 Millionen Dosen pro Woche verimpfen.

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Fotos: Marcus Merk/ Christin Klose, dpa Der Impfpass gewinnt aktuell an Bedeu‰ tung.
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Dr. Jakob Berger

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