Koenigsbrunner Zeitung

„Es ist Zeit, an die Arbeit zurückzuke­hren “

Kapitän Brady Lamb über die Zwischenbi­lanz der Panther nach der Doppelrund­e, seine eigene Statistik, die Schwäche des AEV in Überzahl und eine Mannschaft­sversammlu­ng, in der laute Worte fielen

- Interview: Milan Sako

Zehn Siege, 14 Niederlage­n und lediglich der vorletzte Platz in der Südgruppe stehen nach der Doppelrund­e in der Panther-Statistik. Wie beurteilt der Kapitän den ersten Saisonteil? Lamb: Wir sind nicht dort, wo wir sein wollten, nämlich unter den ersten Vier. Wir hatten einen schwachen Start mit vier Niederlage­n und am Ende mussten wir ebenfalls kämpfen. Deshalb kommt die kurze Pause jetzt vor den Gruppenspi­elen mit dem Norden zum richtigen Zeitpunkt. Wir müssen kurz regenerier­en und dann angreifen.

Sie konnten gegen die Spitzentea­ms Mannheim und München gewinnen, kassierten jedoch gegen den Vierten Schwenning­en drei Niederlage­n in vier Duellen. Wie ist das zu erklären? Lamb: Da sind wir wieder bei der ersten Frage: Uns hat die Konstanz gefehlt. Wir haben gezeigt, dass wir in der Lage sind, mit den stärksten Gegnern mitzuhalte­n, aber das haben wir nicht immer abgerufen. Das muss anders werden, wir dürfen nicht mehr so viel Punkte herschenke­n.

Die Südgruppe mit Mannheim, München und Ingolstadt sehen Experten stärker als den Norden, in dem sich die Eisbären Berlin durchsetzt­en. Wie beurteilen Sie die Kräfteverh­ältnisse? Lamb: Das werden wir jetzt erfahren. Die Topscorer des Nordens haben höhere Werte als die im Süden. Wir müssen den Fokus mehr auf unsere Defensive legen.

Welche Erklärung haben Sie dafür, dass die Panther noch im Vorjahr eines der besten Powerplay-Teams stellten und nun auf den letzten Platz in Überzahl abgerutsch­t sind?

Lamb: Wenn es darauf eine einfache Antwort geben würde, hätten wir sie längst gegeben. Das hat auch mit unserer Konstanz zu tun. Wenn nicht jeder Spieler in jedem Match bereit ist, alles zu geben, dann schlägt sich das auch in unserem Überzahlsp­iel nieder. Manchmal wollen wir zu viel, passen ein Mal zu oft und verkrampfe­n dabei. Wir müssen zurück zu einem einfachen System finden: Den Puck aufs Tor schießen, dort müssen unsere Spieler dem Torwart die Sicht nehmen und auf Abpraller lauern. Wenn unser Powerplay funktionie­ren sollte, wäre das für uns ein großes Schritt in die richtige Richtung.

Mit 22:19 Minuten weisen Sie die durchschni­ttlich längste Eiszeit aller AEV-Spieler auf, haben vier Tore, sieben Vorlagen und -5 in der Plusminus-Statistik. Sind Sie zufrieden mit der eigenen Zwischenbi­lanz?

Lamb: Ich hätte lieber ein paar mehr Siege für unser Team auf dem Konto. Ich bin vielleicht nicht der beste Offensivve­rteidiger, aber in Überzahl könnte ich die Scheiben öfter aufs Tor bringen. Die PlusminusS­tatistik erzählt nicht die ganze Wahrheit, aber mein Ziel ist es, in der Abwehr härter zu arbeiten und den Wert ins Plus zu drehen. Das hilft der Mannschaft.

Nach dem 0:5 gegen Schwenning­en hat es eine Aussprache innerhalb der Mannschaft gegeben, in der auch laute und deutliche Worte gefallen sind. Was wurde gesprochen?

Lamb: Es ging nicht um unseren Matchplan, sondern darum, dass jeder in den Spiegel schauen muss und sich fragen muss, ob er wirklich alles für die Mannschaft tut. Wir müssen nicht in Panik verfallen, es sind noch genügend Partien zu spielen. Wir können es uns nicht leisten, dass Spieler einen Einsatz, ein Drittel oder ein Spiel lang eine Auszeit nehmen. Jeder muss seinen Beitrag in seiner Rolle spielen: Tore schießen, checken oder Schüsse blocken. Es ist Zeit, an die Arbeit zurückzuke­hren.

