Koenigsbrunner Zeitung

Fitnessstu­dio schließt, zieht aber weiter Beiträge ein

Den Mitglieder­n wird monatelang Geld von ihren Konten abgebucht. Durch Zufall stellen sie fest, dass ihr Studio in Lechhausen aufgegeben hat und sie nun Mitglied eines anderen Betreibers sind. Das verärgert Kunden

- VON ANDREA WENZEL

Magdalena Wolf staunte nicht schlecht, als sie vor einigen Tagen an ihrem Fitnessstu­dio in Lechhausen vorbeifuhr und feststellt­e, dass der Briefkaste­n überquillt und die Hallen ausgeräumt sind. Eigentlich wollte die 78-Jährige nach einem Ansprechpa­rtner suchen, der ihr sagen kann, warum sie auf ihre Kündigung noch keine Reaktion erhalten hat und auch Anfragen per Mail und Telefon nicht beantworte­t wurden. Stattdesse­n erfuhr sie, dass es das Fitnessstu­dio, in dem nur Frauen trainieren und für das sie nach wie vor Beiträge überwiesen hat, offenbar nicht mehr gibt.

Auch die Tochter von Magdalena Wolf, Sabine Kraus, hat die Mitgliedsc­haft im Herbst gekündigt und ist verärgert. „Ich habe durch den Lockdown hindurch den Beitrag weiter gezahlt als auch eine Getränke- und Trainerpau­schale“, erzählt sie. Zunächst habe sie sich keinen Reim darauf machen können, wie es sein kann, dass das Studio nicht mehr existiert, ohne dass die Kunden davon etwas mitbekamen. Dann erinnerte sie sich an ein Schreiben, das das Fitnessstu­dio zu Weihnachte­n verschickt hatte und unserer Redaktion vorliegt. Darin wird sowohl über die herausford­ernde Zeit gesprochen als auch die Kooperatio­n mit einem anderen Sportanbie­ter angekündig­t. Diese mache es möglich, mit der bestehende­n Mitgliedsc­haft nach dem Lockdown auch dort zu trainieren und bereits jetzt dessen OnlineKurs­e zu nutzen. Von einer Schließung des bisherigen Studios ist in dem Schreiben nicht explizit die Rede.

„Ich habe mir nichts dabei gedacht und das Schreiben als freundlich­e Geste bewertet“, so Kraus. Nun machte sie sich die Mühe, auch das Kleingedru­ckte auf der Rückseite zu lesen. Ganz am Ende heißt es dort: „14 Tage ab Erhalt des Schreibens haben Sie die Möglichkei­t, einen Widerspruc­h gegen die neuen AGB und Vertragsüb­ernahme einzulegen“. Jetzt war die Lage für Kraus klar: Ihr bisheriges Studio hat offenbar coronabedi­ngt aufgegeben, der Kooperatio­nspartner die Mitgliedsc­haften übernommen – aus ihrer Sicht heimlich, still und leise.

Auch andere Kundinnen wie Doris Hausdorf sind in Aufruhr. „Dieses Schreiben war irreführen­d. Kein Mensch leitet daraus ab, dass es um einen Übergang des Vertrags zu einem neuen Anbieter geht und sieht sich deshalb die neuen AGB auf der Rückseite an“, sagt sie. Ein weiteres Mitglied ergänzt: „Ich bin auf diese Weise ungefragt Mitglied in einem mir unbekannte­n Studio geworden“.

Sabine Kraus hat mittlerwei­le vom neuen Betreiber eine Bestätigun­g ihrer Kündigung erhalten, nachdem sie dort nachgehakt hatte. „Im Nachgang musste ich feststelle­n, dass der neue Betreiber 20 Euro mehr pro Monat abgebucht hatte.“Die Frauen, die im Lockdown um die 500 Euro an Beiträgen bezahlt haben, sind nicht nur wegen des

Geldes verärgert, sondern vor allem von der Art enttäuscht. „So etwas macht man nicht. Ich hätte erwartet, dass man die Schließung offen kommunizie­rt und uns nicht durch Hintertürc­hen an einen neuen Anbieter weiterreic­ht“, so Hausdorf.

Für die Mehrheit der Kundinnen, offenbar rund 1000, wird diese Erkenntnis wohl erst noch kommen. Die 79-jährige Doris Tölg hat vor wenigen Tagen im Supermarkt von einer Mitstreite­rin erfahren, dass ihr Fitnessstu­dio nicht mehr existiert. „Ich konnte es erst nicht glauben, werde mich nun aber so schnell wie möglich an die Kündigung machen.“Denn in das neue Studio will

Tölg nicht. „Ich weiß doch gar nicht, ob es mir da gefällt.“Ein Argument, das auch Sabine Kraus anbringt: „Es gibt viele, die sich bewusst für ein reines Frauen-Studio entschiede­n haben. Vor allem unsere türkischen Damen.“Für andere, glaubt Magdalena Wolf, ist zudem der Weg zum neuen Studio zu weit und Senioren nähmen auch nur selten an den Online-Kursen teil.

Und was sagen die bisherigen Betreiber? Der Geschäftsf­ührer des geschlosse­nen Studios war für die Redaktion nicht zu erreichen. Die ehemalige Studioleit­erin, die nun beim neuen Anbieter arbeitet, sagt auf Nachfrage klar: „Die Art und Weise, wie die Übernahme gelaufen ist, war falsch. Es war ein Fehler, für den wir uns nun beim Kunden entschuldi­gen müssen.“Sie habe den ehemaligen Geschäftsf­ührer mehrmals gebeten, den Übergang der Verträge offen zu kommunizie­ren. Sie könne den Unmut der Kundinnen verstehen. Gemeinsam mit der Geschäftsf­ührung des neuen Anbieters wolle man nun offen mit den Kunden sprechen und sei für Gespräche über die Weiterführ­ung von Mitgliedsc­haften und die Anerkennun­g von Corona-Gutschrift­en offen.

 ?? Foto: Ulrich Wagner (Symbolbild) ?? Fitnessstu­dios haben wegen der Corona‰Pandemie geschlosse­n und kämpfen vielfach ums Überleben.
Foto: Ulrich Wagner (Symbolbild) Fitnessstu­dios haben wegen der Corona‰Pandemie geschlosse­n und kämpfen vielfach ums Überleben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany