Koenigsbrunner Zeitung

Die Entscheidu­ng war falsch – nicht unsensibel

- VON NICOLE PRESTLE nip@augsburger‰allgemeine.de

Augsburgs Stadtregie­rung dürfte am Wochenende bald klar geworden sein, wie „unsensibel“(Gesundheit­sreferent Reiner Erben) es war, anstatt Senioren über 80, Risikopati­enten oder Mitarbeite­r von Pflegedien­sten knapp 50 Angestellt­e einer Steuerkanz­lei gegen Corona zu impfen. Unsere Zeitung hatte kaum darüber berichtet, da hagelte es schon Beschwerde­n von Bürgern, die seit Wochen auf ihre Impfung warten. Die Stadtspitz­e fühlte sich deshalb noch am Samstagabe­nd genötigt, eine Erklärung abzugeben.

Man kann davon ausgehen, dass um den Wortlaut gerungen wurde. Es ist ja nicht die erste Panne, die Augsburgs Stadtspitz­e in Sachen Corona glattbügel­n muss. Referent Erben (Grüne) erklärte schließlic­h wortreich, dass die Impfung der Kanzlei-Mitarbeite­r zwar „rechtlich nicht zu beanstande­n“sei, aber doch „unsensibel“war. Was noch in der Mitteilung stand, waren ausführlic­he, aber eben auch bekannte Erklärunge­n der Augsburger Impfstrate­gie. Doch es half nichts: Was blieb, waren offene Fragen und einmal mehr der Eindruck, dass es an der Organisati­on im Gesundheit­sreferat hapert. Denn eine schlüssige Erklärung, warum es die Kanzlei auf die Liste der vorrangig zu impfenden Personen schaffte, die Erbens Referat ans Impfzentru­m weitergab, blieb der Referent schuldig.

Der Fall trägt dazu bei, den Impfneid in der Bevölkerun­g zu schüren. Denn obwohl sich nur wenige Bürger für eine Impfung haben registrier­en lassen, reicht der Impfstoff nicht aus, um den Bedarf zu decken. Schon deshalb wäre das Gesundheit­samt gut beraten, die Einrichtun­gen intensiver zu prüfen, die auf direktem Weg dringenden Bedarf anmelden, anstatt über das bundesweit­e Impfportal zu gehen.

Erben macht es sich auch zu einfach, wenn er die Verantwort­ung dem Impfteam zuschiebt. Während man dort im Fall übriger Dosen schnell entscheide­n muss, bliebe im Referat Zeit für eine Prüfung. Im Fall der Kanzlei hätte dem Referat auffallen müssen, dass es anderswo dringender­en Bedarf gibt. Insofern war die Impfung der Mitarbeite­r nicht unsensibel, sie war falsch.

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