Sieg und Frieden
Am Rande des Fronhofs erhebt sich massiv ein dunkles Denkmal. Auf ihm steht ein Krieger. Das Ganze ist alles andere als problemlos. Hier seine Geschichte
Wer sich noch nicht ins Museum traut, der hat in der Stadt Augsburg dennoch reichlich Gelegenheit, Kunstwerke zu betrachten – unter freiem Himmel. In einer Serie stellen wir Kunstwerke im öffentlichen Raum vor, die sich auf einem Spaziergang erkunden lassen.
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Ein problembehaftetes Monument. Massiv und schwer erhebt es sich im verschatteten Bereich des Fronhofs. Zu übersehen ist es kaum – und doch blickt man gern, weil scheu gemacht, daran vorbei: Seine Ehrfurcht gebietende düstere Gestaltung aus schwarzem Syenit-Gestein weckt heute eher Abwehrhaltung denn Anziehungskraft. Es will uns gleichsam zurufen: Nimm Haltung an! Wir haben es quasi mit einem jeden Widerspruch unterbindenden Ausrufezeichen zu tun.
Das ist einerseits gut, denn wir haben es immerhin in der Friedensstadt Augsburg mit dem sogenannten Friedensdenkmal zu tun. Doch ist auch gleich noch ein „Aber“hinzuzufügen. Gewiss nicht deswegen, weil dieses Friedensdenkmal gleichauch ein Gedenkmal darstellt für bayerische Kriegstote der Jahre 1870/71, aber weil es unüberlesbar patriotisch auch den deutschen Sieg über Frankreich von 1871 festhält – ja aus diesem Grunde hervorging.
Macht es genau deswegen einen so ungepflegten Eindruck heute? Einst stand es im Mittelpunkt einer gestalteten Fronhof-Wegkreuzung; heute steht es ein wenig unmotiviert auf ungestaltetem nackten Boden. Es scheint mit Sand beworfen, es ist beklebt, beschmiert, Teile sind abgeschlagen, die Treppenstufen zum Sockel weisen Witterungsfugen auf, eine Flasche liegt eingeklemmt in der Höhe, vor allem: Die Inschrift der verantwortlichen Stadt Augsburg wird mangels etlicher Buchstaben zum Kombinationsrätsel. Alles in allem: Man hat nicht mehr viel am Hut mit dem Ding, selbst wenn es sich Friedensdenkmal nennt und einen (antiken) Krieger aus Bronze auf das Podest hebt, der klar erkennbar, weil mit prüfendem Auge, sein Schwert in die Scheide schiebt.
Aber in welchem Moment tut er es? Darüber liefert die vierseitig umlaufende Inschrift unterhalb der
Krieger-Skulptur-Plinthe Auskunft: „Stieg auf mit Macht – aus Kampfes Nacht – das deutsche Reich – der Sonne gleich“.
Das spielt natürlich an auf die Gründung des Deutschen Reichs 1871 in Folge des deutsch-französischen Kriegs, ist aber heute in seinem pathetischen Patriotismus nicht leicht zu ertragen. Zwischen den Zeilen schwingt denn doch mehr als ein Gran Triumph mit, der wohl nur aus dem Blickwinkel der damaligen Zeit nachvollziehbar erscheint.
Unter der Inschrift sind an zwei Seiten auf Tafeln – ähnlich Grabsteinen – die Namen gefallener Offiziere aus bayerischen Brigaden, Bataillonen und Regimentern verzeichnet. Und der Sockel wird an seinen Ecken umfangen von kindlichen Figuren, die mit ihren Attributen von Hammer mit Flügelrad, Buch, Schild mit Schwert und schließlich Muschel für das Gewerbe, die Geschichte, das Militär und die (Wasser-)Versorgung stehen. Künstlerisch am elegantesten noch bleibt der Genius mit Kaiserkrone als Relief. Unter hauchdünnem Gewand ist der Körper plastisch mozeitig delliert. Hier herrscht – in wuchtigem Umfeld – schwebende Leichtigkeit.
Bevor das Friedensdenkmal 1876 eingeweiht wurde, stand am selben Ort ein provisorisches Denkmal zur Feier des Sieges und zum Andenken an die Gefallenen 1870/71. Der Bildhauer Caspar von Zumbusch entwarf dann das endgültige Mahnmal und ließ seine Bronze-Partien in Nürnberg gießen. 1875 zuvor war sein Max-Monument in Münchens Maximilianstraße enthüllt worden; 1880 sollte sein Beethoven-Denkmal in Wien folgen. Zur Einweihung des Augsburger Friedensdenkmals erklärte Bürgermeister Ludwig Fischer: „Wir werden den Frieden halten. (...) Wir möchten gerne gemeinsam mit der großen Nachbarnation friedlich arbeiten an den noch zu vollendenden Werken der Zivilisation.“Über die Ankündigung sollten andere Interessen letztlich hinwegstiefeln ...
Ein problembeladenes Monument. Eine Tafel zur Erläuterung der Geschichte und Hintergründe dieses Friedensdenkmals wäre dienlich.