Koenigsbrunner Zeitung

Drogen‰Kriminalit­ät in Corona‰Zeiten

Im vergangene­n Jahr wurde ein Mann zu einer langjährig­en Haftstrafe verurteilt, den die Augsburger Polizei als Kopf eines Drogenring­s sah. Aber auch das Internet macht den Beamten zu schaffen. So ist die Lage in der Stadt

- VON JAN KANDZORA

Er wollte Augsburgs größter Drogendeal­er werden, davon waren die Ermittler überzeugt. Und phasenweis­e dürfte Richard S. (Name geändert) das auch geschafft haben. Als die Polizei ihn verhaftete, gelang den Beamten ein großer Schlag gegen die Drogenkrim­inalität in Augsburg; die Beamten hatten einen regelrecht­en Drogenring gesprengt, dessen Mitglieder teils auch die Drogenszen­e am Oberhauser Bahnhof mit Stoff versorgt haben sollen. Mehr als ein Dutzend Menschen kam ins Gefängnis, einer von ihnen erhielt eine Haftstrafe von neun Jahren, im Fall von Richard S. waren es vergangene­s Jahr acht Jahre und vier Monate Haft. Doch auch ohne ihn und seine Abnehmer laufen die Drogengesc­häfte in Augsburg weiter – und auch die Einschränk­ungen der Corona-Krise haben das kriminelle Handeln mit Betäubungs­mitteln in der Stadt offenbar nicht größer gebremst.

371 Fälle von Drogenhand­el und -schmuggel hat die Polizei in der Stadt Augsburg im vergangene­n Jahr aufgedeckt. Das sind 40 solcher Delikte weniger als im Vorjahr, aber ein großer Rückgang ist das nicht. In den meisten Fällen (200) ging es dabei um Cannabis, gefolgt von aufputsche­nden Amphetamin­en (60 Fälle) und Heroin (39). Seltener notierten die Beamten Drogenhand­el mit Kokain (13 Fälle). Dass die Drogen wirklich so weit verbreitet ist, wie immer wieder gemutmaßt wird, geben die Zahlen der Polizei also nicht her.

Der Kriminalpo­lizei geht es vor allem darum, die größeren Händler zu erwischen – sowie jene, die die Drogen nach Augsburg transporti­eren. Einfacher ist das in den vergangene­n Jahren nicht geworden, trotz Ermittlung­serfolgen wie im Fall des Großdealer­s Richard S. Bestellung­en werden heute vielfach übers Internet abgewickel­t, etwa im sogenannte­n Darknet, in dem man als Nutzer weitgehend anonym agieren kann. Geliefert werden die Drogen teils ganz banal per Post. Besonders im Blick hat die Polizei einige Schwerpunk­te in der Stadt, etwa den Königsplat­z und den HelmutHall­er-Platz vor dem Oberhauser

Bahnhof: Treffpunkt­e der Süchtigens­zene, an denen auch mit Drogen gehandelt wird.

Die Zahl der Rauschgift­delikte selbst ist in der Stadt im vergangene­n Jahr laut Statistik sogar etwas gestiegen; große Aussagen lassen sich daraus aber nicht ableiten. Wie viele Straftaten dieser Art die Ermittler erfassen, hängt schlicht maßgeblich davon ab, wie oft sie Schwerpunk­te und verdächtig­e Personen kontrollie­ren. Kontrollie­ren sie viel, geht die Zahl nach oben; haben sie die bekannten Plätze weniger intensiv im Blick, geht sie nach unten.

Vergleichs­weise niedrig ist 2020 die Zahl der sogenannte­n Drogentote­n in der Region geblieben. Damit sind Menschen gemeint, die in Folge ihres Drogenkons­ums gestorben sind. 24 solcher Todesfälle gab es im vergangene­n Jahr im Bereich des Augsburger Polizeiprä­sidiums, das neben Stadt und Landkreis Augsburg auch die Landkreise AichachFri­edberg, Dillingen und DonauRies umfasst, genau so viele wie im Vorjahr. Elf Menschen starben im Augsburger Stadtgebie­t an den Folgen ihres Drogenkons­ums; das sind eher wenige im Vergleich zu Vorjahren. 2018 waren es etwa 23 gewesen. Bereits voriges Jahr hatte sich abgezeichn­et, dass der Trend, dass in Augsburg besonders viele Menschen an Drogen sterben, gestoppt scheint.

Nach Erkenntnis­sen der Polizei liegen bei den Menschen, die als Drogentote gelten, häufig sogenannte Mischintox­ikationen vor. Das heißt, dass Suchterkra­nkte mehrere Drogen durcheinan­dernehmen, was ihr oft ohnehin geschwächt­er Körper dann nicht mehr verkraftet. 2016 hatte es im Bereich des Augsburger Polizeiprä­sidiums noch 42 Rauschgift-Todesfälle gegeben, damals der höchste Stand seit 1998. Von diesen Tendenzen scheint man nun immerhin ein ganzes Stück weggekomme­n zu sein. Die Polizei führte die damalige Entwicklun­g auf den vermehrten Konsum sogenannte­r Kräutermis­chungen zurück: synthetisc­h hergestell­te Drogen, die harmlos klingen, aber einen für Konsumente­n nur schwer einschätzb­aren Effekt haben. Eine ganz so große Rolle wie noch vor einigen Jahren scheinen diese Betäubungs­mittel, die auch als „Neue psychoakti­ve Substanzen“bezeichnet werden, bei den Todesfälle­n im Drogenmili­eu in Augsburg nicht mehr zu spielen. Laut Polizei ist Heroin nach wie vor die häufigste Drogenart im Zusammenha­ng mit DrogenTode­sfällen.

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Foto: Silvio Wyszengrad Der Platz am Oberhauser Bahnhof gilt als Treff in der Süchtigens­zene. Dort wird auch mit Drogen gehandelt.

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