Lebensmittelspenden helfen Suchtkranken
Am Helmut-Haller-Platz arbeiten Privatleute und Sozialarbeiter mittlerweile Hand in Hand, um die Drogenabhängigen zu versorgen – auch über die Feiertage. Das war nicht immer so
Mit prall gefüllten Tüten voller Lebensmittel und Süßigkeiten konnte man am Samstagvormittag Menschen über den Helmut-HallerPlatz in Oberhausen laufen sehen. Sie kamen vom Kontaktladen „BeTreff“, wo Privatleute und Sozialarbeiter eine große Spendenaktion ins Leben gerufen hatten. Es ging darum, über die Osterfeiertage drogenabhängige und wohnsitzlose Menschen mit Lebensmitteln, Hygieneartikel und Tierfutter zu versorgen.
„Die Spendenbereitschaft war riesig“, freut sich Inge Sommerreisser, die als Privatperson gemeinsam mit BeTreff-Leiterin Kati Wimmer von der Drogenhilfe die Aktion organisiert hat. Dreimal musste sie mit ihrem voll beladenen VW Touareg ins BeTreff fahren, um alle Spenden abzuliefern, die in den vergangenen Wochen eingegangen waren. „Wir haben das erste Mal über Facebook zu Lebensmittelspenden aufgerufen“, so Sommerreisser, die die FacebookGruppe „Augsburg mit Herz“ins Leben gerufen hat. Nicht nur Privatleute hätten sich mit Spenden beteiligt, sondern auch etliche Unternehmen, von denen unter anderem palettenweise Joghurt gekommen war, der bei den Suchtkranken reißenden Absatz fand. „Die Menschen haben oft Schwierigkeiten beim Kauen, weshalb Joghurt sehr beliebt ist“, hat sie gelernt. Die Spenden wurden ganz gezielt und in Absprache mit dem BeTreff gesammelt, um den Bedürfnissen der Empfänger zu entsprechen. „Mir geht es heute darum, dass die Jungs und Mädels über Ostern etwas Vernünftiges zum Essen haben – und auch ein paar Ostereier“, nennt Sommerreisser die Motivation für die Sammlung.
Während des Gesprächs verlässt ein Pärchen mit Hund und zwei vollen Tüten den Kontaktladen. Die beiden lachen und scheinen gute Laune zu haben. „Genau das ist es doch, deshalb machen wir das hier“, ruft Inge Sommerreisser bei dem Anblick spontan.
Etwas Vernünftiges zum Essen wollte auch Uschi Eschbach beitragen. Aus einer Grießspende hat sie römische Gnocchi mit Kirschtomaten gekocht, die ebenfalls im BeTreff an die Menschen ausgegeben werden. „Ich beteilige mich schon länger gemeinsam mit Inge an der Hilfe für die Menschen am Helmut-Haller-Platz“, berichtet sie. Essen dürften die Helfer wegen der Corona-Vorschriften normalerweise nicht ausgeben, weshalb sie gern an diesem Samstag ihren Teil mit einer warmen Mahlzeit beigetragen habe.
Die Zusammenarbeit mit den privaten Helfern habe sich extrem positiv entwickelt, freut sich Kati Wimmer. Im Frühjahr hatte es mit verschiedenen Privatleuten Reibereien gegeben, die ohne Absprache mit den Sozialarbeitern Spenden auf den Helmut-Haller-Platz gebracht und dabei teilweise gehörig das
Hilfskonzept durcheinander gebracht hatten. Mit den Helfern um Inge Sommerreißer habe sich nun eine regelmäßige und für die Menschen hilfreiche Kooperation entwickelt, so Wimmer. Noch immer sei der BeTreff auf Lebensmittelspenden für die Suchtkranken angewiesen – hier leisteten die ehrenamtlichen Helfer großartige Arbeit. „Leider gibt es immer noch Einzelpersonen, die nicht mit uns sprechen und mit ihren Sachspenden auch viel Müll produzieren“, schränkt sie ein.
Für die Spendenaktion hat der BeTreff ausnahmsweise am Samstag aufgemacht, sagt Kati Wimmer. „Wenn der Donnerstag wie geplant Ruhetag gewesen wäre, hätten wir auch geöffnet, um die Menschen zu versorgen“, sagt sie. Ab Dienstag sind die Mitarbeiter wieder zu den normalen Öffnungszeiten für ihre Klientel da.
Im Betreff sitzen, streng nach den Corona-Regeln mit weitem Abstand, zwei Männer und genießen eine Tasse Kaffee und ein kleines Frühstück aus den Spenden. „Ich bin nicht auf die Spenden angewiesen, aber ich komme jeden Tag nach dem Arzt hierher und finde die Aktion toll“, sagt Alex, der Jüngere von den beiden. Auch er hat sich eine Lebensmitteltüte gesichert – mit Joghurt, Bananen und Äpfeln sowie einem Fertiggericht.
Baydut kann mit Fertiggerichten nichts anfangen – seit er vor einem Jahr aus dem Gefängnis entlassen wurde, lebt er auf der Straße. Seine Tüte ist voller Brot, Biskuit, Käse und Joghurt – sowie Zahnpasta und Hygieneartikeln. Sich sauber zu halten, sei auf der Straße nicht ganz einfach, erklärt er. Es gebe in Augsburg kaum Orte, wo man sich als Obdachloser waschen könnte. Wie er sich ohne die Lebensmittelspende über die Feiertage versorgt hätte? „Keine Ahnung“, sagt der Mann und zuckt mit den Schultern. „Ich habe immer mal wieder mehrere Tage nichts zu essen – es ist gut, dass es hier Hilfe gibt.“