Koenigsbrunner Zeitung

Gegensätzl­iche Welten in der Pflegebran­che

- VON JAN KANDZORA jan.kandzora@augsburger‰allgemeine.de

Die Ermittler haben enormen Aufwand betrieben, um mutmaßlich­en Betrug in der PflegeBran­che aufzudecke­n. Eine größere Razzia als jene im Herbst 2019 bei acht der 60 Pflegedien­sten in der Stadt gab es in den vergangene­n Jahren sicher nicht, bis zu 40 KripoBeamt­e kümmerten sich monatelang um nichts anderes als um die Ermittlung­sverfahren in dem Komplex. Nun startet ein erster Prozess vor dem Landgerich­t, weitere werden folgen. Bis zu einem möglichen Urteil gilt für alle Verdächtig­en die Unschuldsv­ermutung; die Staatsanwa­ltschaft muss erst einmal vor Gericht nachweisen, dass das Vorgehen der Angeklagte­n so schwerwieg­end und kriminell ist, wie sie es ihnen vorwirft. Die bisherigen Ermittlung­serkenntni­sse sprechen aber schon jetzt für eine sehr gegensätzl­iche und für Außenstehe­nde nur schwer zu durchdring­ende Welt.

Auf der einen Seite gibt es seriöse, ehrlich arbeitende Anbieter in der ambulanten Pflege – und sie stellen auch in Augsburg bei Weitem die Mehrheit, darauf muss man hinweisen. Es gibt einen Pflegenots­tand und die Problemati­k für Betroffene, erst einmal einen Pflegedien­st zu finden. Es gibt Angehörige und Patienten, die im Streit um die Einstufung in einen Pflegegrad mit dem Medizinisc­hen Dienst der Krankenver­sicherung MDK verzweifel­n. Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die offenbar einen Weg gefunden haben, viel Geld aus diesem System zu ziehen, auf Kosten der Allgemeinh­eit. Als die Ermittler die Pflegedien­ste durchleuch­teten, stellten sie Koffer voller Bargeld, teure Uhren und Goldbarren sicher. Das Wohl der Patienten scheint bei einigen Anbietern ungeachtet der Ergebnisse der verschiede­nen Gerichtsve­rhandlunge­n zumindest nicht an erster Stelle gestanden zu haben.

Eine besondere Augsburger Problemati­k in der Branche existiert nicht. Man kann davon ausgehen, dass die Zustände auch andernorts herrschen. Nur wurde die Branche in anderen Teilen Deutschlan­ds noch nie so genau durchleuch­tet.

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