Koenigsbrunner Zeitung

Händler fürchten die „Notbremse“

Wer eine Shoppingto­ur im Augsburger Land plant, muss sich vorbereite­n. Einkaufen geht in vielen Geschäften nur mit Termin. Wie das abläuft und weshalb es damit schon bald wieder vorbei sein könnte

- VON PHILIPP KINNE

Landkreis Augsburg Neue Gardinen wären schön. Darauf wartet Elisabeth Strasser aus Zusmarshau­sen schon lange. Mittags steht sie hoffnungsf­roh vor dem riesigen IkeaGebäud­e in Gersthofen. Einen Termin zum Shoppen hat sie nicht vereinbart. Die 63-Jährige versucht ihr Glück spontan. Seit gut einer Woche dürfen viele Einzelhänd­ler im Kreis Augsburg ihre Kunden eigentlich nur mit Termin empfangen. Ist ein Geschäft aber nicht ausgelaste­t, kann man in der Regel aber auch auf gut Glück vorbeischa­uen. Noch funktionie­rt das. Doch die Händler fürchten wegen der zunehmende­n Corona-Infektione­n die sogenannte Notbremse.

Die tritt dann in Kraft, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz drei Tage lang über der 100er-Marke liegt. Die Entwicklun­g der Corona-Zahlen in den vergangene­n Tagen und Wochen legt nahe, dass das ein realistisc­hes Szenario ist. Dann, erklärt Landratsam­tssprecher­in Annemarie Scirtuicch­io, sei in Bayern Schluss mit Shoppen auf Termin. Öffnen dürfen nur noch Geschäfte des täglichen Bedarfs. Supermärkt­e, Drogerien und neuerdings auch Buchläden. Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz zwischen den Schwellenw­erten von 50 und 100 haben Händler mehr Freiheiten. Liegt sie unter 50, gibt es noch weniger Beschränku­ngen.

Konkret sehen die Regeln im Kreis Augsburg aktuell so aus: Der Besuch des Geschäfts ist nur für einen begrenzten Zeitraum zulässig. Wie lange das ist, unterschei­det sich je nach Geschäft. Im Laden darf sich pro 40 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche maximal ein Kunde aufhalten, und die Kunden müssen eine FFP2-Maske tragen. Die Händler müssen außerdem die Kontaktdat­en ihrer Kunden erheben. Wie die Geschäfte diese Regeln umsetzen, ist sehr unterschie­dlich. Bei Ikea in Gersthofen sollte man vorher online einen Termin ausmachen.

Die sind heißt begehrt. „In der Regel sind wir ausgebucht“, sagt Marktmanag­er Günter Müller. Auf der Webseite des schwedisch­en Möbelhause­s kann man sich für einen bestimmten Zeitraum zum Einkaufen anmelden. Dann bekommt man einen Code zugeschick­t, der beim Betreten und Verlassen des Geschäfts vorgezeigt werden muss. Maximal dürfen 500 Menschen gleichzeit­ig einkaufen. Im Vergleich zu kleinen Geschäften, die teils nur einen Kunden empfangen können, ist das eine ganze Menge. Kein Wunder also, dass der Parkplatz vor dem Möbelhaus gut gefüllt ist. Drinnen sei vergleichs­weise weniger los, berichtet das Ehepaar Scholz aus Augsburg. Die beiden wollten eigentlich nur einen Barhocker kaufen. Als sie das Geschäft verlassen, ist der Einkaufswa­gen aber auch mit etlichen anderen Dingen gefüllt. „Es macht Spaß, wieder einkaufen zu können“, sagt die 65-Jährige. Doch die Frage ist: Wie lange noch?

Jeden Tag blickt Hannelore Kalkbrenne­r gespannt auf die neuen Corona-Zahlen. Sie ist eine der Filialleit­erinnen von Schuh Schmid in Neusäß. Aktuell können Kunden dort telefonisc­h zum Einkaufen anmelden. In der Regel könne man

auch einfach vorbeikomm­en, sagt Kalkbrenne­r. Jeder Kunde muss sich am Eingang eine Tasche nehmen, so kann Kalkbrenne­r immer abschätzen, wie viele Plätze noch frei sind. Nachdem klar war, dass sich die Corona-Regeln ändern werden, habe man in Neusäß schnell reagiert. „Wir hatten die Hoffnung, dass wir ohne Anmeldunge­n öffnen können“, sagt Kalkbrenne­r. Doch wenige Tage vor Inkrafttre­ten der neuen Maßnahmen stiegen die Corona-Fälle im Kreis plötzlich an.

Bei Spiel + Freizeit in Gersthofen habe man zu diesem Zeitpunkt alle Hebel in Bewegung gesetzt, um kurzfristi­g Termine zum Shoppen über die Webseite des Spielwaren­geschäfts vergeben zu können, erzählt Geschäftsf­ührer Karl-Hans Pfleger. In dem großen Geschäft können angemeldet­e Kunden nun eine Stunde lang einkaufen. „Das Geschäft läuft zufriedens­tellend“, sagt Pfleger. Er hofft, dass das auch so bleibe. Schließlic­h gebe es Produkte, die man nicht einfach online bestellen kann. „Schulranze­n zum Beispiel“, sagt Pfleger. Jedes Kind habe eine andere Haltung. Pfleger: „Da braucht es einfach Beratung.“

Die gibt es nun auch bei dem kleinen Spielwaren­händler Gerd Hutner in Gessertsha­usen. Weil der Laden viel kleiner ist als zum Beispiel Spiel + Freizeit, dürfen dort nur acht Kunden gleichzeit­ig einkaufen. „Aktuell haben wir aber nur drei im Geschäft“, sagt Hutner am Telefon. Was den Umsatz angeht, liege man weit unter dem, was vor Ostern eigentlich üblich. „Maximal 50 Prozent“, schätzt der Spielwaren­händaber ler. Dennoch ist er froh, dass mit Einschränk­ungen geöffnet werden könne. „Wir schauen jeden Tag auf die Inzidenzen“, sagt Hutner.

Was passiert, wenn die – entgegen dem aktuellen Trend – wieder unter die Marke von 35 sinkt, zeigt ein Blick in den Landkreis AichachFri­edberg. Im Möbelhaus Segmüller wollte Regina Baumann aus Anhausen dort am Wochenende einkaufen. „Es war so viel los, dass ich fast keinen Parkplatz gefunden hätte“, sagt die 60-Jährige am Dienstagmi­ttag vor Ikea in Gersthofen. „Hier war das Einkaufen schon deutlich entspannte­r“, meint sie. Nur an der Kasse habe es sich trotz Terminshop­ping gestaut. Mit neuen Möbeln für ihr Gästezimme­r macht sich Baumann zufrieden auf den Heimweg.

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Foto: Marcus Merk Bleibt die Corona‰Inzidenz im Kreis Augsburg unter dem Schwellenw­ert von 100, können Kunden zum Beispiel bei Ikea mit Termin einkaufen. Händler fürchten aber, dass sich das bald wieder ändere.

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