Die Prozession der Pharaonen
Mumien altägyptischer Könige werden Jahrtausende nach ihrem Tod umgebettet
Kairo Für einen Moment ist das alte Ägypten wieder erstanden – nur, dass Pharaonen wie Amenhotep I. oder Seqenenre diesmal in goldenen, motorisierten Wagen vorfuhren: Tausende Jahre nach ihrem Tod sind die Mumien von 22 Königinnen und Königen aus dem alten Ägypten in einer Prozession durch Kairo transportiert worden.
Anlass der Fahrt am Samstagabend war die Verlegung der Mumien vom Ägyptischen Museum am Tahrir-Platz ins neu eingeweihte Museum für Ägyptische Zivilisation (NMEC). Nach Jahrzehnten in dem neoklassizistischen Bau im Zentrum der Hauptstadt sollen die Mumien der 18 Herrscher und vier Herrscherinnen künftig dauerhaft im
NMEC unterkommen. Ägypten verwandelte die Verlegung in eine Prozession nach antikem Vorbild, als verstorbene Könige mit großen Ehren zu ihren Grabstätten gebracht wurden. Unter dem Titel „Die goldene Parade des Pharaos“fuhren die dekorierten Wagen, begleitet von einer Polizeikolonne, die abgesperrte Nil-Promenade entlang. Dutzende Reiter und kostümierte Darsteller zogen ebenfalls mit. Am Museumsgebäude verfolgte Präsident Abdel Fattah al-Sisi die Ankunft der Wagen.
Unter den Mumien ist die des bedeutenden Pharaos Ramses II., der auch „der Große“genannt wurde und ab 1279 vor Christus für 66 Jahre über Ägypten herrschte. Er erbaute die Tempel von Abu Simbel und führte sein Land nach mehreren Kriegen in einer relativ langen Friedenszeit zu Wohlstand. Verlegt wurde auch die Mumie der legendären Pharaonin Hatschepsut (Regentschaft 1479 –1458 vor Christus), die erst anstelle ihres minderjährigen Stiefsohns Tutmosis III. regierte, sich dann aber selbst zur Königin krönen ließ.
Mit dem Spektakel samt Lichtshow – der sonst überfüllte TahrirPlatz wurde für die Show abgesperrt und herausgeputzt – will Ägypten vermutlich auch Touristen ins Land locken. Die Wirtschaft ist von Tourismus-Einnahmen abhängig und hat während der Corona-Pandemie stark gelitten. Begleitet wurde die
Prozession von dramatischer Musik eines Chors und Orchesters im NMEC, wo die Mumien mit militärischen Ehren empfangen wurden – „wie es Königen entspricht“, schrieb die staatliche Nachrichtenseite Al-Ahram.
Die berühmteste Grabstätte altägyptischer Pharaonen ist das Tal der Könige, heute nahe der Stadt Luxor. Ramses II. etwa wurde nach seiner siebentägigen Mumifizierung 1213 vor Christus in Leinenbinden gehüllt und mit Schmuck behangen dort beigesetzt. Im Lauf der Jahrhunderte betteten seine Nachfahren den Pharao mehrfach um – vermutlich, weil sein altes Grab an einer tiefen Stelle des Tals durch Sturzfluten beschädigt war.