Koenigsbrunner Zeitung

Kinder, wie die Zeit vergeht

Zeit wird unterschie­dlich wahrgenomm­en. Hier erfährst du mehr

- VON PHILIPP BRANDSTÄDT­ER

Eine Minute kann sich wie eine Sekunde anfühlen. Das weiß jeder, der nur kurz dösen wollte, nachdem der Wecker bereits geklingelt hat. Eine Minute kann aber auch unheimlich lange dauern. Etwa, wenn man versucht, eine Minute die Luft anzuhalten.

„Wie die Zeit tatsächlic­h vergeht, ist uns selten so richtig bewusst“, sagt der Zeitforsch­er Dietrich Henckel. „Wir messen die Zeit ständig mit Uhren und Kalendern. Doch wir selbst sind nicht besonders gut darin, die Zeit richtig zu erfassen.“Dazu brauche man nur einmal die Augen zu schließen und zu versuchen, eine Minute abzuzählen. Dabei könne man sich manchmal ganz schön täuschen.

Passiert nichts Spannendes, wirkt das hinterher ganz kurz

Denn Zeit ist nicht gleich Zeit. Einerseits ist da die Zeit der Natur, nach der wir uns richten. Damit sind Tag und Nacht gemeint oder auch Jahreszeit­en. Anderersei­ts hat jeder sein eigenes Zeitgefühl. „Wie lang sich Vergangenh­eit, Gegenwart und Zukunft anfühlen, ist für jeden Menschen und zu verschiede­nen Zeiten ganz unterschie­dlich“, sagt der Fachmann. Das merken wir auch jetzt in der CoronaKris­e. Viele finden: Das Jahr seit Beginn der Krise ging schnell vorbei. Anderersei­ts: So ein Nachmittag ohne Freunde oder der Fußballman­nschaft kann ziemlich zäh sein.

Dietrich Henckel erklärt, was unser Zeitgefühl beeinfluss­t. Er sagt: Wie die Zeit vergeht, hängt auch damit zusammen, wie wir die Gegenwart erleben. Ob wir Freizeit haben oder arbeiten müssen. Ob wir die Zeit allein oder mit Freunden verbringen. Meist vergeht die Zeit mit anderen Menschen gefühlt schneller. Doch mit anderen muss man die Zeit auch miteinande­r in Einklang

bringen. Wir verabreden uns zu bestimmten Zeiten, warten oder müssen uns früher verabschie­den. Im Nachhinein fühlt sich die vergangene Zeit oft unterschie­dlich an. „Zeiten, in denen wenig bis gar nichts Spannendes passiert, schrumpfen in unserer Erinnerung und wirken ganz kurz“, erklärt Dietrich Henckel. Die fünf Minuten, die wir heute auf den Bus gewartet haben und sich wie eine halbe Ewigkeit angefühlt haben, haben wir morgen schon so gut wie vergessen. Forscher sprechen vom Zeit-Paradoxon. Je mehr Eindrücke wir in einer Zeitspanne erleben, desto länger kommt uns die Zeit rückblicke­nd vor.

Auch Kinder und Erwachsene erleben die Zeit unterschie­dlich. „Für einen alten Menschen sind zwei Jahre vielleicht nicht sehr viel“, sagt der Forscher. „Doch für ein Kleinkind entspricht dieselbe Zeitdauer die Hälfte seines bisherigen Lebens.“Ein Kind sammelt in dieser Zeit im Verhältnis viel mehr neue Erfahrunge­n als ein Erwachsene­r.

Deshalb bleibt uns nichts anderes übrig, als die Zeit so zu nehmen, wie sie eben ist, sagt der Fachmann. „Wir wissen, dass schöne Zeit schneller vergeht als nicht so schöne. Anhalten oder vorstellen können wir die Zeit trotzdem nicht.“ nauer. Uhren wurden erfunden, die immer genauer tickten. Je zu‰ verlässige­r die Uhren gingen, desto genauer planten die Men‰ schen. Früher trafen sich Men‰ schen an einem bestimmten Tag. Später trafen sie sich an einem bestimmten Tag, zu einer genau vereinbart­en Uhrzeit. Heute zeigen uns Wecker, Wanduhren, Armbanduhr­en und Smart‰ phones die Zeit an. Sie bestimmen unseren Alltag. Denn je besser wir uns an Zeiten orientiere­n kön‰ nen, umso genauer können wir unser Miteinande­r in der Gemein‰ schaft planen. Vom Unterricht­s‰ beginn bis zum Feierabend. (dpa)

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Foto: dpa Mit einer Sanduhr kannst du die Zeit auch messen – so haben das Menschen vor vielen Jahren schon getan.

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