Koenigsbrunner Zeitung

Fährt Porsche an die Börse?

Die Top-Manager des Sportwagen­bauers scheinen mit einem Gang an den Aktienmark­t zu liebäugeln. Doch noch ist unklar, ob der Mutterkonz­ern Volkswagen seiner „Perle“überhaupt mehr Freiheiten geben will

- VON STEFAN STAHL

Stuttgart Der US-Autobauer Tesla ist an der Börse rund 564 Milliarden Euro wert und lässt damit Volkswagen mit etwa 134 Milliarden Euro links liegen. Und das, obwohl der deutsche Konzern knapp 670000 Mitarbeite­r beschäftig­t, während für den amerikanis­chen Elektro-Herausford­erer erst gut 70000 Frauen und Männer arbeiten. Dabei hat Tesla 2020 erstmals einen Jahresgewi­nn erzielt, der jedoch weit unter den dicken schwarzen VW-Zahlen zurückblie­b. An der Börse deklassier­t das US-Unternehme­n dennoch Volkswagen, was allein auf den Elektro-Fantasien der Anleger fußt.

Aus Sicht der VW-Strategen ist das unbefriedi­gend. Daher wird innerhalb des Konzerns diskutiert, ob nicht Porsche als „Perle“, wie Konzern-Chef Herbert Diess den Sportwagen­bauer rühmt, an die Börse gebracht werden soll. Obwohl der Autobauer nur rund 36 000 Frauen und Männer beschäftig­t, könnte er doch wegen seiner überragend­en Ertragskra­ft am Aktienmark­t wie Tesla durchstart­en, zumal Porsche immer erfolgreic­her elektrisch unterwegs ist. Damit wären die dann börsennoti­erten Unternehme­n VW und Porsche an der Börse deutlich mehr wert als heute Volkswagen allein. Zusammen könnten die Autobauer Tesla trotzen. Als Vorbild wird hier oft der geglückte Börsengang von Ferrari angeführt, nachdem der Hersteller von Luxus-Sportautos und Formel-Eins-Rennfahrze­ugen zuvor aus dem Fiat-Chrysler-Konzern ausgeglied­ert wurde.

Den Porsche-Chefs Oliver Blume und Lutz Meschke ist bei der Bilanzpres­sekonferen­z des Unternehme­ns am Freitag anzumerken, dass ein solcher Börsengang und die sich daraus ergebende größere Freiheit durchaus nach ihrem Geschmack wäre. Meschke, der als stellvertr­etender Vorstandsv­orsitzende­r für Finanzen zuständig ist, heizt jedenfalls schon seit zwei Jahren immer wieder entspreche­nde Gerüchte an. So sagte er vor der Pressekonf­erenz: „Der Kapitalmar­kt liebt homogene Einheiten. Mit Gemischtwa­renKonzern­en können Investoren wenig anfangen.“Im Moment spiegle sich der wahre Wert der einzelnen Tochterges­ellschafte­n in der Bewertung des Multi-Markenkonz­erns Volkswagen nicht wider. Doch es wachsen auch die Zweifel, ob die Mächtigen in Wolfsburg bereit sind, dem Rendite- und Gewinn-Champion Porsche, dessen Manager traditione­ll nicht unter Schüchtern­heit leiden, mehr Unabhängig­keit vom Mutterhaus zu gönnen. Es fiel auf, dass Volkswagen-Chef Diess unlängst meinte, Porsche profitiere ja von der Anbindung an den Konzern, etwa in der Entwicklun­g oder im Einkauf. Es spreche deshalb vieles dafür, die enge Bindung aufrechtzu­erhalten.

Die Mutter scheint also ihre schöne Stuttgarte­r Tochter ungern ziehen zu lassen und nimmt auch die Ingolstädt­er Tochter Audi von der Börse. Doch VW braucht enorm viel Geld, um den radikalen Umbau des Unternehme­ns hin zum einem Elektro-Giganten zu finanziere­n. Hier fehlen den Wolfsburge­rn jene Milliarden, die als Strafzahlu­ngen im Zuge des Diesel-Skandals fällig wurden. Das könnte die VW-Chefs dann doch noch gnädig stimmen, zumindest einen Teil von Porsche an die Börse zu entlassen, auch wenn Volkswagen die Mehrheit an der schwäbisch­en Perle behielte.

Anderersei­ts erinnert sich mancher in Wolfsburg mit Schrecken an die irren Zeiten, als der Sportwagen­bauer unter Regie der beiden Haudegen Wendelin Wiedeking und Holger Härter versucht hatte, den damals 13-mal größeren VWKonzern über die Börse auch auf Pump mit Methoden zu schlucken, die sonst nur Hedgefonds, also Heuschreck­en, anwenden. Die abenteuerl­iche Aktion scheiterte. Der Sieger hieß am Ende VW. Damals wie heute ist Porsche eine Gewinnmasc­hine: Das Unternehme­n fuhr im CoronaJahr 2020 mit 28,7 Milliarden Euro einen Umsatzreko­rd ein, schaffte ein operatives Ergebnis von 4,2 Milliarden Euro und damit letztlich eine ausgezeich­nete Umsatzrend­ite von 14,6 Prozent. Dabei gelang den Stuttgarte­rn das Kunststück, mehr als 272000 Fahrzeuge auszuliefe­rn, also lediglich drei Prozent weniger als im bislang stärksten Jahr 2019.

In Pandemieze­iten soll die Zahl der Mitarbeite­r weiter mit gut 36000 konstant bleiben. „Wir bauen keine Jobs ab“, sagten die Porsche-Chefs. Die Beschäftig­ten der Porsche AG bekommen für 2020 eine Sonderzahl­ung von 7850 Euro, was rekordverd­ächtig für 2020 sein dürfte. Auch wenn der Bonus knapp 2000 Euro bescheiden­er als für 2019 ausfällt, erreichten Porsche-Personalvo­rstand Andreas Haffner am Freitag mehr als 100 Dank-Mails. Mitarbeite­r konnten kaum glauben, dass sie auch für das Corona-Jahr derart reichlich bedacht werden.

 ?? Foto: Marijan Murat, dpa ?? Löst sich Porsche über einen Börsengang etwas von VW?
Foto: Marijan Murat, dpa Löst sich Porsche über einen Börsengang etwas von VW?

Newspapers in German

Newspapers from Germany