Koenigsbrunner Zeitung

Betrug mit Corona‰Hilfen: Millionens­chaden?

In Augsburg ermittelt die Polizei in bislang 240 Fällen wegen mutmaßlich­en Betrugs bei Corona-Subvention­en. Doch nicht alles hält der Überprüfun­g vor Gericht stand

- VON JAN KANDZORA

Vor Kurzem wurde in München ein ziemlich großer Fall verhandelt, ein 31-Jähriger hatte unter verschiede­nen Identitäte­n 91 Anträge auf Corona-Soforthilf­e in mehreren Bundesländ­ern gestellt. 2,5 Millionen Euro wollte er sich so erschleich­en, was misslang. Ein Gericht verurteilt­e ihn schließlic­h zu viereinhal­b Jahren Haft. Einen derart großen Brocken gab es im Raum Augsburg seit Beginn der Corona-Krise nicht. Doch auch hier versuchen Menschen nach Erkenntnis­sen der Ermittler, die staatliche­n Hilfsmaßna­hmen auszunutze­n. Krise und Lockdown-Maßnahmen werden Firmen in die Pleite und Menschen in den finanziell­en Ruin führen, die Förderprog­ramme sind dafür gedacht, die Folgen abzuschwäc­hen. Doch die Hilfszahlu­ngen werden offenbar vielfach auch von Menschen in Anspruch genommen, die das Geld nicht benötigen oder zu Unrecht beziehen.

So waren beispielsw­eise manche Unternehme­n im Augsburger

Raum, die in den vergangene­n Monaten staatliche Hilfen beantragt haben, womöglich schon vor Ausbruch der Pandemie pleite. Wie die Reinigungs­firma eines 37-Jährigen, der 5000 Euro vom Staat bekam. Es stellte sich heraus: Das Unternehme­n war schon vor Ausbruch der Pandemie in finanziell­er Schieflage gewesen, die Voraussetz­ungen für die Gewährung der Soforthilf­e lagen den Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft zufolge nicht vor. Der Mann erhielt einen Strafbefeh­l von 15.000 Euro und musste zusätzlich die betrügeris­ch erlangte Subvention­ssumme zurückzahl­en. Kein Einzelfall.

Nach Angaben der Augsburger Staatsanwa­ltschaft gab es bislang 240 Fälle um Subvention­sbetrug bei Corona-Soforthilf­en; 215 im Jahr 2020, 25 seit Jahreswech­sel. Der verursacht­e Schaden, den die Ermittler annehmen, liegt bei bisher rund 1,5 Millionen Euro. Namen von Firmen nennen die Ermittlung­sbehörden nicht, es sitzt auch kein Beschuldig­ter in U-Haft. Wie das Verhältnis von Verfahren und Schadenssu­mme nahelegt, geht es zumeist wohl nicht um RiesenSumm­en, die einzelne Unternehme­r oder Privatpers­onen mit betrügeris­cher Absicht von staatliche­n Stellen beantragt haben sollen – sondern um eher kleine Beträge, die sich aber summieren.

Die typischen Fördersumm­en in den Fällen, die der Polizei auf den Tisch kommen, liegen meist bei 5000 oder 9000 Euro, durch Kombinatio­n von Landes- und Bundesförd­erprogramm­en im Höchstfall bei bis zu 18.000 Euro. Die Verdachtsf­älle werden oft durch Banken gemeldet, die Fälle sind unterschie­dlich gelagert. Manchmal sind Gewerbe, die Fördergeld­er beantragte­n, nach Erkenntnis­sen der Ermittler etwa erst kurz vor der Krise eröffnet worden – womit eine entspreche­nde Frist nicht berücksich­tigt worden sein könnte. Manchmal wollen offenbar auch

Organisati­onen Gewerbe-Subvention­en erhalten, für die die beantragte­n Hilfsgelde­r nicht gedacht sind, etwa gemeinnütz­ige Vereine. Häufig sollen die Firmen nur im Nebenerwer­b geführt worden sein, ein Haupteinko­mmen war demnach anderweiti­g vorhanden.

Auch Künstler geraten teils in das Visier der Justiz – gibt es doch eine spezielle Künstlerhi­lfe für Betroffene. 2020 sind bei der Staatsanwa­ltschaft lediglich drei entspreche­nde Anzeigen eingegange­n, seit Jahresbegi­nn 2021 sind es 23. Nicht immer aber werden Betroffene, die einen Strafbefeh­l erhalten oder angeklagt werden, letztlich auch verurteilt. So stand etwa im Februar ein Barkeeper und DJ aus Augsburg wegen angebliche­n Subvention­sbetrugs im Rahmen der Corona-Soforthilf­e vor Gericht. Er hatte in den teils chaotische­n Märztagen 2020 einen entspreche­nden Antrag gestellt. Er habe sich im Internet kundig gemacht, viel recherchie­rt, dann bei der Regierung von Schwaben angerufen und sei am Ende „100-prozentig sicher gewesen“, dass er in den Kreis der Berechtigt­en falle, sagte er vor Gericht. Am 18. März hatte der Barkeeper seinen Antrag auf Soforthilf­e gestellt, die umgehend genehmigt und am 6. April mit einer Summe von 5000 Euro auf das Konto des DJ überwiesen wurde. Weil er damit gleich Steuerschu­lden beim Finanzamt in Höhe von 1500 Euro beglich, mit denen sein Konto durch Pfändungsb­eschlüsse belastet war, ermittelte die Staatsanwa­ltschaft. Und kam zum Ergebnis, dass der Mann sich des Subvention­sbetrugs schuldig gemacht habe, weil er bereits lange vor der Antragstel­lung überschuld­et gewesen sei.

Im Prozess allerdings stellte sich heraus, dass die von der Staatsanwa­ltschaft angenommen­en genauen Voraussetz­ungen für den Bezug der Soforthilf­e anfangs relativ großzügig ausgelegt worden waren. Ein Regierungs­beamter kam als Zeuge zu dem Schluss: Zu dem Zeitpunkt, als der Angeklagte seinen Antrag gestellt habe, sei er auch berechtigt gewesen. Der DJ wurde freigespro­chen.

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Foto: Klaus Rainer Krieger (Archivbild) Im Zusammenha­ng mit den Corona‰Hilfen hat die Augsburger Staatsanwa­ltschaft bisher 200 Ermittlung­sverfahren wegen Subvention­sbetrugs eingeleite­t.

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