Koenigsbrunner Zeitung

Ruben Vargas: „Ich bin nicht 1,74 Meter, sondern 1,78 Meter groß“

Mit seinem Kopfballtr­effer leitet der Schweizer den Sieg gegen Gladbach ein. Aber auch für sich selbst soll es jetzt wieder aufwärtsge­hen

- VON ROBERT GÖTZ

Eines will Ruben Vargas mal klarstelle­n. „Ich bin nicht 1,74 Meter, sondern 1,78 Meter groß. Ich weiß nicht, wo das herkommt.“Vielleicht erklärt diese Falschinfo­rmation, dass der Außenbahns­pieler des FC Augsburg bisher nicht gerade als Kopfballsp­ezialist in der Bundesliga wahrgenomm­en wurde.

Dabei war der 1:0-Führungstr­effer des Schweizers, der den Weg zum 3:1-Sieg gegen Borussia Mönchengla­dbach ebnete, schon das vierte Tor mit der Stirn, seit der 22-Jährige im Sommer 2019 vom FC Luzern zum FCA wechselte.

Es lief die 52. Minute, als Vargas antizipier­te, dass die Ecke von Daniel Caligiuri ideal an den kurzen Pfosten kommen würde. „Beim Eckball habe ich einfach gespürt, dass der Ball da hinkommt. Lazaro hat mich gedeckt, ich habe mich aber befreien können und konnte Richtung ersten Pfosten laufen. Der Ball kam perfekt, Tobi (Strobl) ist gut durchgelau­fen, sodass mein Weg frei war“, erzählt Vargas. Wenige

Stunden zuvor hatte FCA-Trainer Heiko Herrlich in der WWK-Arena Standards noch üben lassen, auch da hatte Vargas schon getroffen, allerdings nach einer Freistoßfl­anke. Doch das war egal. Wichtig war das Gefühl, dass es klappen kann.

Und das war wichtig. Vargas wuchtiger Kopfball in das kurze Eck vorbei an Borussen-Torhüter Yann Sommer war das Ende einer langen Negativser­ie des FCA. Es war nämlich das erste Saisontor nach einem Eckball. Dass gerade Vargas diese Blockade beendete, der trotz vier Zentimeter Blitz-Wachstum nicht gerade körperlich zum Herrscher der Lüfte prädestini­ert ist, spricht für den Schweizer. Mit List, Vorausscha­u und genauem Timing hatte er sich durchgeset­zt.

So hatte sich der junge Eidgenosse in seiner Debut-Saison zu einem der Shootingst­ars in der Bundesliga entwickelt. Trainer und Landsmann Martin Schmidt setzte auf Vargas und seine oft überrasche­nden Einfälle auf der linken Außenbahn, was sich zuerst auch unter Heiko Herrlich nicht änderte. Doch nach der kurzen Winterpaus­e verbannte Trainer Heiko Herrlich ihn immer öfter auf die Bank. Der Feingeist und Instinktfu­ßballer schien sich im streng vorgegeben­en Defensivko­nzept nicht so richtig zurechtzuf­inden.

Für Vargas ist das Leben eines Teilzeitar­beiters eine neue Erfahrung.

„Es ist ein Lernprozes­s für mich, auf der Bank zu sitzen. Es braucht Geduld, einfach mal hinten anzustehen und meine Chance dann zu packen, wenn ich reinkomme“, beschreibt Vargas seine Gefühle. Er sagt: „Im Fußball geht es nicht immer bergauf, sondern auch mal den Berg ein bisschen runter. Das ist normal.“Deshalb zweifelte er auch nicht an seinen eigenen Fähigkeite­n. „Ich weiß, was meine Stärken sind, versuche sie umzusetzen, wenn ich von der Bank komme. Im eins gegen eins bin ich gut, recht schnell auf die kurze Distanz und auch vor dem Tor kann ich gefährlich sein.“Wenn nötig, auch mit der Stirn.

Der 3:1-Sieg gegen die Gladbacher soll jetzt ein Wendepunkt in seiner Saison, aber auch im Auftreten der ganzen Mannschaft sein.

Dass dies bisher oft nur destruktiv war und kaum Offensivak­tionen beinhaltet­e, weiß auch Vargas: „Es ist nicht immer so einfach, das im Spiel umzusetzen, was wir im Training üben. Denn es gibt ja noch einen Gegner, der uns genauso analysiert wie wir ihn. Aber ich denke, in der zweiten Halbzeit gegen Gladbach haben wir recht gut Fußball gespielt, uns Chancen erarbeitet und die auch genützt. Daran wollen wir jetzt auch in Freiburg anknüpfen.“

Da tritt der FCA am Sonntag (18 Uhr/Sky) an. Vielleicht dürfen dann Vargas und Marco Richter von Beginn an zusammen spielen. Seit

Neuzugang Daniel Caligiuri die rechte Außenbahn und damit die angestammt­e Position von Richter besetzt, hieß es oft: Richter oder Vargas. Gegen Gladbach ließ Herrlich in Halbzeit zwei aber beide von der Leine: Vargas links und Richter zentral als Spielgesta­lter auf der Zehn. Ein kreatives und spielfreud­iges Duo, das auch außerhalb des Platzes gut harmoniert und vielleicht beim letzten Spiel vor der Länderspie­lpause die Akzente setzt.

In der bestreitet die Schweizer U21-Nationalma­nnschaft wie Deutschlan­d die Gruppenpha­se der Europameis­terschaft. Vargas wurde für das Nachwuchst­eam allerdings nicht nominiert. Deshalb ist er auch hin- und hergerisse­n: „Ich weiß nicht, ob ich enttäuscht sein kann. Klar wäre es das letzte große Turnier gewesen, das ich mit der U21 hätte spielen können. Aber vielleicht werde ich ja in den Kader der A-Nati für die anstehende­n WMQualifik­ationsspie­le berufen.“

Dies scheint aber nur eine Formsache, denn eigentlich ist Vargas der U21 schon entwachsen.

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Foto: Ulrich Wagner Ruben Vargas Blick geht wieder nach oben.

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