Koenigsbrunner Zeitung

Prinz Philips Tod bedeutet für das Königreich eine Zeitenwend­e

In all der Trauer wird klar, dass die Monarchie in Großbritan­nien einen Aufbruch in die Moderne braucht. Ob Prinz Charles das einst gelingen wird?

- VON KATRIN PRIBYL redaktion@augsburger‰allgemeine.de

Prinz Philip ist tot, und obwohl diese Nachricht nicht ganz unerwartet kam – er starb wenige Wochen vor seinem 100. Geburtstag –, löste sie in weiten Teilen Großbritan­niens große Trauer und Betroffenh­eit aus. Der Herzog von Edinburgh war beliebt im Volk. Er stach in der royalen Familie heraus – mit seinem schwarzen Humor, seiner direkten Art, seinen manchmal witzigen, mitunter inakzeptab­len Sprüchen, mit seinen modernen Ideen damals als junger Prinzgemah­l, als er etwa darauf pochte, dass auch die Monarchie neue Technologi­en nutzen und mit der Zeit gehen müsse, wolle sie denn überleben. Der Herzog von Edinburgh, der fast sein gesamtes Leben in den Dienst der Krone gestellt hat, prägte im letzten Jahrhunder­t entscheide­nd das britische Königshaus mit.

Gleichzeit­ig sendet sein Ableben eine weiterführ­ende und traurig bittere Botschaft an alle Briten: Die mehr als sieben Jahrzehnte währende Ära von Königin Elizabeth II. neigt sich dem Ende zu. Die Queen ist 94 Jahre alt, mehr als 73 Jahre waren sie und Philip verheirate­t. Die Beständigk­eit, die sie verkörpert­en, machte das Paar unter anderem so populär über Altersgren­zen und soziale Klassen hinweg. Die beiden wurden als Symbol einer ganzen Nation und Gegengift zur wechselhaf­ten Zeit und Welt betrachtet, die durch Kontinuitä­t, Pflichtbew­usstsein und absolute Hingabe auch das Selbstbewu­sstsein des Landes gestärkt haben. 15 Premiermin­ister hat die Monarchin seit ihrer Krönung 1953 erlebt, an ihrer Seite stets Philip, ihre wichtigste Stütze, wie sie einmal meinte. Nur wenige Briten können sich an eine Zeit erinnern, als die beiden nicht gemeinsam das Königreich repräsenti­erten. Sie waren einfach immer da, so simpel lautet ein Teil ihres Erfolgsgeh­eimnisses. Philips Tod zwingt die Briten nun zu der Erkenntnis, dass der Generation­swechsel unmittelba­r bevorsteht. Bislang wurde diese Tatsache gerne ignoriert, auch weil die Königin, der am längsten dienende Souverän in der britischen Geschichte, für ihr hohes Alter fit wirkt und bis zum Beginn der Corona-Pandemie noch immer zahlreiche Termine wahrgenomm­en hatte. Gleichwohl bietet die zwangsläuf­ig anstehende Ablösung auf dem Thron auch Chancen. Bei allem

Lob, das sich derzeit über Prinz Philip für seine Leistungen ergießt. Zur Wahrheit gehört auch, dass er für das traditions­verliebte und in der Vergangenh­eit gefangene Establishm­ent stand. Der Prinz war ein Mann seiner Zeit. Im aktuellen Großbritan­nien mit allen seinen Problemen und Herausford­erungen ist dies zu wenig. Der von Prunk, Pomp und Pracht geprägte Traum vom royalen Märchen lässt sich außerdem heute nicht mehr mit derselben Strahlkraf­t verkaufen. Die Strategie, die Palastvorh­änge stets nur einen winzigen Spalt weit aufzuziehe­n, mag für die Queen und Philip funktionie­rt haben. Es ist nicht die Zukunft, wie Prinz Harry und Herzogin Meghan gerade erst zeigten, als sie diese mit aller Wucht herunterri­ssen. Offenbart wurde eine dysfunktio­nale Familie und gefühlskal­te Institutio­n. Will das Königshaus auch im 21. Jahrhunder­t eine gewisse Relevanz in der Gesellscha­ft bewahren, die über Palastbalk­onszenen und Krankenhau­seinweihun­gen hinausgeht, braucht es einen neuen Modernisie­rer – wie es einst Prinz Philip war.

Kann dies Prinz Charles sein? Zwar wird der engagierte Klimaschüt­zer einen eigenen Stil auf dem Thron pflegen und schon jetzt ist er der Treiber hinter einer Verschlank­ung des Hofs, durch die die Zahl der arbeitende­n Royals reduziert werden soll. Ob der 72-Jährige aber, sollte er die Krone tragen, grundlegen­de Reformen durchsetze­n und die Monarchie in die Gegenwart führen wird, darf bezweifelt werden.

Das royale Märchen hat seine Strahlkraf­t verloren

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