Gemischte Gefühle beim Thema TestStrategie
PCR- und Schnelltests sollen ein wesentlicher Bestandteil für den Ausstieg aus dem Corona-Lockdown sein. Was Vertreter der Wirtschaft von diesen Möglichkeiten halten und an welchen Stellen Kritik geübt wird
Bei Klassikradio in Augsburg sind Corona-Tests für die Mitarbeiter schon Routine. Seit Weihnachten kommt hierfür jeden Montag eine ausgebildete Fachkraft. Derzeit werden regelmäßig um die zehn Mitarbeiter getestet – jene Anzahl, die man braucht, um den Sendebetrieb aufrechtzuerhalten, erzählt Geschäftsführer Richard Goerlich. Für sie heißt es dann: Kopf hoch, Stäbchen rein und getrennt von den Kollegen warten. Nach einer Stunde hat man das Ergebnis.
Goerlich selbst hat den Test bereits sechsmal absolviert. „Das ist unangenehm, aber nötig“, sagt er. Nur so könne man Mitarbeiter schützen und die Arbeit weiterlaufen lassen. Um die 700 Euro pro Woche kostet Klassikradio die Testung der Kernmannschaft. Dass sich der Aufwand lohnt, hat Goerlich bereits erlebt. „Wir hatten bislang einen positiven Fall. Der betreffende Mitarbeiter konnte, ohne Kontakt zu Kollegen gehabt zu haben, sofort isoliert werden.“
Auch bei der Dierig AG werden die Mitarbeiter bereits seit vergangenem September regelmäßig getestet, jetzt auch per Schnelltest, sagt Vorstandsmitglied Ellen DingesDierig. Ebenso haben weitere Augsburger Unternehmen und Firmen,
Hosokawa Alpine, LEW, PCI, die Spedition Nuber oder Kuka Schnelltests im Angebot, solche angeschafft oder planen aktuell deren Einsatz. Das ergab eine Umfrage der IHK im Auftrag unserer Redaktion. Auch die Handwerkskammer für Schwaben (Hwk) lässt wissen: „Durch den Einsatz von flächendeckenden Tests können Infektionsketten früher unterbrochen werden sowie bestehende Öffnungen gesichert und weitere Öffnungsschritte ermöglicht werden.“Für Aussagen, wie viele Betriebe im Handwerk bereits Schnelltests durchführen, sei es aber noch zu früh.
Sinnvoll seien die Tests überall dort, wo viele Menschen aufeinandertreffen, so eine Einschätzung der Verantwortlichen. Dies sei vor allem in Betrieben der Fall, wo Mitarbeiter zwingend vor Ort tätig sind, etwa in der Produktion oder Logistik, oder wo Kundenkontakt geboten ist. Schnelltests einzusetzen, um Mitarbeiter aus dem Homeoffice zurückzuholen, steht dagegen bei kaum einem Unternehmen auf der Liste.
Dass viele Unternehmen in Eigenregie Tests verschiedener Art anbieten, zeige das hohe Verantwortungsbewusstsein in der Wirtschaft, resümiert die IHK. Doch es gibt auch eine Kehrseite der Medaille. „Diese Schnelltests sind eine extrem scharfe Waffe, um das Problem Corona in den Griff zu bekommen“, ist Martin Döring, Geschäftsführer bei Eberle, zwar überzeugt, hat aber ein Problem: „Wir bekommen keine Tests. Egal an wen wir uns wenden, die Kapazitäten scheinen erschöpft“, sagt er. Das sei ein Stück weit frustrierend. Denn für die Sicherheit der Beschäftigten würde Eberle solche Tests gerne anbieten – auch auf eigene Kosten. Man hoffe daher auf eine baldige Lösung.
Dass es zudem auch Kritiker gibt, weiß eine Sprecherin des Unternehmerkreises „Zukunft in Not“. In dem Bündnis sind mittlerweile rund 600 Firmen und Betriebe aus Augsburg
und der Region quer durch alle Branchen und Größen vertreten. Nicht jeder von ihnen sieht Teststrategien als ein Allheilmittel. „Neben der Sorge vor einer Ungenauigkeit der Testergebnisse und einer trügerischen Sicherheit stellen sich Kollegen vor allem die Kostenfrage“, weiß die Bündnissprecherin. Derzeit sei nicht abschließend geklärt, wer bezahlt. Ein Argument, das auch die Handwerkskammer ins Feld führt: „Den gebeutelten Unternehmen sollte diese weitere Belastung nicht auch noch aufgedrückt werden“, so Hauptgeschäftsführer Ulrich Wagner.
Zuletzt hatten Wirtschaftsverdarunter bände und Kammern immer wieder auf flächendeckende Teststrategien gedrungen, um dringend benötigte Öffnungsschritte für die vom Lockdown betroffenen Unternehmen zu ermöglichen. Neben der Kostenfrage steht zudem jene nach der Verhältnismäßigkeit im Raum. „Manche können nicht nachvollziehen, warum im Supermarkt seit einem Jahr keine Tests verlangt werden und dies auch nicht vorgesehen ist, Buchläden aktuell ohne Weiteres betreten werden können, als Voraussetzung für die Öffnung eines Modegeschäfts aber Schnelltests beim Kunden vorgesehen sind“, verweist die Bündnis-Sprecherin auf Stimmen aus dem Einzelhandel.
Eine Sorge, die Klaus Huber, Inhaber von Betten Huber, mit Abstrichen teilt. „Die Debatte mit dem Supermarkt will ich nicht führen, aber die Kostenfrage und auch die Frage nach der Sicherheit dieser Tests beschäftigt mich schon“, sagt er. Bisher sei man mit dem Hygienekonzept im Handel aus seiner Sicht gut gefahren. Bei Betten Huber habe es bislang keinen einzigen Corona-Fall unter den Beschäftigten gegeben. „Wenn die Schnelltests aber meinem Unternehmen, meinen Mitarbeitern und der Allgemeinheit helfen, die Krise besser zu überstehen, dann werde auch ich sie einsetzen.“