Deutschland sucht den Impfpass
Wer weiß schon, wogegen er in der Kindheit geimpft wurde und welche Auffrischungen nötig sind?
Landkreis Augsburg Wenn alle Schubladen durchsucht sind und die letzte Umzugskiste ausgepackt ist, müssen derzeit viele erkennen: Der gelbe Impfpass ist unauffindbar. Dabei könnte demnächst doch die lang ersehnte Corona-Impfung anstehen. Welche anderen Impfungen man in der Kindheit irgendwann mal erhalten hat, wissen die wenigsten aus dem Kopf. Doch Krankheiten können in jedem Alter zuschlagen und daher lohnt sich eine Überprüfung des Impfstatus.
Wer nicht mehr weiß wann und wogegen er zuletzt geimpft worden ist, der sollte die wichtigsten Impfungen nachholen, rät Dr. Jakob Berger, Bezirksvorsitzender des Hausärzteverbands in Schwaben: „Jede Impfung zählt“, sagt der erfahrene Mediziner aus Herbertshofen
und empfiehlt im Zweifelsfall eine Vierfachimpfung gegen Diphterie, Tetanus, Polio (Kinderlähmung) und Keuchhusten. Die letztere müsse man eigentlich nur einmal im Leben auffrischen, die anderen alle zehn Jahre. „Wenn man sich daran nicht mehr erinnern kann, ist es ohnehin nicht verkehrt, das aufzufrischen“, so Dr. Berger. Da die Hausärzte eine zehnjährige Aufbewahrungsfrist haben, sollte man bei seinem Arzt nachfragen. Oftmals gehen die Aufzeichnungen auch länger zurück.
Der Hausarzt stellt dann einfach einen neuen Impfpass aus und trägt die alten Impfungen, die sich noch nachvollziehen lassen, nach.
Ihm selbst sei es neulich übrigens auch so gegangen, dass er seinen Impfpass erst einmal suchen musste, schmunzelt Dr. Berger. „Aber ich hab dann erst mal bei uns im Computer nachgeschaut, welche Impfungen ich wann hatte.“
Stark in der Diskussion war in letzter Zeit die Impfung gegen Masern. Seit einem Jahr müssen Eltern nach dem Masernschutzgesetz nachweisen, dass ihre Kinder vor Eintritt in eine Gemeinschaftseinrichtung wie den Kindergarten oder die Schule gegen Masern geimpft sind. Diese Impfpflicht betrifft auch nach 1970 Geborene, die in Gemeinschaftseinrichtungen oder medizinischen Einrichtungen arbeiten wie Erzieher, Lehrer, Tagespflegepersonen
und medizinisches Personal sowie Asylbewerber und Geflüchtete. Wer derzeit auf seine CoronaImpfung wartet, sollte aber mit der Auffrischung der alten Impfungen sicherheitshalber noch ein bisschen warten, empfiehlt Berger. Eine Pause von ein bis zwei Monaten tue sicher gut, sonst sei das Immunsystem noch beschäftigt, die erste Impfung zu bewältigen. Ein Abstand von mindestens 14 Tagen wäre seiner Meinung nach angezeigt.
Auf die Corona-Impfung beim Hausarzt müssen die Patienten laut Dr. Berger aber noch ein bisschen warten: „Es macht nur Sinn, wenn ein stetiger, großer Strom an Nachlieferungen vom Impfstoff gewährleistet ist“, so der Hausärzte-Sprecher. Sonst müsse man die Patienten wieder vertrösten, und es entstehen Neiddebatten aufgrund der Reihenfolge. Die Hausärzte wüssten auch ganz genau, wer dringender geimpft werden muss, „da haben wir ja schon von der Grippeimpfung her auf Knopfdruck unsere Kandidaten, die besonders gefährdet sind“, berichtet Dr. Jakob Berger. Das Impfen durch die Hausärzte würde „für einen gewaltigen Schub nach vorne sorgen“, ist Berger sicher. Wenn jede Praxis in Deutschland nur 20 Patienten pro Tag impfen würde – „und das ist gar kein Problem“– dann könnte man auf diese Weise bis zu 1,5 Millionen Dosen pro Woche verimpfen.