Verkalkuliert mit den Lockerungen
Der Ärger beim Handel und anderen Betroffenen ist nachvollziehbar: Kaum, dass die ersten Lockerungen umgesetzt worden sind, steht wieder das Zurück zum Lockdown bevor. Überraschend allerdings kann das für keinen kommen. Schon als Bund und Länder ihre „Öffnungsmatrix“beschlossen hatten, zeichnete sich ab, dass die Infektionszahlen steigen werden. Die Experten warnten da schon, dass man am Beginn einer dritten Welle stehe. Die Lockerungen kamen zu früh, weil Testkonzepte und Impfungen noch nicht ausreichen. Es wurden Erwartungen geweckt, die nicht zu halten sind. Das ist gefährlich, denn damit sinkt der Rückhalt für die Maßnahmen des Staats in einer kritischen Phase.
Es wird angesichts stark steigender Infektionszahlen gar nichts anderes übrig bleiben, als der vorübergehende Rückfall in den Lockdown. Augsburg hat im Herbst vor vielen anderen Regionen in Deutschland erlebt, was es bedeutet, wenn die Zahlen explodieren. Die zweite Welle traf die Stadt mit großer Wucht, das Uniklinikum geriet an seine Grenzen. Corona-Patienten mussten teils weiter weg verlegt werden, weil es in Augsburg nicht mehr genug Kapazitäten gab. Will man das noch einmal riskieren?
Es wird jetzt viel kritisiert, man solle nicht nur auf die Inzidenzen schauen - auch die Lage an den Kliniken sei entscheidend. Tatsächlich hat sich die Situation an der Uniklinik etwas entspannt. Doch keiner weiß, wie es in zwei oder drei Wochen aussehen wird – mit Virus-Varianten, die sich nicht nur leichter verbreiten, sondern die wohl auch öfter schwere Verläufe auslösen. Jetzt passieren die Infektionen, die mit Verzögerung auch wieder die Klinken füllen. Wenn jetzt noch mal der Lockdown kommen muss, muss es aber bessere Perspektiven geben. Die Stadt muss intensiv an eigenen Lösungen arbeiten. Dass Oberbürgermeisterin Eva Weber nun auch Ansätze wie das Tübinger Modell prüfen will, ist dabei ein wichtiger Schritt.