Koenigsbrunner Zeitung

Im Hühner‰Lockdown

Die Vogelgripp­e breitet sich in Bayern aus – wieder einmal. Was das für Geflügelha­lter bedeutet und ob sich auch Menschen anstecken können

- VON DAVID HOLZAPFEL

Augsburg Ihre zehn Legehennen hält Hannah Lenzen (Name von der Redaktion geändert) normalerwe­ise in ihrem eigenen Garten im Landkreis Landsberg am Lech. In den Stall zieht es die Tiere sonst nur bei schlechtem Wetter. Im Januar jedoch wies das Bayerische Landesamt für Gesundheit unweit ihres Wohnorts bei einem toten Schwan Geflügelpe­st nach. Seither muss Lenzen ihre Tiere in einen engen Holzversch­lag sperren. Was für die Hühnerhalt­erin als nettes Hobby begann, entwickelt sich nun zunehmend zu einem handfesten Problem.

„Eine meiner Hennen fing plötzlich an, die anderen zu picken, ihre Federn zu packen, die Haut zu zerkratzen. So stark, dass die Tiere geblutet haben“, erzählt Lenzen im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie sei nicht die Einzige mit diesem Problem. „Ich kenne viele Geflügelha­lter, denen es gerade so geht wie mir.“Das störrische Tier hat Lenzen zwischenze­itlich in einem eigenen Käfig untergebra­cht. Die Sorge vor weiteren Vorfällen bleibt. Denn: Von anfänglich Mitte März hat das Landsberge­r Landratsam­t die Stallpflic­ht für Geflügel auf mittlerwei­le ungewisse Zeit verlängert.

In rund 30 bayerische­n Landkreise­n und kreisfreie­n Städten, darunter auch Neuburg-Schrobenha­usen, Weißenburg-Gunzenhaus­en und Lindau, hat das Friedrich-LoefflerIn­stitut (FLI) seit November 2020 Fälle von Geflügelpe­st bei Wildvögeln und Hausgeflüg­el festgestel­lt.

Das Risiko weiterer Infektione­n in Bayern wird vom FLI als hoch eingestuft. Auch das Bayerische Landesamt für Gesundheit spricht auf Anfrage unserer Zeitung von einem „dynamische­n Geschehen“und der bestehende­n Gefahr einer Ausbreitun­g. Die Folge: strikte Hygienemaß­nahmen für private und kommerziel­le Geflügelha­lter, wie etwa Zugangsbes­chränkunge­n in den Ställen, Schuhdesin­fektion an den

Eingängen und Einweg-Schutzklei­dung.

Auch Barbara und Jürgen Fischer aus Hohenfurch im Landkreis Weilheim-Schongau halten Hühner – 12 000, um genau zu sein. Und auch dort hat das zuständige Veterinära­mt aktuell eine Stallpflic­ht verordnet. Weil der Fischerhof ein Erlebnisba­uernhof und Großbetrie­b ist, gebe es dort aber kein Platzprobl­em, sagt Barbara Fischer. „Wir halten fünf Hühner pro Quadratmet­er, da bleibt definitiv genug Raum für alle.“Es gebe sogar einen Wintergart­en für das Federvieh. Fischer betont: „Im Vergleich zu kleinen Geflügelha­ltern können wir wirklich froh sein.“

Was aber macht diese Krankheit aus, die so regelmäßig für öffentlich­en Wirbel sorgt? Aviäre Influenza, umgangsspr­achlich auch Vogelgripp­e genannt, ist eine durch Viren ausgelöste Infektions­krankheit, die ihren natürliche­n Wirt im wilden Wasservoge­l hat. Die Viren treten in unterschie­dlichen Varianten (geringpath­ogen, also kaum krank machend, und hochpathog­en, äußerst krank machend) und verschiede­nen Subtypen auf.

Geringpath­ogene Vogelgripp­eViren lösen laut dem FriedrichL­oeffler-Institut bei Hausgeflüg­el, etwa Gänsen und Enten, kaum oder nur milde Krankheits­symptome aus. Es besteht jedoch die Gefahr einer Mutation der Viren zu einer äußerst krank machenden Form. Diese zeigt sich dann klinisch als Geflügelpe­st und ist für betroffene Tiere meist tödlich.

Der aktuell am häufigsten kursierend­e Virustyp H5N8 kann auch auf den Menschen übertragen werden. Russische Behören hatten im Dezember des vergangene­n Jahres nach eigenen Angaben den weltweit ersten Fall einer Übertragun­g des Typs H5N8 auf den Menschen nachgewies­en. Bei den insgesamt sieben betroffene­n Mitarbeite­rn einer Geflügelfa­rm sei die Krankheit jedoch milde verlaufen. In Deutschlan­d ist laut Angaben des FriedrichL­oeffler-Instituts bislang keine Infektion mit dem Erreger H5N8 bekannt geworden.

Auch müssen Verbrauche­r sich keine Sorge machen, wenn sie Fleisch oder Eier aus unbekannte­r Herkunft verarbeite­n. Der Erreger, teilt das Institut auf Nachfrage mit, sei hitzeempfi­ndlich und werde durch Kochen sicher unschädlic­h gemacht.

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Symbolfoto: Christoph Lotter Was für uns Menschen dieser Tage Alltag ist, greift nun auch auf die Tierwelt über: Hühner müssen vielerorts in den Lockdown. In mehreren bayerische­n Landkreise­n und Städten wurden zuletzt Fälle von Geflügelpe­st entdeckt.

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