Zahl der Bußgelder geht deutlich nach oben
In den vergangenen Monaten haben die Ordnungsbehörden in der Stadt Tausende neue Corona-Verstöße erfasst. Doch die Bearbeitung der Bescheide ist offenbar ein enormer Kraftakt
Erst kürzlich waren wieder zwei Gastronomen in Augsburg vor Gericht. Sie hatten sich gegen Bußgelder gewehrt, die sie wegen vermeintlichen Verstößen gegen die Corona-Regeln bekommen hatten. Ein Wirt aus Kriegshaber sollte 3200 Euro zahlen, was ihm nicht schmeckte, auch der Inhaber eines Cafés in der Innenstadt weigerte sich, einen Bußgeldbescheid einfach hinzunehmen. Für die Unternehmer lohnte sich der Gang vor das Amtsgericht: In beiden Fällen stellte das Gericht die Verfahren ein. Derartige Verfahren werden die Gerichte in den kommenden Monaten noch erheblich beschäftigen. Denn in den vergangenen Wochen ging die Zahl der Corona-Bußgelder drastisch nach oben. Längst nicht alle davon wurden allerdings bezahlt.
Wie berichtet, werden in Augsburg im bayernweiten Vergleich gemessen an der Einwohnerzahl sehr viele Verstöße gegen die CoronaRegeln aufgenommen und Bußgelder deswegen verhängt. Diese Entwicklung ist allerdings, solange die einschränkenden Maßnahmen andauern, nur ein vorläufiger Stand – was etwa daran liegt, dass die Anzeigen von unterschiedlichen Behörden stammen, etwa Polizeidienststellen und Ordnungsdiensten, und bei den jeweils zuständigen Bußgeldstellen in den Kommunen auf unterschiedliche Art eingehen können. Manchmal werden sie für einen bestimmten Zeitraum gesammelt und dann übergeben, manchmal kommen sie mit größerer Verzögerung rein.
In Augsburg wurden nach Auskunft von Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) seit Beginn der Pandemie 9006 Verstöße gegen die Infektionsschutzregeln aufgenommen. Damit hat sich diese Zahl innerhalb von drei Monaten mehr als verdoppelt; kurz vor Jahreswechsel hieß es von der Stadt noch, man habe 4087 Anzeigen erfasst. Offensichtlich eine Folge der derzeitig gültigen harten Einschränkungen, möglicherweise auch einer verstärkten Kontrolldichte von Polizei und Ordnungsdienst; allein in den vergangenen vier Wochen wurden über 1500 Verstöße aufgenommen – mehr als im gesamten zweiten Halbjahr 2020. Zum Vergleich: Im nach Einwohnerzahl etwa fünf Mal so großen München waren etwa 25000 Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Corona-Verstößen eingelaufen, also nicht einmal drei Mal so viele wie in Augsburg.
Wer gegen Corona-Regeln verstößt, muss unter Umständen hohe Summen aufbringen. 2000 Euro etwa, wenn man gegen Quarantäneauflagen verstößt, Hunderte Menschen wehren sich dagegen alleine in Augsburg, seit Monaten laufen die Verfahren vor dem Amtsgericht, rund 300 waren es bisher nach Angaben des Gerichts. Es spricht einiges dafür, dass weitere dazukommen werden, unter anderem die Tatsache, dass weniger als die Hälfte der von der Stadt verhängten Strafzahlungen bislang beglichen wurden. Nach Angaben des Ordnungsreferats sind bislang Bußgelder in einer Gesamthöhe von rund 810000 Euro ausgestellt worden. Davon wurden nur 285000 Euro bezahlt.
Wie viel Arbeitsaufwand die Bußgelder den kommunalen Verwaltungen machen, zeigt sich auch, wenn man über die Stadtgrenzen blickt. Wie die Abendzeitung kürzlich berichtete, hat das zuständige Kreisverwaltungsreferat in München den Großteil der angezeigten Verstöße noch gar nicht angeschaut, geschweige denn bearbeitet. Die Bearbeitung aller Corona-Fälle übersteige deutlich die personelle Leistungsfähigkeit der Bußgeldstelle, die Bearbeitung aller Corona-Verfahren würde sich ohne mehr Personal voraussichtlich bis weit ins Jahr 2022 ziehen.
Auch in Augsburg scheint die Bearbeitung der Bußgelder ein enormer Kraftakt zu sein. Dafür spricht ein behördliches Hickhack. Hintergrund: Bearbeitet wurden die Bußgeldbescheide nach Beginn der Pandemie zunächst vom Verkehrsüberwachungsund Ordnungsdienst, ab Juli vergangenen Jahres dann vom Gesundheitsamt – einer Behörde also, die in der Corona-Pandemie ohnehin enorm ausgelastet ist, sind die Mitarbeiter dort doch unter anderem für die Nachverfolgung von CoronaFällen zuständig. Hintergrund war nach damaliger Auskunft der Stadt die Regelung, dass die Dienststellen bei der Stadt die in ihrem Bereich anfallenden Ordnungswidrigkeiten in eigener Zuständigkeit betreuen. Das Gesundheitsamt ist originär für die Ordnungswidrigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz zuständig, musste aber zunächst erst die personellen Kapazitäten schaffen, um die Bearbeitung der Bußgelder schaffen zu können. So richtete die Behörde eine eigene Arbeitseinheit zur Bearbeitung der Bußgelder ein, „in der inzwischen acht Personen aus verschiedenen Dienststellen zusammengezogen wurden, um die Ordnungswidrigkeiten abzuarbeiten“, wie es von der Stadt hieß.
Offenbar reicht das nun auch nicht mehr aus. Wie Augsburgs Ordnungsreferent Pintsch auf Anfrage mitteilt, bearbeitet das Ordnungsreferat die Corona-Bußgelder nun wieder mit, um das Gesundheitsamt zu unterstützen. »Kommentar