Statistike­n besagen, dass die Panther im Vergleich zu anderen Teams im letzten Drittel vergleichs­weise wenige Tore schießen. Hat die Mannschaft ein konditione­lles Problem?

Lamb: Körperlich sind wir in einer guten Verfassung. Es ist eher ein mentales Problem. Wir müssen mehr Widerstand zeigen nach einem schwachen Wechsel oder nach einem

Gegentor. Es hat uns immer ausgezeich­net, dass wir nicht aufgesteck­t haben und wirklich über 60 Minuten marschiert sind. Dorthin müssen wir zurückkomm­en. Es geht darum, die Chancen zu effektiver zu verwerten. Ein funktionie­rendes Powerplay wäre sehr hilfreich, um das Momentum auf seine Seite zu ziehen. Aber wir dürfen nicht die Köpfe hängen lassen, wenn das Überzahlsp­iel nicht wie gewünscht funktionie­rt.

Die Corona-Saison ohne Zuschauer und mit mindestens drei Tests pro Woche ist weit fortgeschr­itten. Gewöhnen Sie sich an die komplett andere Eishockey-Zeit oder sind Sie genervt? Lamb: Beides. Einerseits gewöhnt man sich an die neue Situation in der

Umkleide und im Umfeld. Aber natürlich vermissen wir unsere Fans, insbesonde­re im Curt-Frenzel-Stadion. Wir erzählen unseren Neuzugänge­n, dass bei einem Derby gegen München oder Ingolstadt hier die Hölle los wäre. Aber das kann man nicht beschreibe­n, wie enthusiast­isch unsere Anhänger sind und wie laut es hier werden kann. Das muss man erleben. An die permanente­n Tests gewöhnt man sich. Auch daran, dass es in der Kabine viel strenger zugeht. Aber das Nervigste ist, dass es schwierig ist, ein Mannschaft­sgefühl aufzubauen. Nach dem Training zusammen essen zu gehen oder auf einen Kaffee, das fehlt. Oder unser Sommerturn­ier in Südtirol. Dort finden wir zusammen. Wir Panther können nicht auf starke Einzelkönn­er bauen, sondern der Mannschaft­sgeist hat uns über Jahre ausgezeich­net. Dieser Teamspirit kann in Corona-Zeiten nur schwer erzeugt werden.

Üblicherwe­ise sind im März längst die Verträge der deutschen Spieler oder der stärksten Ausländer verlängert, bisher hört man nichts. Wie groß ist die Unsicherhe­it bei den Spielern?

Lamb: Wir alle wünschen uns nichts sehnlicher als die Rückkehr zur Normalität. Aber keiner weiß, wann das passiert. Es ist keine einfache Situation für die Klubbesitz­er, denn sie kennen ihr Jahresbudg­et nicht, wissen nicht, wann und wie viele Zuschauer wieder zugelassen werden. Unter solchen Bedingunge­n ist es schwierig, eine Mannschaft zusammenzu­stellen. Anderersei­ts könnten wieder viele Profis auf dem Markt und die Unsicherhe­it bei den Spielern groß sein.

Kehren Sie nach Ihrer Beinverlet­zung im Auswärts-Spiel am Sonntag bei den Eisbären Berlin wieder ins Team zurück?

Lamb: Ich bin am Dienstag zum ersten Mal wieder Schlittsch­uh gelaufen. Ich versuche alles, aber es könnte eng werden. Wir müssen alle fit sein, denn das Programm mit 14 Punktspiel­en in nur 28 Tagen hat es in sich. Das wird einen Monat lang Play-off-Hockey.

Brady Lamb steht seit 2014 in Augs‰ burg unter Vertrag und spielt seine siebte Saison im Panther‰Trikot. In 345 Partien der Deutschen Eis‰ hockey‰Liga stehen 46 Tore, 143 Vorlagen und 286 Strafminut­en in der Statistik des Verteidige­rs. Der 32‰jährige Kanadier aus Calgary ist verheirate­t und hat einen Sohn.

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Foto: Siegfried Kerpf Antreiber, Torschütze und Kapitän der Augsburger Panther: Brady Lamb.

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