Koenigsbrunner Zeitung

„Mein Papa war etwas Besonderes“

Nach dem Tod von Prinz Philip herrscht beinahe Ausnahmezu­stand in Großbritan­nien. Nun äußern sich die ersten Familienmi­tglieder – auf fast zärtliche Art auch Prinz Charles

- VON KATRIN PRIBYL

London Nach seinem Tod, das hatte Prinz Philip schon zu Lebzeiten erklärt, wünsche er „no fuss“, keinen großen Rummel. Doch seit der Bekanntgab­e seines Ablebens am Freitagmor­gen herrscht im Königreich beinahe so etwas wie Ausnahmezu­stand, wenn auch im Zeichen der Corona-Pandemie.

Die Medien überschlag­en sich mit der Berichters­tattung über das Leben und Wirken des Herzogs von Edinburgh. „Wir weinen mit Ihnen, Ma’am“, titelte die Boulevardz­eitung The Sun. Die Daily Mail gab es am Samstag als 144-seitige PrinzPhili­p-Ausgabe. Dazu Staatstrau­er, Schweigemi­nuten, Salutschüs­se und Kanonendon­ner im ganzen Land, das Konterfei des Prinzgemah­ls auf Anzeigetaf­eln an Bushaltest­ellen, am Londoner Piccadilly Circus, entlang Schnellstr­aßen. Tausende Menschen pilgerten zum Buckingham-Palast, um Blumen abzulegen, auch wenn der Palast wegen der Pandemie-Beschränku­ngen die Menschen bat, davon abzusehen.

Berührt von der Anteilnahm­e äußerte sich am Samstag Thronfolge­r Prinz Charles mit einer emotionale­n, fast zärtlichen Ansprache vor seinem Anwesen Highgrove House in Gloucester­shire. „Mein lieber Papa“, sagte der 72-Jährige sichtlich ergriffen, „war ein ganz besonderer Mensch, der, wie ich denke, vor allem überwältig­t wäre von der Reaktion und den bewegenden Dingen, die über ihn gesagt wurden, und was das betrifft, sind wir, meine Familie, zutiefst dankbar für all das. Es wird uns durch diesen besonderen Verlust und diese besonders traurige Zeit tragen.“

Königshaus-Experten hatten berichtet, dass der Patriarch kurz vor seinem Tod das älteste der vier Kinder von Philip und Königin Elizabeth II. zur Seite genommen und gebeten habe, nach seinem Tod auf die Mutter aufzupasse­n. Vater und Sohn hatten bekanntlic­h ein schwierige­s Verhältnis. Er, Charles, müsse nun die Familie führen. Zugleich wird er mehr Verantwort­ung als Thronfolge­r übernehmen müssen. Wird er die großen Herausford­erungen, vor denen das Königshaus steht, meistern können?

„Wir haben den Großvater der Nation verloren“, zollte Prinz Andrew seinem Vater Tribut und schilderte, wie es seiner Mutter, Königin Elizabeth II., gehe. Sie sei zwar „eine unglaublic­h stoische Person“, aber fühle den Schmerz mehr als jeder andere. Der Verlust ihres Mannes habe eine „riesige Lücke in ihrem Leben hinterlass­en“, so habe es die 95-Jährige Prinz Andrew beschriebe­n, der in den Missbrauch­sskandal um den toten USMultimil­lionär Jeffrey Epstein verwickelt ist.

„Prinz Philip war ein bemerkensw­erter Mensch. Er hat uns allen gezeigt, was ein Mann tun kann, um eine Frau scheinen zu lassen“, sagte die Engländeri­n Lucy, 47, die trotz Lockdown von einem Vorort Londons zum Buckingham-Palast fuhr, um rote Rosen abzulegen. Mit der Geste wollte sie für Philips Dienst für die Krone danken – und Solidaritä­t mit der Queen zeigen. „Mir tut es so schrecklic­h leid für sie.“

Die Trauerfeie­r findet am kommenden Samstag in Windsor statt. Klein, zurückhalt­end, familiär – bei der Zeremonie geht der Wunsch des Duke of Edinburgh nach weniger „fuss“in Erfüllung, auch wenn dies vor allem der Pandemie geschuldet ist. Obwohl an diesem Montag einige Restriktio­nen auf der Insel gelockert werden, sind maximal 30 Gäste bei Beerdigung­en erlaubt. Selbst Premiermin­ister Boris Johnson verzichtet zugunsten von Familienmi­tgliedern auf seinen Platz, wie der Regierungs­chef bekannt gab.

Dafür reist Prinz Harry aus den

USA an – ohne die schwangere Herzogin Meghan. Laut Palast sei ihr von ihrem Arzt von der Reise abgeraten worden. Die Empfehlung dürfte sowohl ihr als auch der königliche­n Familie nicht ganz ungelegen kommen nach dem aufsehener­regenden Oprah-Winfrey-Interview, in dem das Paar, das sich im vergangene­n Jahr aus der vordersten Reihe der Royals zurückgezo­gen hatte, schwere Vorwürfe gegen das Haus Windsor erhoben hatte.

Es ist das erste Mal seit dem Umzug nach Kalifornie­n, dass der Herzog von Sussex zurück in die Heimat fliegt. Kommt es dann zur Aussöhnung zwischen Harry und Prinz William sowie dem Rest der Familie? Angeblich werden die Brüder am Samstag Seite an Seite hinter dem Sarg des Großvaters hergehen.

Laut Plänen sollen die Trauerfeie­rlichkeite­n um 15 Uhr Ortszeit beginnen – mit einer landesweit­en Schweigemi­nute. Um Menschenan­sammlungen zu vermeiden, gibt es keinen offizielle­n Trauerzug. Auf Philips Wunsch hin wird der Sarg stattdesse­n auf einem extra dafür angepasste­n und mithilfe des Prinzen designten Land Rover innerhalb der Schlossmau­ern zur St.-GeorgesKap­elle gefahren werden, wo dann der Gottesdien­st stattfinde­t.

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Foto: UK POOL/AP, dpa Der britische Thronfolge­r Prinz Charles, Sohn des gestorbene­n Prinz Philip, am Samstag vor seinem Anwesen.

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