Sie retten bald wieder Rehkitze mit Drohnen
Bald ist Cornelia Günther aus Bobingen wieder im Einsatz, um Rehkitze vor dem Mähtod zu bewahren. Dafür hat die Tierärztin einen eigenen Verein gegründet. Doch für diese Saison fehlt noch Unterstützung
Bald ist Cornelia Günther wieder im Einsatz, um Kitze vor dem Mähtod zu retten. Dafür wurde ein Verein gegründet. »Lokales
Bobingen In wenigen Wochen ist Cornelia Günther wieder im Einsatz. Frühmorgens sucht das Team um die Bobinger Tierärztin dann die Felder nach Rehkitzen ab – zusammen mit mehreren Helfern und einer Drohne samt Wärmebildkamera. Mit deren Hilfe lassen sich die Jungtiere leichter ausfindig machen. Denn genau darum geht es Günther: Die Kitze finden und vor dem Mähtod retten.
Dafür hat die Tierärztin vergangenes Jahr einen Verein gegründet – die „Rehkitzrettung Augsburg“. Mit 65 Helfern und zwei Drohnenpiloten war sie rund 20-mal in der vergangenen Saison im Einsatz. Dabei entdeckten sie 30 Rehkitze. Meist sind die Helfer auf Wiesen 30 Kilometer rund um Augsburg unterwegs. Günther erhielt aber auch schon Anrufe vom Bodensee oder aus Baden-Württemberg. Die Nachfrage war vergangenes Jahr so groß, dass sie kaum mehr zu stemmen war, sagt sie.
Deshalb hat der Verein nun aufgestockt: Zwei neue Drohnen für rund 10.000 Euro sind angeschafft. Diese sollen bei Drohnenpiloten in Schwabmünchen, Aichach und Gessertshausen stationiert werden, damit die Rehkitzrettung an verschiedenen Orten gleichzeitig gelingt. Um die Drohnen fliegen zu dürfen, bedarf es einer Fluglizenz. Auch Günther will heuer den Schein machen. Sieben weitere Vereinsmitglieder haben sich angemeldet.
Doch bislang fehlt noch Unterstützung: sowohl finanziell für die neuen Drohnen, als auch personell. Nach Angaben von Günther haben sich für die kommende Saison erst 46 Freiwillige gefunden, die Einsätze begleiten. Die Tierärztin sucht deshalb noch personelle Unterstützung für die Rehkitzrettung. Viel Zeit bleibt nicht mehr: In den Monaten Mai und Juni bringen Rehe ihre Kitze zur Welt. Dann beginnt auch die erste Mahd.
Mit Mähwerken schneiden Landwirte dann das hohe Gras auf Grünland und Futterbauflächen. Darin versteckt liegen die Rehkitze. Ist die Mutter auf Futtersuche, bleiben die Jungtiere allein zurück – und werden nicht selten von den Mähmaschinen der Landwirte verletzt oder getötet.
Die Schuld für den Mähtod liegt aber nicht pauschal bei Landwirten, betont Günther. Die Mähwerke sind so breit und die Fahrerkabine so hoch, dass die Rehkitze schlicht nicht zu erkennen sind. Aber: Landwirte seien rechtlich im Rahmen des Tierschutzgesetzes dazu angehalten, den Mähtod aktiv zu verhindern. Sie können Rehkitze und Muttertiere vom Acker fernhalten, indem sie vor der Mahd Plastiktüten auf Stöcke aufhängen. So suchen die Rehe sich eine andere Stelle, um sich niederzulassen. Doch die Rehscheuchen bieten keine hundertprozentige Sicherheit. Stattdessen hat es sich bewährt, die Felder vor der Mahd mit Drohnen und Wärmebildkameras abzusuchen. Hier kommt Cornelia
Günther ins Spiel, denn mit ihrem Verein will sie Landwirten und Jägern dabei helfen, Rehkitze zu finden und zu retten.
Im besten Fall rufen sie Günther und ihr Team ein bis zwei Tage vor der Mahd an und liefern Infos zur Wiese und Umgebung. So kann Günther den Einsatz vorbereiten. Mit einem Drohnenpiloten und einem Helfer, der auf den Monitor der Drohne blickt und das Wärmebild im Auge hat, geht es zur Rehkitzrettung. Zwei bis vier weitere Helfer laufen am Feldrand mit.
In der Regel beginnt ein Einsatz schon um 4 Uhr morgens. Denn wie Günther erklärt: „Je größer die Differenz zwischen Außentemperatur und Kitz, desto eindeutiger ist die Anzeige auf dem Monitor.“Zeigt die Wärmebildkamera einen roten Fleck auf dem schwarz-weißen Hintergrund, verbirgt sich dort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Rehkitz. Die Kitze liegen meist eingerollt wie eine Katze mit der Schnauze zum Bauch hin im Gras.
Werden die Helfer fündig, fangen sie das Rehkitz mit Einweghandschuhen und Grasbüscheln oder einem Kescher ein. Mit bloßen Händen darf das Kitz nicht angefasst werden, erklärt die Expertin. Dann legen die Helfer das Tier in eine Box und lassen es frei, sobald der Landwirt das Feld gemäht hat. Das Kitz findet von selbst wieder zum Muttertier zurück.
Doch nicht nur Landwirte und Jäger wenden sich an die „Rehkitzrettung Augsburg“. Im vergangenen Jahr gab es auch zahlreiche Anrufe von Spaziergängern, die ein einsames Rehkitz gefunden hatten und nicht wussten, was sie tun sollten. „Es ist völlig normal, wenn ein Rehkitz alleine ist“, erklärt Günther. Nur, wenn das Kitz laut pfeift oder unruhig wirkt, sollten Beobachter handeln und den Jagdpächter rufen. Wegen der vielen Anfragen richtet die „Rehkitzrettung Augsburg“bereits ab April eine eigene Hotline ein. Geschulte Vereinsmitglieder erklären, was zu tun ist, wenn man ein Rehkitz findet.
OWeitere Infos zur Rehkitzrettung und zum Verein „Rehkitzrettung Augsburg“gibt es unter www.rehkitzrettungaugs burg.de.