Union sucht Ausweg aus der Krise
Druck auf CDU-Chef Laschet steigt, Kanzlerkandidatur und Programm zu klären
Berlin Maskenaffäre, historisch schlechte Landtagswahlergebnisse, wachsender Unmut über die Pandemiebekämpfung: Die Union kämpft sechs Monate vor der Bundestagswahl mit einem Abwärtstrend, der zunehmend für Nervosität in der Partei sorgt. In drei Umfragen fielen CDU und CSU auf Bundesebene diese Woche unter die 30-ProzentMarke. Obendrein droht die ungeklärte Kanzlerkandidatur immer mehr zu einem Machtkampf zwischen CDU-Chef Armin Laschet und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zu werden: In einer digitalen Vorstandssitzung am Montag sollen beide aneinandergeraten sein, als Laschet dem CSUChef bei einer dramatischen Analyse der Landtagswahlergebnisse das Wort abgeschnitten habe.
In der Union gärt der Unmut darüber, dass die Schwesterparteien dem Abwärtstrend bislang wenig entgegensetzen können: Die CDU sei sechs Monate vor der Bundestagswahl nicht ansatzweise vorbereitet und weder inhaltlich noch personell klar aufgestellt, kritisierte Laschets Rivale Friedrich Merz laut einem Bericht des Spiegel in einer Videokonferenz der Mittelstandsunion: „Wie soll das gehen? Wie soll das funktionieren?“, fragte Merz.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnt vor einem öffentlichen Streit, aber wie viele andere macht auch er Druck, sich gegen einen Abwärtstrend zu stemmen. „Die Gesamtlage ist objektiv sehr schwierig: Wir spüren, dass in der Bevölkerung eine Müdigkeit gegenüber der Pandemie-Situation eingetreten ist“, sagt Dobrindt unserer Redaktion. „Zusätzlich sehen wir, wie sehr durch das massive Fehlverhalten von Einzelnen das Ansehen der Politik insgesamt beschädigt wird“, kritisiert er die Skandalserie, die mit den Ermittlungen gegen seinen ehemaligen
CSU-Fraktionskollegen Georg Nüßlein begann. „Da verwundert es nicht, dass die Umfragen für die Union sich aktuell nach unten entwickeln“, sagt Dobrindt. „Deswegen besteht die Aufgabe darin, notwendige Rezepte für die Trendumkehr zu entwickeln“, fügt er auch mit Blick in Richtung des CDU-Vorsitzenden hinzu.
Auch bei den Christdemokraten wächst der Druck auf die Parteispitze und die führenden Regierungsmitglieder. „Das Corona-Management muss besser werden“, sagt der CDU-Finanzexperte und stellvertretende Unionsfraktionschef Andreas Jung. Zwar säßen Union und SPD, Bund und Länder in der Pandemie-Krise gemeinsam am Tisch. „Aber wenn es harzt, dann geht das voll mit uns heim“, ärgert sich Jung.
Auch er fordert Antworten für den Wahlkampf: „Wir müssen unabhängig von der Personenfrage schon jetzt an die Inhalte: Wegen Corona wurde das neue Grundsatzprogramm verschoben“, erklärt der baden-württembergische CDU-Politiker. „Jetzt muss die inhaltliche Profilierung im Zeitraffer kommen. Es muss dabei vor der Wahl sehr klar werden, wofür wir stehen.“
Das gelte vor allem mit Blick auf die grüne Konkurrenz: „Wir müssen überzeugende Antworten auf die Zukunftsfragen haben, Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellen und ausbuchstabieren, was das in allen Feldern konkret bedeutet“, fordert Jung. „So müssen wir etwa glaubwürdig mit überzeugenden Konzepten darlegen, wie wir Klimaneutralität und nachhaltiges Wachstum zusammenbringen.“
Immerhin deutet sich eine Klärung der Kanzlerkandidatenfrage im April an: „Es kann auch sehr schnell nach Ostern sein“, kündigte Laschet diese Woche im ZDF an.