Wohin mit den vielen Schulkindern im Kreis?
Das Kultusministerium erhöht die Zahl der Tests. Aber im Klassenzimmer? Die Schulleiter sind skeptisch. Gleichzeitig steigen die Quarantänefälle
Augsburg Jetzt ist klar: Auch Schülerinnen und Schülern sollen nun zwei Selbsttests pro Woche kostenlos und freiwillig zur Verfügung stehen, bislang sollte es nur einmal pro Woche sein. Nach Ostern soll dann in den Klassenzimmern nach dem Coronavirus gesucht werden. Jetzt werden die Eltern in einem Schreiben vom Kultusministerium über den neuesten Stand informiert. Fest steht mit dem Schreiben auch: Die Tests finden im Klassenzimmer zu Beginn des Unterrichtstags statt. Im Schulzentrum in Neusäß hört man genau das nicht gern. Die Gründe dafür sind unterschiedlich.
40.000 Selbsttests für Schulen und Kitas seien inzwischen im Landratsamt angekommen, teilt die Sprecherin der Behörde, Annemarie Scirtuicchio, mit. Sie sollen am Mittwoch und Donnerstag an die Schulen verteilt werden. Bereits Anfang der Woche hatte der Leiter des Justus-vonLiebig-Gymnasiums, Stephan Düll, hygienische Bedenken gegen die Tests im Klassenzimmer vorgebracht. Ob das sinnvoll sei, dass in einem Moment in einem Klassenzimmer alle 15 Schülerinnen und Schüler die Maske absetzen und das Stäbchen in die Nase einführen, wo womöglich Coronaviren schlummern – diese Frage stellte er in den Raum.
Dülls Idee: Eine Mini-Teststation für das gesamte Schulzentrum, in dem die Schülerinnen und Schüler unter Aufsicht von Fachpersonal ihren Selbsttest durchführen können. Eine Absage dafür kommt jedoch umgehend aus dem Landratsamt. Inzwischen bekommt er Unterstützung von anderer Seite.
Drei Realschulverbände, in denen unter anderem auch Realschulen aus dem Augsburger Land organisiert sind, haben ebenfalls Befürchtungen gegen Impfungen im Klassenzimmer. Es könne nicht sein, dass Schülerinnen und Schüler nun in den während der Unterrichtszeit in Gruppen unter Anleitung und Hilfe der Lehrkräfte getestet werden sollen – und die Lehrkräfte und die Schüler somit der Gefahr ausgesetzt sind, sich in der Schule mit dem Virus zu infizieren. Professionelle Expertenteams müssten die Tests außerhalb der Klassenräume durchführen, auf keinen Fall könnten das die Lehrkräfte tun, schreiben die Vorsitzenden der Realschulverbände Andrea Nüßlein (LEV-RS) für die Eltern, Jürgen Böhm (brlv) für die Realschullehrerinnen und -lehrer sowie Ingrid Meggl (VBR) für die Realschuldirektorinnen und -direktoren.
Auch Rainer Bartl, der Leiter der benachbarten Beruflichen Schulen und der FOS/BOS, findet es nicht gut, wenn die Corona-Selbsttests im Klassenzimmer durchgeführt werden. Seine Bedenken gehen jedoch in eine andere Richtung. Er möchte nicht, dass bei den Schülerinnen und Schülern das Gefühl aufkommt, es handle sich um eine verpflichtende Testung im Klassenzimmer. „Hier sollen alle wirklich selbst entscheiden dürfen“, so der Schulleiter. Wo und wie die Testung stattfinden könnte, wird aktuell noch in der Schule diskutiert, im Moment wird so geplant, dass die Tests nach den Osterferien starten können. Ob bis dahin schon wieder neue Vorgaben gelten? Auf der jüngsten Pressekonferenz in München am Dienstag hatte Kultusminister Michael Piazolo angedeutet, dass nach Möglichkeiten gesucht wird, auch bei einer Inzidenz über 100 pro 100.000 Einwohner in einer Woche die Schulen geöffnet zu halten – zumindest die vierten Klassen und die Abschlussklassen und dann auch mit verpflichtenden Tests.
Ein anderes Thema kommt Stephan Düll vom Justus-von-LiebigGymnasium, der auch für den Hauptvorstand des bayerischen Philologenverbands spricht, dabei viel zu kurz. Er weist darauf hin, dass mit den Impfungen für Lehrerinnen und Lehrer, die aktuell anlaufen sollen, ja allein Kolleginnen und Kollegen aus den Grund- und Förderschulen gemeint sind. Die Impfkampagne sollte jedoch auch für alle anKlassenzimmern deren Lehrerinnen und Lehrer gelten. „Und am besten für die Schülerinnen und Schüler über 16 Jahren, für die eine Impfung möglich wäre, gleich mit.“
Gerade die neuen Corona-Mutationen und die beginnende dritte Welle scheinen das Infektionsgeschehen tatsächlich auch in den Schulen im Augsburger Land anzufeuern. Die Landratsamts-Sprecherin teilt mit, dass die Labore inzwischen angehalten seien, die positiven Ergebnisse auf Mutationen zu untersuchen. Das dauert zunächst in einem Screening zwei Tage, in diesem Fall spricht man von einem Verdacht. Bis das bestätigte Ergebnis vorliegt, kann es bis zu vier Wochen dauern.