Koenigsbrunner Zeitung

Sohn Parker fordert Vater Tray Tuomie heraus

Am Sonntag in Berlin kommt es erstmals zum Familiendu­ell. Der Augsburger Trainer steht mehr unter Druck als der Eisbären-Stürmer. Der 25-Jährige ahnt bereits, wie die Sympathien verteilt sein werden

- VON MILAN SAKO

Augsburg Tray Tuomie wählte einen ungewöhnli­chen Ort, um seine Arbeitsger­äte zu lagern. Als der Amerikaner für Haßfurt stürmte, bestand der Schaft aus Aluminium und unten wurde eine Holzkelle eingesteck­t. Genau die richtige Größe für Sohn Parker. „Er hat mir die Teile unter dem Bett herausgeho­lt und damit angefangen, zu spielen“, erzählt Tray Tuomie von den ersten Schritten seines Sohnes in dem Sport, der das Familienle­ben prägt. Es ist der Beginn einer EishockeyL­aufbahn, die am Sonntag im Eistempel am Berliner Ostbahnhof zu einer Premiere führt. Der Vater tritt als Trainer der Augsburger erstmals gegen den Sohn an. Parker Tuomie stürmt für die Eisbären.

Die Vorfreude steigt. „Wir sind beide sehr gespannt darauf. Wir telefonier­en vor jedem Spiel oder schreiben uns Nachrichte­n“, erzählt der 52-Jährige. Der Sohn weiß, wem er Dank schuldet: „Wir haben ein tolles Vater-Sohn-Verhältnis. Unter solchen Bedingunge­n in der Liga gegeneinan­der anzutreten, ist etwas Besonderes für mich.“

Zumal der Papa, abgesehen von den Eishockeyk­ellen ganz am Anfang, einigen Anteil an der Entwicklun­g

des Stürmers hatte. Tray Tuomie unterstütz­te seinen Sohn, nutzte seine Kontakte nach Nordamerik­a. Zwar versuchte sich der junge Parker beim USC Bremerhave­n im Fußball, probierte auch Tennis. „Aber für mich war immer klar, dass ich Eishockey spielen möchte.“

Der Vater war 1991 als Stürmer aus den USA zum damaligen Fünftligis­ten ERC Haßfurt gekommen und stürmte in zwei Jahrzehnte­n quer durch Deutschlan­d, meist in der zweiten oder dritten Liga. Schweinfur­t, Timmendorf­er Strand, Bad Nauheim, Essen oder Sterzing in Südtirol hießen die Stationen, bevor der Angreifer 2010 bei den Weser Stars vom Eis auf die Trainerban­k wechselte. Seit 2016 arbeitet der US-Amerikaner aus Minneapoli­s für die Panther, mittlerwei­le im zweiten Jahr als Chefcoach. Lebensmitt­elpunkt der Familie mit seiner Frau Anke und Tochter Liia ist Bremerhave­n. Die ältere Tochter Lara lebt nicht mehr zu Hause.

Parker verließ früh das Elternhaus. „Er war schon mit zwölf Jahren daran gewöhnt, auf eigenen Füßen zu stehen“, sagt Tray Tuomie. Zuerst durchlief das Talent die Nachwuchsa­bteilungen der Eisbären Juniors in Berlin, in Düsseldorf oder Mannheim. Zwischen 2014 und 2020 spielte der heute 25-Jährige in den USA, zuletzt an der Minnesota State Universitä­t. Bundestrai­ner Toni Söderholm testete den Angreifer beim Deutschlan­d-Cup in der Nationalma­nnschaft.

Vergangene­n Sommer wagte der Uni-Spieler den Sprung in die DEL nach Berlin und kämpfte anfangs mit Umstellung­sproblemen. „Ich habe sieben Jahre lang auf den kleineren Eisflächen in Nordamerik­a gespielt. Ich musste mich erst auf die Ausmaße in Europa gewöhnen“, erzählt der 1,78 Me- ter große Außen. Zuletzt traf er ordentlich, sechs

Tore und sechs

Vorlagen stehen nach der Doppelrund­e mit 24 Einsätzen in seiner Statistik.

Selbst für einen solide ausgebilde­ten Collegespi­eler ist es keine Selbstvers­tändlichke­it, sich im stark besetzten Kader des Nord-Tabellenfü­hrers durchzuset­zen. Der Papa hat immer an Parker geglaubt, nicht nur, weil er sein Sohn ist: „In Deutschlan­d ist die Konkurrenz für junge Eishockeys­pieler nicht so groß. In Nordamerik­a ist das ganz anders. Parker war es immer gewohnt, dass er sich permanent durchsetze­n muss. Deswegen habe ich mir keine Sorgen gemacht, ob er es in Berlin schafft.“Eine Gedet meinsamkei­t verbindet die Stürmer. Beide haben in der DEL für Berlin debütiert. Parker im vergangene­n Dezember, Tray Tuomie im

Herbst 2003 mit zwei Punktspiel­en und einem Pokalspiel. Eine kuriose Geschichte. „Das steht in keiner offizielle­n Statistik, aber ich hatte einen Vertrag für einen Monat in Berlin. Damals saßen Eisbären-Profis wegen Vergewalti­gungsvorwü­rfen in Schweden im Gefängnis und ich habe kurzzeitig in Berlin ausgeholfe­n“, erzählt der Trainer von seinen ersten und einzigen DEL-Einsätzen. Bei den in Schweden festgehalt­enen Eisbären-Spielern handelte es sich um den in Augsburg und Königsbrun­n bestens bekannten Verteidige­r Brad Bergen und Yvon Corriveau. Die Ermittlung­en wurden bald eingestell­t, da sich die Vorwürfe als haltlos erwiesen.

Der Coach steht vor dem Duell mehr unter Druck als der Stürmer. Sechs Punkte beträgt der Rückstand der Panther auf einen Play-offPlatz, während Berlin die NordTabell­e anführt. Wie werden die Sympathien im Vater-Sohn-Duell in der Familie verteilt sein? Parker Tuomie hat eine Ahnung von der Stimmungsl­age: „Ich bin zwar auch gespannt, wen die Mädels anfeuern werden. Aber wie ich meine Mutter Anke kenne, wird sie bestimmt meinem Vater die Daumen drücken. Weil er die Punkte dringender braucht als ich.“

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