Blumen, Blumen, überall Blumen
In den kommenden Wochen finden erstmals gleich zwei Landesgartenschauen in Bayern statt. Dabei haben die Veranstaltungen mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen
Ingolstadt/Lindau Die Krise macht es möglich: Obwohl mittlerweile in Deutschland Gartenschauen längst keine Selbstläufer mehr sind, soll es in diesem Jahr erstmals in Bayern eine Doppel-Schau geben. Die vom vergangenen Jahr verschobene Landesgartenschau in Ingolstadt wird nach derzeitiger Planung vom 21. April bis 3. Oktober stattfinden. Etwas kürzer soll in dieser Zeit auch noch die regulär heuer geplante Gartenschau in Lindau laufen (20. Mai bis 26. September).
Am Bodensee könnte es dabei auch noch so etwas wie eine Gartenschau-Inflation geben: Denn in Überlingen soll auch noch die Landesgartenschau Baden-Württemberg stattfinden. Auch sie wurde wegen der Pandemie 2020 verschoben – der dann für den 9. April 2021 geplante Start wurde vor wenigen Tagen wegen zu hoher Corona-Infektionszahlen im Bodenseekreis wieder verschoben. Zudem ist die Blumeninsel Mainau ohnehin seit Jahrzehnten ein beliebtes Ziel von Gartenfreunden. Der Geschäftsführer der bayerischen Landesgartenschau, Martin Richter-Liebald, glaubt trotz dieser Ballung daran, dass sich die beiden Landesgartenschauen am Bodensee gut ergänzen werden: „Hier gibt es einen Dreiklang mit der Mainau zusammen, die eine dauerhafte Gartenausstellung ist.“Doch wie die Flut der Blumenschauen nun unter Corona-Bedingungen mit Hygiene-Vorgaben ankommt, bleibt abzuwarten.
In Bayern können die Landesgartenschauen mittlerweile auf eine vier Jahrzehnte dauernde Geschichte zurückblicken. Premiere war im Jahr 1980 in Neu-Ulm, wo es eine gemeinsame Schau mit BadenWürttemberg und der Nachbarstadt Ulm gab. Die erste alleinige bayerische Gartenschau fand 1985 in Augsburg statt. Eine halbe Million Besucher wurden damals erwartet – 1,2 Millionen kamen. Von solchen Erfolgen sind die Veranstaltungen heute weit entfernt. Die letzte große Landesgartenschau in Bayern, 2018 in Würzburg, endete mit langen Gesichtern. Es kamen nur rund 700 000 Besucher – etwa 200 000 weniger als erhofft. Oftmals wurde die damalige Hitze für die Probleme verantwortlich gemacht. Letztlich verbuchten die Organisatoren ein Minus von rund fünf Millionen Euro in der Kasse.
In Traunstein und in Erlangen hatten die Wähler zuvor schon geplante Landesgartenschauen bei Bürgerentscheiden an der Urne durchfallen lassen. Auch in
Schweinfurt, das 2026 an der Reihe ist, gab es erheblichen Gegenwind. Eine Bürgerinitiative wollte das Projekt verhindern, konnte aber nicht genügend Unterstützer mobilisieren. Umstritten ist das Projekt dennoch, die Gegner fürchten insbesondere eine zu große finanzielle Belastung für die unterfränkische Stadt. In anderen Bundesländern gibt es ähnliche Probleme.
Geschäftsführer Richter-Liebald sieht trotzdem keine generelle Krise der Gartenschauen. Bei Gesprächen mit Kommunen, die sich aktuell für die Zeit ab 2028 für die bayerischen Landesgartenschauen bewerben können, gebe es eine gute Akzeptanz. Außerdem habe ein Jahr nach Würzburg die Gartenschau in Wassertrüdingen die andere Seite gezeigt. Bei der kleinen Landesgartenschau kamen mehr als 300 000 Besucher in die mittelfränkische Stadt, und damit mehr als erwartet. Allerdings sieht er auch, dass die Einwohner bei künftigen Projekten früher mitgenommen werden sollten. „Wir müssen mehr informieren, wir müssen wesentlich mehr Bürgerbeteiligung machen“, sagt er. Außerdem wirbt er für eine neue Sichtweise. „Die Gartenschau wird immer bewertet mit der Zahl der Besucher“, meint Richter-Liebald. Dies sei aber nicht richtig. Es müsse darauf geschaut werden, was dauerhaft für die Menschen in den Städten gebaut werde.
Ähnlich sieht dies der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler): „Gartenschauen sind Investitionen in die Zukunft und in die Lebensqualität vor Ort“, sagt er. Bislang seien mehr als 500 Hektar Grün- und Erholungsflächen durch die Gartenschauen geschaffen worden. Denn grundsätzlich sind Landesgartenschauen mehr als zeitlich begrenzte Blumenpräsentationen. Fast immer soll den Städten mit dem Zuschlag für die Veranstaltung die Möglichkeit gegeben werden, brach liegende Flächen für die Zukunft zu entwickeln.
In Ingolstadt soll deswegen heuer ein Randbezirk im Nordwesten der Großstadt mit einer neuen Grünanlage aufgewertet werden. Auf 23 Hektar entstand ein Landschaftspark, der die Besucher mit mehr als 100 000 Pflanzen begeistern soll. Allein rund 600 Bäume wurden zusätzlich gepflanzt. Dafür wurden 24
Millionen Euro investiert, die laufenden Kosten während der Schau werden mit 13 Millionen angesetzt.
Lindau will im Sommer zum „Gartenstrand“werden. Ein großer Autostellplatz wurde dafür umgestaltet, nachdem auch in der Inselstadt am Bodensee ursprünglich ein Bürgerbegehren das Projekt kippen wollte. Doch so weit kam es nicht. Nun versprechen die GartenschauMacher: „Auf einem tristen Parkplatz entsteht zum einen ein lebendiges Viertel mit bezahlbaren Wohnungen, zum anderen aber auch ein blühender Bürgerpark für die kommenden Generationen.“Der Gesamtetat dafür beträgt mehr als zehn Millionen Euro.
Die Lindauer Veranstaltung ist die letzte der kleineren Gartenschauen, die seit 1995 unter dem Motto „Natur in der Stadt“immer in den Jahren zwischen den großen Landesgartenschauen stattfanden. Diese Regionalgartenschauen werden abgeschafft. Ab 2023 wird es nur noch jährlich die bayerische Landesgartenschau geben. Im kommenden Jahr ist nach den jüngsten Verschiebungen allerdings erst einmal Pause.