Eine Superblase soll sich über Tokio wölben
Es war nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Blasen platzen. Schillernd schwebt der Profisport in diesen Zeiten über uns Normalsterblichen. Abgetrennt von der Außenwelt spult er sein Programm ab. Jeder Wettbewerb, der über die Bühne ging, ohne dass das Virus einen Weg hinein fand, war ein kleiner Sieg. Beobachtet von einer interessierten Öffentlichkeit, die sich ihrerseits seit Monaten in Zurückhaltung übt. Und beobachtet auch von jenen Funktionären, die in diesem Sommer das größte Sportereignis der Welt durchziehen wollen. Die Olympischen Sommerspiele in Tokio sollen stattfinden – koste es, was es wolle. Über die japanische Metropole soll die größte aller Blasen gestülpt werden.
Da will es so gar nicht ins Konzept passen, dass jetzt die ersten Blasen geplatzt sind. Dabei hatte der frisch wiederbestimmte IOC-Präsident Thomas Bach kürzlich noch freudestrahlend darauf hingewiesen, dass seit dem vergangenen Herbst rund 270 Großveranstaltungen mit 30 000 Athleten stattgefunden hätten, ohne dass auch nur eine zur Virenschleuder mutierte.
Möglicherweise war bisher aber unterschätzt worden, welche Rolle der Faktor Glück in diesen Hygienekonzepten spielt. Denn die Blase, die die Veranstalter über die HallenEM der Leichtathleten im polnischen Torun gestülpt hatten, entpuppt sich nun als ziemlich löchrig. Dabei sei auch dort streng auf die Regeln geachtet worden, wie es der Sport nie müde wird, zu betonen.
Der Deutsche LeichtathletikVerband (DLV) hatte am Mittwoch bereits sieben Corona-Fälle bei Nachkontrollen unter seinen 48 Startern und 19 Betreuern entdeckt. Unter den britischen Teilnehmern soll es neun positive Tests geben, ebenfalls neun in der niederländischen Mannschaft. Spitzenreiter ist die italienische Auswahl mit 15 Fällen, insgesamt sind es schon mehr als 50. Dazu passt, dass auch nach dem Säbel-Weltcup am vergangenen Wochenende in Budapest mindestens vier deutsche Fechter positiv getestet wurden.
Mit jedem Sportler, Trainer oder Betreuer mehr, der in die Blasen darf, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass auch das Virus einen Weg findet. In Torun waren 700 Athleten aus ganz Europa am Start. In Tokio sollen es 11 000 aus der ganzen Welt sein. Dazu kommen tausende Trainer, Betreuer und Offizielle. Schwer vorstellbar, ein derartiges Großereignis abzusichern. Wie so oft in diesen Tagen lautet nun auch hier das Zauberwort „Impfen“. Zumindest in Deutschland ist es aber mehr als fraglich, ob wir bis Juli so weit sind, kerngesunde Olympiateilnehmer impfen zu können. Und ob die das überhaupt wollen.